06.02.2024

Robuster Zeitkristall erzeugt

In Indiumgalliumarsenid dienen die Kernspins als Reservoir für den Zeitkristall.

Einem Team der Technischen Universität Dortmund ist es kürzlich gelungen, einen höchst haltbaren Zeitkristall zu erzeugen, der millionenfach länger lebt, als in vorherigen Experimenten gezeigt werden konnte. Damit liefern sie einen Beweis für ein hochinteressantes Phänomen, das der Nobelpreisträger Frank Wilczek vor rund zehn Jahren theoretisch postuliert hatte und das auch bereits Einzug in Science-Fiction-Filme gehalten hatte. 


Abb.: Vermessung des neuen Zeitkristalls: Jeder Punkt entspricht einem...
Abb.: Vermessung des neuen Zeitkristalls: Jeder Punkt entspricht einem experimentellen Wert, daraus ergeben sich unterschiedliche Ansichten der periodischen Dynamik der Kernspinpolarisation des Zeitkristalls.
Quelle: A. Greilich, TU Dortmund

Räumliche Kristalle sind periodische Anordnungen von Atomen über große Längenskalen hinweg. Aus dieser Ordnung resultiert das faszinierende Aussehen von Kristallen mit glatten Facetten. Da in der Physik Raum und Zeit oft auf ein und demselben Niveau behandelt werden, so etwa in der speziellen Relativitätstheorie, postulierte der Physik-Nobelpreisträger Frank Wilczek vom Massachusetts Institute of Technology 2012, dass es neben Kristallen im Raum auch Kristalle in der Zeit geben müsste. Dafür müsse eine ihrer physikalischen Eigenschaften spontan zeitlich periodisch zu variieren beginnen, obwohl das System keine entsprechende periodische Störung erfahre.

Die Möglichkeit solcher Zeitkristalle wurde wissenschaftlich einige Jahre kontrovers diskutiert. Ab 2017 war es in der Tat gelungen, einige wenige Demonstrationen eines möglichen Zeitkristalls zu realisieren. Dabei handelte es sich jedoch um Systeme, die – anders als in der ursprünglichen Idee von Wilczek – einer zeitlichen Anregung mit einer bestimmten Periodizität unterzogen werden, dann aber mit einer anderen, doppelt so langen Periode reagieren. Ein Kristall, der zeitlich periodisches Verhalten zeigt, obwohl die Anregung zeitunabhängig, also konstant ist, konnte erst 2022 demonstriert werden in einem Bose-Einstein-Kondensat. Der Kristall lebte allerdings nur einige Millisekunden.

Nun haben die Dortmunder Physikerinnen und Physiker um Alex Greilich einen speziellen Kristall aus dem Material Indiumgalliumarsenid entworfen, in dem die Kernspins als Reservoir für den Zeitkristall fungieren. Der Kristall wird kontinuierlich beleuchtet, so dass sich eine Kernspinpolarisation durch Wechselwirkung mit Elektronenspins ausbildet. Und genau diese Kernspinpolarisation bildet dann spontan Oszillationen aus, einem Zeitkristall entsprechend. Zum jetzigen Stand der Experimente beträgt seine Lebensdauer mindestens vierzig Minuten, das ist zehn Millionen Mal länger als bisher gezeigt, und könnte potenziell noch sehr viel länger anhalten.

Die Periode des Kristalls kann über weite Bereiche variiert werden, indem die experimentellen Bedingungen gezielt geändert werden. Es ist aber auch möglich, in Bereiche vorzustoßen, in denen der Kristall schmilzt, das heißt seine Periodizität verliert. Diese sind ebenfalls interessant, da sich dann chaotisches Verhalten, das über lange Zeiten aufrechterhalten werden kann, zeigt. Damit konnten erstmalig für solche Systeme theoretische Werkzeuge angewendet werden, um deren chaotisches Verhalten zu analysieren.

TU Dortmund / JOL

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