Riesenplaneten wachsen schnell
Untersuchte Jupiter-ähnliche Exoplaneten bereits nach wenigen Millionen Jahren ausgewachsen.
Ein internationales Team hat die Massen der Riesenplaneten des Systems um den Stern V1298 Tau bestimmt, das gerade einmal zwanzig Millionen Jahre alt ist. Dafür verwendeten die Forscher Radialgeschwindigkeitsmessungen von Teleskopen auf La Palma, in Südspanien und auf Teneriffa, darunter auch das STELLA-II-Teleskop des Leibniz-Instituts für Astrophysik Potsdam (AIP). Die Masse solcher jungen Riesenplaneten war bisher noch unbekannt. Die nun veröffentlichte Studie liefert den ersten Hinweis darauf, dass junge Riesenplaneten ihre endgültige Größe bereits in den ersten Millionen Jahren ihrer Entwicklung erreichen.
Die Studie berichtet über die Messung der Massen von zwei Riesenplaneten, die den jungen sonnenähnlichen Stern V1298 Tau umkreisen, dessen gesamte Lebensdauer etwa zehn Milliarden Jahre beträgt. Sie wurden 2019 anhand von Daten des Kepler-Weltraumteleskops der NASA entdeckt, die die Messung ihrer Größe – etwas kleiner als Jupiter – und ihrer Umlaufzeiten – 24 beziehungsweise 40 Tage für V1298 Tau b und e – ermöglichten.
„Die Charakterisierung von sehr jungen Planeten ist außerordentlich schwierig“, sagt Alejandro Suárez Mascareño, Erstautor der Studie vom Instituto de Astrofísica de Canarias (IAC). „Die Elternsterne sind sehr aktiv, und bis vor kurzem war es undenkbar, es überhaupt zu versuchen“. Er fügt hinzu: „Nur dank der Kombination von Beobachtungen mit Weltraumteleskopen mit intensiven Radialgeschwindigkeitsstudien von erdgebundenen Observatorien und dem Einsatz der fortschrittlichsten Analysetechniken war es möglich zu sehen, was in frühen Stadien der Entwicklung von Planetensystemen geschieht“.
Für die neuen Messungen der Planetenmassen war es notwendig, die von den Planeten erzeugten Signale von dem fast zehnmal größeren, von der Aktivität des Sterns erzeugten Signal zu trennen. An dieser Stelle kommt die Spezialisierung des Teleskopsystems STELLA (STELLar Activity) ins Spiel. „Mit seiner großen Wellenlängenabdeckung von ultravioletter bis infraroter Strahlung bei einer hohen spektralen Auflösung kann STELLA die magnetische Aktivität eines Sterns verfolgen“, ergänzt Klaus Strassmeier, wissenschaftlicher Direktor des Bereichs Kosmische Magnetfelder am AIP und Projektleiter für STELLA.
Die Studie zeigt, dass die Massen und Radien der Planeten V1298 Tau b und c überraschenderweise denen der Riesenplaneten im Sonnensystem und in anderen alten extrasolaren Planetensystemen ähneln. Die Messungen, die zum ersten Mal für junge Riesenplaneten durchgeführt wurden, ermöglichen es, die derzeitigen Konzepte der Entstehung von Planetensystemen zu überprüfen. „Seit vielen Jahren deuten theoretische Modelle darauf hin, dass Riesenplaneten ihre Entwicklung als größere Körper beginnen und sich dann über Hunderte Millionen oder sogar Milliarden von Jahren zusammenballen“, erklärt Víctor J. Sánchez Béjar, Forscher am IAC und Mitautor der Arbeit. „Wir wissen jetzt, dass sie in sehr kurzer Zeit eine ähnliche Größe wie die Planeten unseres Sonnensystems erreichen können“, fügt er hinzu.
Die Untersuchung junger Planetensysteme gibt Forschern Aufschluss darüber, was in den Kinderschuhen unseres Sonnensystems geschah. „Wir wissen immer noch nicht, ob es sich bei V1298 Tau und seinen Planeten um einen Normalfall handelt und ihre Entwicklung derjenigen der meisten Planeten ähnelt, oder ob wir es mit einer Ausnahme zu tun haben. Wenn dies der Normalfall wäre, würde dies bedeuten, dass die Entwicklung von Planeten wie Jupiter und Saturn ganz anders verlief, als wir denken“, kommentiert Nicolas Lodieu, Forscher am IAC sowie ehemaliger Doktorand am AIP und ebenfalls Mitautor der Studie. Die Ergebnisse tragen somit dazu bei, eine solidere Vorstellung von der frühen Entwicklung von Planetensystemen wie dem unseren zu gewinnen.
AIP / DE