Rennbahn für Qubits
Neue Methode reduziert Auswirkung der Quantendekohärenz.
Stetig steigen die Schaltgeschwindigkeiten in Computerchips an. Gleichzeitig führt die schnellere Steuerung der Quantenzustände im atomaren Bereich zu Entwicklungssprüngen im Bereich der Quantentechnologie. Eine internationale Kooperation von Physikern unter Beteiligung der Universität Konstanz fand nun eine neue Methode für die schnellere Steuerung eines Quantenbits. Ihnen gelang es, mit einzelnen Kristalldefekten in Diamant Quantensysteme zu erzeugen, die bei hoher Geschwindigkeit weniger fehleranfällig waren.
Abb.: Kompliziert geformte Laserimpulse bauen eine Rennbahn für die beschleunigte Dynamik von Quantenpartikeln, die das schnellere Ändern eines Quantenbits ermöglichen. (Bild: P. Allen)
Guido Burkard und Adrian Auer von der Universität Konstanz beteiligten sich mit der Modellierung der durch äußere Einwirkung entstandenen Fehler sowie der Auswertung der experimentellen Daten. Burkard, ein Experte im Bereich Diamant-basierter Quantensysteme, sagt: „Vielversprechend für den Einsatz dieser Techniken auch außerhalb des Labors ist, dass sie auch dann effektiv sind, wenn das Quantensystem nicht perfekt isoliert ist.“ Zum Verständnis des Experiments können ovale Rennstrecken wie etwa die in Indianapolis dienen. Damit die Rennautos die Kurven mit hoher Geschwindigkeit durchfahren können, sind diese bis zu 30 Grad geneigt. Nach der Newtonschen Mechanik ermöglicht diese Innenneigung der Fahrbahn, die Zentrifugalbeschleunigung des Autos zu vermindern. Je höher die Geschwindigkeit, desto steiler muss die Kurve sein.
„Die Dynamik von Quantenpartikeln verhält sich analog“, sagt Aashish Clerk, Professor für Theoretische Physik an der McGill University in Montréal, Kanada. „Auch wenn die Bewegungsgleichungen unterschiedlich sind, so muss man doch auch die richtige Bahn entwerfen, um den Quantenzustand eines Partikels mit hoher Geschwindigkeit zu verändern." Clerk entwickelte zusammen mit seinen Kollegen Alexandre Baksic und Hugo Ribeiro eine neue Technik, die schnellere Quantendynamik ermöglicht, indem störende Beschleunigungen, denen der Quantenpartikel ausgesetzt ist, absorbiert werden. Werden diese Beschleunigungen nicht kompensiert, lenken sie den Partikel von seiner angestrebten Bahn im Raum des Quantenzustandes ab, ähnlich wie die Zentrifugalbeschleunigung das Rennauto von seinem geplanten Kurs abbringt.
Nun stellten die Forscher fest, dass man mit der neuen Theorie die Diamant-basierten Quantensysteme schneller machen kann. Genau wie die Steilkurven eine Herausforderung darstellten, war es anspruchsvoll, die von Clerk und seinen Kollegen geplanten Kontrollsequenzen in der Quantentechnik experimentell durchzuführen. Um die Quantenrennbahn zu bauen, musste ein synchronisierter Laserimpuls auf einzelne Elektronen gelenkt werden, die an Defekten innerhalb ihres Diamant-Chips eingeschlossen sind.
„Wir konnten zeigen, dass diese neue Anordnung den Zustand eines Quantenbits 300 mal schneller als konventionelle Methoden von ‚aus‘ zu ‚an‘ ändern kann", sagt Awschalom. „Es zählt jede Nanosekunde, die wir in der Durchführungszeit einsparen können, um die Auswirkung der Quantendekohärenz zu reduzieren“, erklärt er. Die Wissenschaftler gehen davon aus, dass ihre Methoden für eine schnelle und präzise Steuerung der physikalischen Bewegung von Atomen oder den Transfer von Quantenzuständen zwischen verschiedenen Systemen Anwendung finden können, zum Beispiel für sichere Kommunikation und Simulationen komplexer Systeme.
U Konstanz / JOL