21.01.2019

Reversible Oberflächenbeschichtung

Neue korrosionsschützende Beschich­tungen auf archä­o­lo­gischen Metallen.

Die Industrieforschungseinrichtung INNOVENT und das LVR-Landes­museum Bonn arbeiten gemeinsam an einem Forschungs­projekt zur Ober­flächen­beschich­tung von archäo­lo­gischen Boden­funden aus Metall. INNOVENT testete eine neu­artige, rever­sible Pulver­beschich­tung aus modi­fi­ziertem thermo­plastischem Poly­saccharid, welche die Objekt­ober­fläche konser­vieren und schützen soll. Zu den Vor­teilen dieser auf nach­wachsenden Roh­stoffen basierenden Beschich­tung gehören unter anderem Trans­pa­renz, Rever­sibi­lität und eine mögliche biolo­gische Abbau­bar­keit. Die neu­artige Pulver­beschich­tung wurde auf ver­schie­denen Bereichen der Objekte test­weise auf­ge­bracht und mit anderen etab­lierten Beschich­tungs­methoden ver­glichen.

Abb.: Beschichtete Fund­stücke: Hirsch­fänger (oben) und...
Abb.: Beschichtete Fund­stücke: Hirsch­fänger (oben) und Schwert­frag­ment (unten; Bild: INNOVENT)

Die Korrosionsschutzstrategien, die in der Restaurierungs­praxis seit Jahr­zehnten ange­wendet werden, arbeiten mit Abschluss der Ober­flächen­frei­legung mit Korro­sions­inhibi­toren und Acryl­harz-basierten trans­parenten Schutz­über­zügen. Die Ver­fahren sind bewährt, aber zweifels­ohne hin­sicht­lich eines nach­haltigen Korro­sions­schutzes ver­besse­rungs­würdig. Für die Beschich­tungs­ver­suche mit den neu­artigen Kunst­stoffen als Substrat stellte das LVR-Landes­museum Bonn dem Forschungs­institut zwei archäo­lo­gische Boden­funde aus Eisen zur Ver­fügung, und zwar einen neu­zeit­lichen Hirsch­fänger und ein hoch­mittel­alter­liches Schwert­fragment. Die Schadens­bilder der Objekte sind typisch für archäo­lo­gische Boden­funde: Stark korro­diert mit schiefer­artigen Abplat­zungen an der Ober­fläche sowie parti­eller Loch­fraß mit Material­ver­lust an beiden Klingen. Orga­nische Reste der Griff­bereiche sind nicht mehr erhalten.

Beide Objekte wurden vor der Bereitstellung für das Beschich­tungs­projekt mit Fein­strahl­technik mecha­nisch frei­ge­legt und die Ober­flächen anschlie­ßend mit Acryl­lack als Korro­sions­schutz ver­siegelt. Dabei wurden gezielt Partien der Klingen aus­ge­spart. Dieses Vor­gehen sollte die Anhaf­tung der Test­sub­strate sowohl auf vor­behan­delte als auch auf unbe­han­delte Ober­flächen über­prüfen.

INNOVENT entwickelte ein Verfahren wodurch Ober­flächen mit einem nach­haltigen thermo­plas­tischen Kunst­stoff auf Poly­saccharid-Basis geschützt werden können. Stärke-Fett­säure-Ester-Granulate können in fein gepul­verter Form analog einer Pulver­beschich­tung auf­ge­tragen werden. Durch die Art und Anzahl der Fett­säure-Seiten­ketten im Synthese­prozess lässt sich die zur Beschich­tung nötige Schmelz­tempe­ratur indivi­duell ein­stellen, sodass auch empfind­liche Substrate beschichtet werden können. Stärke-Fett­säure->wbr>Ester können so synthe­ti­siert werden, dass diese klar, farb­los und stark hydro­phob wirken. Hier­durch sind diese ideal geeignet zum unauf­fäl­ligen Schutz von Ober­flächen vor Feuch­tig­keit und Korro­sion.
Da bei der Beschichtung keine Vernetzung innerhalb der Schicht stattfindet, lassen sich Stärke-Fettsäure-Ester leicht wieder von der Oberfläche entfernen. Dies kann durch Einschmelzen der Schicht und sanfte mechanische Entfernung oder aber durch Auflösen in einem Lösemittel geschehen. Reversibilität ist besonders in der Konservierung von Kulturgütern ein wichtiger Faktor.

Die beschichteten Objekte wurden im Rahmen eines drei­wöchigen Klima­wechsel­tests auf ihr Korro­sions­ver­halten getestet. Die augen­schein­liche Begut­ach­tung fiel bei Über­prüfung in der Restau­rie­rungs­werk­statt des LVR-Landes­museums Bonn sehr positiv aus. Ledig­lich beim Hirsch­fänger konnten ver­ein­zelt wenige Punkte ent­deckt werden, an denen erneut aktive Korrosionsprozesse angestoßen wurden. Erfreulicherweise litt beim Stresstest auch das Haftungsverhalten weder auf den zuvor unbe­han­delten, noch bei den mit Acryl­harz vor­be­han­delten Bereichen. Zuvor schon vor­behan­delte, lackierte Samm­lungs­stücke könnten somit eben­falls zusätz­lich beschichtet werden, um einen opti­mierten Korro­sions­schutz zu erwirken. Das optische Erschei­nungs­bild, das für Museums­objekte erheb­lich ist, konnte eben­falls positiv bewertet werden. Weder die Trans­parenz, noch der Glanz­grad haben sich durch den Auf­trag der neuen Substrate ver­ändert.

Metallische Kulturgutobjekte können somit mittels bio­basierter, löse­mittel­freier Schutz­schichten vor Korro­sion geschützt werden. Für einen umfas­senden Schutz ist aber weitere Forschung not­wendig, insbe­sondere bezüg­lich der Aus­bildung zuver­lässig geschlos­sener Schichten auf unebenen Sub­straten. Weitere Einsatz­gebiete sind über­all dort denk­bar, wo leit­fähige Ober­flächen rever­sibel oder temporär geschützt werden sollen. Ein Beispiel hierfür wäre der Schutz von Werk­stücken während des Trans­ports zur Weiter­ver­arbei­tung.

INNOVENT / RK

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