Robuste Rechenoperationen für den Quantencomputer
Neues Verfahren zur Steuerung von Qubits mit Mikrowellenpulsen reduziert Fehlerquote und erhöht Effizienz.
Mit ihren erheblich größeren Rechenleistungen sollen Quantencomputer künftig Aufgaben lösen, an denen heutige Computer scheitern und es so beispielsweise erlauben, neue Materialien und Wirkstoffe zu verstehen und zu erfinden oder die Grenzen von Verschlüsselungsverfahren auszuloten. Forscher der Uni Hannover und der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt haben jetzt ein neues Ionen-Verfahren vorgestellt, welches die Fehlerrate weiter reduziert und so deutlich schneller verlässliche Rechenergebnisse liefert.
Derzeit sind zwei experimentelle Ansätze zur Realisierung von Qubits am weitesten fortgeschritten: supraleitende Schaltkreise und gefangene Ionen. Erstere speichern die Quanteninformation in elektronischen Bauelementen, letztere in unterschiedlichen Energieniveaus einzelner Atome. In supraleitenden Schaltkreisen konnte vor kurzem erstmals experimentell gezeigt werden, dass ein Quantencomputer hochspezialisierte Aufgaben bearbeiten kann, an denen ein klassischer Computer scheitert. Ionen zeichnen sich hingegen dadurch aus, dass die Fehlerrate der Rechenoperationen bisher immer wesentlich geringer war als bei jedem anderen Ansatz.
Das nun entwickelte Ionen-Verfahren reduziert die Fehlerrate weiter und liefert so deutlich schneller verlässliche Rechenergebnisse. Es folgt einem Ansatz, bei dem die Ionen mit Hilfe elektrischer Felder oberhalb einer Chip-Struktur in einem Vakuum festgehalten werden. Die Rechenoperationen auf den Qubits werden durchgeführt, indem Mikrowellensignale durch spezielle, in die Chip-Struktur eingelassene Leiterschleifen geschickt werden. Üblicherweise werden zur Durchführung von Rechenoperationen extrem genau kontrollierte Laserstrahlen verwendet. Die Verwendung von Mikrowellen hat den Vorteil, dass die Mikrowellentechnologie sehr weit entwickelt ist und dass es vergleichsweise einfach ist, diese Felder zu kontrollieren.
Die Forscher haben jetzt untersucht, wie man die Rechenoperationen auf den Qubits am effizientesten durchführt. Das ist eine Frage, die auch in heutigen Computerchips von großer Relevanz ist, denn am Ende entscheidet die Energie, die pro Rechenoperation benötigt wird, darüber, wie viele davon pro Sekunde durchgeführt werden können, bevor der Chip zu heiß wird. Im Falle des Ionen-Mikrowellen-Quantencomputers konnten die Forscher zeigen, dass speziell geformte Mikrowellenpulse, bei denen das Mikrowellenfeld langsam auf- und wieder abgebaut wird, bei gleichem Energieeinsatz trotz Vorliegen von Störquellen einhundertmal niedrigere Fehlerraten aufweisen als eine Rechenoperation, bei denen die Felder einfach an- und ausgeknipst werden.
Das Team hatte dazu zusätzliche, genau kontrollierte Störquellen in das Experiment eingebracht und die Rechenfehler für unterschiedlich starke Störquellen und für beide Pulsformen ermittelt. „Für unser Experiment hat das einen riesigen Unterschied gemacht“, so Giorgio Zarantonello von der Uni Hannover. „Früher mussten wir für gute Rechenoperationen lange Probieren und Optimieren, bis wir einen Moment erwischten, in dem die Störquellen sehr klein waren. Jetzt können wir unser Experiment einfach einschalten, und es funktioniert!“
Nachdem die Wissenschaftler zeigen konnten, das elementare Rechenoperationen mit niedrigen Fehlerraten realisiert werden können, wollen sie das auch für komplexere Aufgaben erreichen. Ihr Ziel ist, deutlich weniger als einen Fehler alle zehntausend Operationen zu erreichen. Erst dann ist es sinnvoll, die Anwendung auf viele Qubits zu erweitern. Hierzu haben die Wissenschaftler bereits ein patentiertes Herstellungsverfahren entwickelt, das es ermöglicht, viele Qubits in einer Chipstruktur zu speichern und zu manipulieren.
LUH / PTB / RK
Weitere Infos
- Originalveröffentlichung:
G. Zarantonello et al.: Robust and Resource-Efficient Microwave Near-Field Entangling 9Be+ Gate, Phys. Rev. Lett. 123, 260503 (2019); DOI: 10.1103/PhysRevLett.123.260503 - Institut für Quantenoptik, Fklt. für Mathematik und Physik, Leibniz-Universität Hannover
- QUEST – Institute for Experimental Quantum Metrology, Physikalisch-Technische Bundesanstalt