Ringschauer auf Saturn
Letzte Messungen der Raumsonde Cassini vor dem Absturz zeichnen reichhaltiges Bild des Saturnsystems.
Die Raumsonde Cassini gehört zu den großen Erfolgsgeschichten der NASA. Im Jahr 1997 gestartet, kam sie 2004 am Saturn an und konnte den Planeten zwölf Jahre lang eingehend untersuchen. Das Multimilliarden-
Abb.: Die Strahlungsringe des Planeten Saturn sind segmentiert, da seine Monde und Ringe die hochenergetischen Protonen absorbieren. Der innerste Strahlungsring beim D-Ring wurde erst bei den letzten tiefen Orbits von Cassini entdeckt. (Bild: MPS / JHU)
Dabei nutzten die Missionsplaner die langsam zur Neige gehenden Treibstoffreserven von Cassini, um die Sonde vor dem Absturz auf Saturn noch auf ungewöhnliche Bahnen zu bringen, die man in einem frühen Missionsstadium nicht riskiert hätte. So konnte Cassini noch einige Regionen durchfliegen, die bislang unerforscht geblieben waren. Zunächst flog Cassini zwanzig Mal scharf an den äußeren Kanten der Saturnringe vorbei. Dann nahm sie nach einem Vorbeiflug an Titan Kurs Saturn und durchflog die Region zwischen dem Planeten und der inneren Kante der Ringe – und zwar 22 Mal in verschiedenen, stark geneigten Orientierungen, um möglichst vielfältige Messungen zu erhalten. Dabei konnte Cassini als erste Raumsonde überhaupt diese Region innerhalb der Ringe erkunden und Messungen bis in eine Höhe von gerade einmal 1600 Kilometern über dem Planeten machen. Schließlich trat Cassini mit einer Geschwindigkeit von 35 Kilometern pro Sekunde in die obersten Atmosphärenschichten des Gasriesen ein und verglühte.
Bei der Analyse des Magnetfelds stieß ein Forscherteam um Michele Dougherty vom Imperial College London auf kleine, aber langlebige magnetische Strukturen in und um den Planeten. Die Ursache hierfür ist wohl ein komplexer Dynamoprozess, der sich durch verschiedene Schichten innerhalb der Saturnatmosphäre zieht. Innerhalb der Atmosphäre ändert sich die Leitfähigkeit sehr stark in Abhängigkeit vom Radius. Wie die Berechnungen der Forscher zeigen, liegt die Dynamotätigkeit wohl in elektromagnetischer Induktion begründet, die mindestens ein Achtel des Saturnradius unter seiner Oberfläche stattfindet.
Forscher um Elias Roussos vom MPI für Sonnensystemforschung konnten einen neuen Strahlungsgürtel um den Saturn entdecken, der sich innerhalb der Ringe befindet. Es war bereits bekannt, dass das starke magnetische Dipolfeld des Saturn hochenergetische Teilchen in diversen Strahlungsgürteln einfangen kann, die durch die Monde und das Ringsystem in verschiedene Segmente unterteilt sind. Mit Hilfe des Magnetosphere Imaging Instrument gelang es nun, knapp über der Oberfläche des Gasriesen einen weiteren Strahlungsgürtel zu beobachten, der sich über den inneren D-Ring erstreckt und von den anderen Strahlungsgürteln getrennt ist.
Ein anderes Team um Laurent Lamy von der Pariser Sorbonne nahm sich die starken Radioemissionen vor, die von den Polarlichtzonen ausgehen. Solche Emissionen, die von allen Planeten mit Magnetfeld bekannt sind, lassen sich nur mit Messungen vor Ort gut verstehen. Die Forscher kombinierten Messungen von Radiowellen und Plasma, wobei sie Radiowellen in Bereich von rund einem Dutzend Kilohertz nachweisen konnten, die stark korreliert waren mit den zeitlich variablen Elektronendichten in der Magnetosphäre.
Die Saturnringe bestehen zum größten Teil aus Wassereis. Woraus sie sonst noch gemacht sind, hat sich bisherigen Analysen aber entzogen. Ein Team um Hsiang-
Ein Team um Donald Mitchell von der John Hopkins University in Laurel untersuchte, welche Prozesse den Ringregen verursachen. Dabei fanden sie unter anderem Kollisionen zwischen dem Wasserstoff der Exosphäre und den Staubpartikeln des innersten D-Rings. Dieser Staubregen führt zu einem Massenverlust dieses Rings an die Saturnatmosphäre von rund fünf Kilogramm pro Sekunde.
Der gesamte Massenverlust ist aber wesentlich höher und beruht noch auf weiteren Mechanismen, wie ein Team um Jack Waite vom Southwest Research Institute in San Antonio anhand der Daten des Ion and Neutral Mass Spectrometer feststellen konnte. Der gesamte Ringregen kommt dabei eher einem Wolkenbruch gleich: Er erreicht eine Größenordnung von zehn Tonnen pro Sekunde. Dabei fanden die Wissenschaftler neben Wasser unerwartet auch Methan sowie Ammoniak, molekularen Stickstoff, Kohlenstoffmonoxid und Kohlenstoffdioxid. Die chemische Zusammensetzung der Saturnringe ist also komplexer als bislang gedacht: Die innersten Ringe sind zu einem wesentlichen Teil durchsetzt mit organischem Material. Und langfristig gesehen könnte dieser Materialtransport sogar die Zusammensetzung der oberen Saturnatmosphäre verändern. Es ist aber nicht klar, ob dieser starke Ringregen auch typisch ist, denn er würde die Lebensdauer der Ringe stark begrenzen. Es könnte durchaus sein, dass gerade ein untypisch starker Schauer zu beobachten ist, der etwa durch die Passage eines Kometen in jüngerer Vergangenheit eingeläutet wurde.
Diese Ergebnisse liefern ein sehr detailliertes Bild von den Zuständen rund um Saturn – vermutlich ein deutlich komplexeres Bild als das, was die Entwickler von Cassini vor über zwanzig Jahren vor Augen hatten. Noch sind die Analysen aber nicht abgeschlossen und zahlreiche weitere Erkenntnisse zu erwarten.
Dirk Eidemüller
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RK