30.10.2013

Riesenatom schluckt Quantengas

Erstmals Wechselwirkung eines einzelnen Elektrons mit vielen Atomen studiert.

Physiker der Universität Stuttgart untersuchten ein einzelnes mikrometergroßes Rydberg-Atom, das mehrere zehntausend normale Atome in seinem Elektronenorbital enthält. Hierfür verwendeten die Wissenschaftler erstmals ein Modellsystem im Labor, bei dem sich die Wechselwirkung eines einzelnen Elektrons mit vielen Atomen in seinem Orbital studieren lässt. Das Verständnis der Wechselwirkung von Elektronen mit Materie ist wesentlich für die Lösung fundamentaler Fragestellungen und technischer Probleme, zum Beispiel in der Quantenoptik.

Abb.: Hochangeregtes Rydberg-Atom, bestehend aus einem einzelnen Elektron (blau), das einen positiv geladenen Atomkern (rot) umkreist. Das Rydberg-Atom erreicht dabei die Größe der ultrakalten Atomwolke. Das einzelne Elektron erzeugt Phononen im umgebenden Quantengas. (Bild: U. Stuttgart)

Die Eigenschaften von Stoffen beruhen im Wesentlichen auf den Wechselwirkungen von Elektronen mit ihrer Umgebung. Ein Beispiel dafür ist die elektrische Leitfähigkeit: Elektronen stoßen mit den Atomen des umgebenden Materials zusammen und regen dadurch Phononen an. Durch diese Schwingungen kann ein Elektron Energie abgeben und wird abgebremst, was den elektrischen Widerstand verursacht. Bei Supraleitern kann die Wechselwirkung mit Phononen jedoch auch zum Verschwinden jeglichen elektrischen Widerstandes führen.

Am besten eignet sich ein einzelnes Elektron für eine systematische Untersuchung solcher Prozesse. Die Physiker studierten ein Bose-Einstein Kondensat. Anstelle einer technisch aufwändigen Elektronenfalle nutzten sie ein positiv geladenes Ion, um das sich die Elektronen typischerweise in Nanometer-Abständen aufhalten.

Um einem Elektron die Wechselwirkung mit vielen Atomen zu ermöglichen, wird ein Atom aus einer Wolke von 100.000 Atomen mit Hilfe von Laserlicht angeregt. Dadurch bläht sich die Bahn eines einzelnen Elektrons auf mehrere Mikrometer auf und es entsteht ein Rydberg-Atom. Im Inneren des Rydberg-Atoms befinden sich mehrere zehntausend andere Atome aus der kalten Wolke. „Es ist, als hätte das Riesenatom das Quantengas regelrecht verschluckt“, erklärt Jonathan Balewski. Das Elektron ist dadurch gleichzeitig in ein definiertes Volumen eingesperrt und kann trotzdem mit einer großen Anzahl von Atomen wechselwirken. Diese Wechselwirkung ist stark genug, um die gesamte Atomwolke von dem einzelnen Elektron deutlich zu beeinflussen. Abhängig vom Quantenzustand dieses Elektrons werden Phononen in der Atomwolke angeregt, die sich als kollektive Oszillationen der gesamten Atomwolke bis hin zu Atomverlusten aus der Falle messen lassen.

Den bisherigen Untersuchungen zufolge hinterlässt das Elektron eine deutliche Spur in der umgebenden Atomwolke. Damit läge zum Beispiel die Abbildung eines einzelnen Elektrons in einem genau definierten Quantenzustand im Bereich des technisch Möglichen.

U. Stuttgart / AH

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