17.09.2010

Riesenspiegel für die Röntgenstrahlung im All

Monochromatischer Nadelstrahl steht für Qualitätsprüfungen an strukturierten Röntgenoptiken bereit.

  

Monochromatischer Nadelstrahl steht für Qualitätsprüfungen an strukturierten Röntgenoptiken bereit.

   

Es soll das größte Röntgenteleskop aller Zeiten werden: Das International X-Ray Observatory (IXO), gemeinsam geplant von NASA, ESA und der japanischen Weltraumagentur JAXA, wird voraussichtlich im Jahr 2021 ins All starten. Das IXO soll der Welt ganz neue Erkenntnisse über Schwarze Löcher und somit über die Entstehung des Universums liefern. Seine Dimensionen sind gewaltig: Allein die Oberfläche des Spiegels, der die kosmische Röntgenstrahlung etwa von Schwarzen Löchern einfangen soll, wird 1300 m² groß sein. Er wird aus kommerziellen Siliciumwafern mit millimetergroßen Poren an der Unterseite bestehen. Die Qualität dieser "verborgenen" Oberflächen soll in der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) mit einem monochromatischen Röntgen-Nadelstrahl überprüft werden. Die neue Messeinrichtung steht im Synchrotronstrahlungslabor der PTB bei BESSY II in Berlin-Adlershof.

 

 

Studie des geplanten Röntgenteleskops IXO

(Bild: NASA)

 

Das deutsch-russische Experiment eROSITA unter Federführung des Max-Planck-Instituts für extraterrestrische Physik wird im Jahr 2013 ins All starten. Mithilfe eines Bündels von sieben Röntgenteleskopen wird eROSITA den gesamten Himmel nach einer bestimmten Art Schwarzer Löcher absuchen: nach supermassiven Schwarzen Löchern, die in der Frühzeit des Universums, wahrscheinlich sogar vor den ersten Sternen entstanden sind. Wissenschaftler erwarten, dass unter anderem mit dieser Mission etwa drei Millionen neue Schwarze Löcher gefunden werden. Damit wird erstmals ein vollständiger Überblick über die Bildung und Entwicklung supermassiver Schwarzer Löcher möglich. Deren gründliche Erforschung wird dann IXO übernehmen. Außerdem soll das neue Weltraumteleskop auch viele Erkenntnisse über Neutronensterne und stellare Schwarze Löcher liefern. Dieser zweite Typ Schwarzer Löcher entsteht, wenn besonders massereiche Sterne explodieren. Weil ein solches Unternehmen extrem teuer ist, haben sich im Jahr 2008 die Weltraumagenturen der USA, Europas und Japans entschlossen, statt dreier Einzellösungen fortan dieses gemeinsame Projekt zu realisieren.

IXO kann die Röntgenstrahlung aus den sehr weit entfernten Schwarzen Löchern auffangen, weil diese Art von Strahlung das häufigste Hindernis auf dem Weg, kosmischen Staub, ungehindert durchdringt. Der Spiegel in dem Teleskop muss dafür aber sehr groß sein - und dennoch leicht genug. IXO bekommt einen einzigen Spiegel mit einer Sammelfläche von rund 3 m², einer Fokallänge von 20 m und einer Winkelauflösung von unter fünf Bogensekunden. Wegen des erforderlichen streifenden Strahlungseinfalls muss die gesamte Oberfläche des Spiegels etwa 1300 m² groß sein. Um diese große Fläche stabil und trotzdem leicht zu konstruieren, sollen kommerziell erhältliche, hoch-polierte Siliciumwafer auf der Unterseite mit Rippen versehen werden, um sie zu steifen Blöcken stapeln zu können. Dadurch entstehen Poren mit einem Querschnitt von etwa 1 mm², in denen die Strahlung an der Oberfläche des jeweils unteren Wafers reflektiert wird. Die Qualität dieser "verborgenen" Oberflächen im Bezug auf Tangentenfehler und Rauhigkeit kann nicht wie üblich von oben untersucht werden, sondern muss in der vorgesehenen Anwendungsgeometrie mit Röntgenreflexion bei streifenden Strahlungseinfallswinkeln von etwa 1° bestimmt werden. Um die reflektierende Oberfläche einzelner Poren zu untersuchen, wird ein Röntgen-Nadelstrahl benötigt.

An der kürzlich im Rahmen einer Forschungskooperation mit der ESA erweiterten "X-ray pencil beam facility" (XPBF) im Synchrotronstrahlungslabor der PTB bei BESSY II steht dafür jetzt ein monochromatischer Nadelstrahl mit einem typischen Durchmesser von 50 µm und einer Divergenz von unter einer Bogensekunde zur Verfügung. Er soll die Röntgenoptiken für IXO bei drei verschiedenen Photonenenergien, nämlich 1 keV, 2,8 keV und 7,6 keV, charakterisieren. Die Optiken können mit einem Hexapod im Vakuum mit Reproduzierbarkeiten von 2 µm bzw. unter einer Bogensekunde verschoben bzw. gedreht werden. Der direkte und der reflektierte Strahl werden mit einem ortsauflösenden CCD-basierten Detektor in einer Entfernung von 5 m oder 20 m von der Optik registriert. Für den letztgenannten Abstand, der der geplanten Fokallänge von IXO entspricht, wurde eine vertikale Bewegung des CCD-Detektors um mehr als 2 m implementiert. Erste Testmessungen in diesem Abstand wurden schon im Mai 2010 durchgeführt, die vollständige Inbetriebnahme der verlängerten XPBF ist für Anfang November 2010 geplant.

PTB/ES/MH

 

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