14.03.2011

Rekordverlust an Ozon über Nordpol

Ungewöhnlich stabiler Polarwirbel sorgt für Bedingungen, wie sie bisher nur vom Südpol bekannt sind.

Ungewöhnlich stabiler Polarwirbel sorgt für Bedingungen, wie sie bisher nur vom Südpol bekannt sind. 

Nach Einschätzung von Wissenschaftlern des Instituts für Meteorologie und Klimaforschung (IMK) des Karlsruher Instituts für Technologie KIT wird es in den nächsten Wochen zu einem Rekord-Ozonloch über der Arktis kommen. Satellitenmessungen und Modelle zeigen in diesem Winter einen ungewöhnlich stabilen Luftwirbel über dem Nordpol, der für enorme Windstärken und sehr kalte Temperaturen sorgt. In diesem arktischen Wirbel finden spezielle chemische Prozesse statt, die zu einem katalytischen Ozonabbau führen, sobald  Sonnenlicht auf die polare Atmosphäre fällt. Den Ozonabbau belegen auch Messungen eines internationalen Netzwerkes aus über 30 Ozon- sondierungsstationen, die über die gesamte Arktis und Subarktis verteilt sind und von der Forschungsstelle Potsdam des Alfred-Wegener-Instituts für Polar- und Meeresforschung in der Helmholtz-Gemeinschaft (AWI) koordiniert werden.

Abb.: Die Aufnahme vom 9.3.2011 zeigt einen stark reduzierten Ozongehalt in der Stratosphäre über der Arktis (violett und blaue Farben entsprechen sehr geringen Ozonkonzentrationen). Der Ozonabbau hat erst vor kurzem begonnen und wird sich in den nächsten Wochen weiter beschleunigen, solange der polare Wirbel stabil bleibt.

(Bild: A. Dudhia, Univ. of Oxford / KIT)

Bei den sehr tiefen Temperaturen im Polarwirbel entstehen in der Stratosphäre (10-50 km Höhe) polare stratosphärische Wolken (PSC’s). An den Kristallen dieser Wolken wird Chlor aus so genannten Reservoirgasen, in denen es normalerweise chemisch inaktiv gespeichert ist, befreit und steht dann in reaktiver Form zur Verfügung. Sobald nach dem Polarwinter die Sonne aufgeht, setzt mit Hilfe von UV-Strahlung der katalytische Ozonabbau ein.

  

In voller Ausprägung trat dieses atmosphärische Phänomen bisher nur über der Antarktis auf, wo sich in den meisten Jahren ein sehr stabiler Polarwirbel, eine Kaltluftströmung, die um den Südpol kreist, ausbildet. Über dem Nordpol kommt es normalerweise nicht dazu, da die ungleichmäßige Landverteilung die Strömungen stört. Deshalb gibt es auch keine ausreichend tiefen Temperaturen für die Entstehung der PSC’s und damit weniger reaktives Chlor. Nun hat sich erstmals ein solcher stabiler Wirbel über dem Nordpol ausgebildet, wodurch die Temperaturverhältnisse mit denen des Südpols vergleichbar sind.

In den letzten Wochen wurde in dem für die Ozonkonzentration entscheidenden Höhenbereich der arktischen Atmosphäre bereits etwa die Hälfte des Ozons zerstört. Da der Polarwirbel weiterhin stabil ist, wird der ungewöhnlich starke Ozonabbau weiter andauern. Dadurch erwarten die Wissenschaftler ein Ozonloch, das in seinen Ausmaßen mit dem Ozonloch über dem Südpol vergleichbar sein könnte.

  

Ob die starke Ausprägung des Polarwirbels in diesem Jahr ein zufälliges Ereignis ist oder mit dem Klimawandel und dem vergleichsweise milden Winter zusammenhängt, ist derzeit noch offen. Hierfür sind umfangreichere Modellrechnungen und genauere Untersuchungen notwendig. An der langfristigen Erholung der Ozonschicht durch umweltpolitische Maßnahmen zu ihrem Schutz ändert der aktuelle, rekordverdächtige Ozonverlust jedenfalls nichts.

KIT / AWI / MH

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