Reversible Oberflächenbeschichtung
Neue korrosionsschützende Beschichtungen auf archäologischen Metallen.
Die Industrieforschungseinrichtung INNOVENT und das LVR-Landesmuseum Bonn arbeiten gemeinsam an einem Forschungsprojekt zur Oberflächenbeschichtung von archäologischen Bodenfunden aus Metall. INNOVENT testete eine neuartige, reversible Pulverbeschichtung aus modifiziertem thermoplastischem Polysaccharid, welche die Objektoberfläche konservieren und schützen soll. Zu den Vorteilen dieser auf nachwachsenden Rohstoffen basierenden Beschichtung gehören unter anderem Transparenz, Reversibilität und eine mögliche biologische Abbaubarkeit. Die neuartige Pulverbeschichtung wurde auf verschiedenen Bereichen der Objekte testweise aufgebracht und mit anderen etablierten Beschichtungsmethoden verglichen.
Die Korrosionsschutzstrategien, die in der Restaurierungspraxis seit Jahrzehnten angewendet werden, arbeiten mit Abschluss der Oberflächenfreilegung mit Korrosionsinhibitoren und Acrylharz-basierten transparenten Schutzüberzügen. Die Verfahren sind bewährt, aber zweifelsohne hinsichtlich eines nachhaltigen Korrosionsschutzes verbesserungswürdig. Für die Beschichtungsversuche mit den neuartigen Kunststoffen als Substrat stellte das LVR-Landesmuseum Bonn dem Forschungsinstitut zwei archäologische Bodenfunde aus Eisen zur Verfügung, und zwar einen neuzeitlichen Hirschfänger und ein hochmittelalterliches Schwertfragment. Die Schadensbilder der Objekte sind typisch für archäologische Bodenfunde: Stark korrodiert mit schieferartigen Abplatzungen an der Oberfläche sowie partieller Lochfraß mit Materialverlust an beiden Klingen. Organische Reste der Griffbereiche sind nicht mehr erhalten.
Beide Objekte wurden vor der Bereitstellung für das Beschichtungsprojekt mit Feinstrahltechnik mechanisch freigelegt und die Oberflächen anschließend mit Acryllack als Korrosionsschutz versiegelt. Dabei wurden gezielt Partien der Klingen ausgespart. Dieses Vorgehen sollte die Anhaftung der Testsubstrate sowohl auf vorbehandelte als auch auf unbehandelte Oberflächen überprüfen.
INNOVENT entwickelte ein Verfahren wodurch Oberflächen mit einem nachhaltigen thermoplastischen Kunststoff auf Polysaccharid-Basis geschützt werden können. Stärke-Fettsäure-Ester-Granulate können in fein gepulverter Form analog einer Pulverbeschichtung aufgetragen werden. Durch die Art und Anzahl der Fettsäure-Seitenketten im Syntheseprozess lässt sich die zur Beschichtung nötige Schmelztemperatur individuell einstellen, sodass auch empfindliche Substrate beschichtet werden können. Stärke-Fettsäure->wbr>Ester können so synthetisiert werden, dass diese klar, farblos und stark hydrophob wirken. Hierdurch sind diese ideal geeignet zum unauffälligen Schutz von Oberflächen vor Feuchtigkeit und Korrosion.
Da bei der Beschichtung keine Vernetzung innerhalb der Schicht stattfindet, lassen sich Stärke-Fettsäure-Ester leicht wieder von der Oberfläche entfernen. Dies kann durch Einschmelzen der Schicht und sanfte mechanische Entfernung oder aber durch Auflösen in einem Lösemittel geschehen. Reversibilität ist besonders in der Konservierung von Kulturgütern ein wichtiger Faktor.
Die beschichteten Objekte wurden im Rahmen eines dreiwöchigen Klimawechseltests auf ihr Korrosionsverhalten getestet. Die augenscheinliche Begutachtung fiel bei Überprüfung in der Restaurierungswerkstatt des LVR-Landesmuseums Bonn sehr positiv aus. Lediglich beim Hirschfänger konnten vereinzelt wenige Punkte entdeckt werden, an denen erneut aktive Korrosionsprozesse angestoßen wurden. Erfreulicherweise litt beim Stresstest auch das Haftungsverhalten weder auf den zuvor unbehandelten, noch bei den mit Acrylharz vorbehandelten Bereichen. Zuvor schon vorbehandelte, lackierte Sammlungsstücke könnten somit ebenfalls zusätzlich beschichtet werden, um einen optimierten Korrosionsschutz zu erwirken. Das optische Erscheinungsbild, das für Museumsobjekte erheblich ist, konnte ebenfalls positiv bewertet werden. Weder die Transparenz, noch der Glanzgrad haben sich durch den Auftrag der neuen Substrate verändert.
Metallische Kulturgutobjekte können somit mittels biobasierter, lösemittelfreier Schutzschichten vor Korrosion geschützt werden. Für einen umfassenden Schutz ist aber weitere Forschung notwendig, insbesondere bezüglich der Ausbildung zuverlässig geschlossener Schichten auf unebenen Substraten. Weitere Einsatzgebiete sind überall dort denkbar, wo leitfähige Oberflächen reversibel oder temporär geschützt werden sollen. Ein Beispiel hierfür wäre der Schutz von Werkstücken während des Transports zur Weiterverarbeitung.
INNOVENT / RK