03.02.2011

Röntgenlaser zeigt was er kann

Proteine und Viren wurden jetzt mit ultrakurzen Röntgenpulsen der Linac Coherent Light Source analysiert.

Proteine und Viren wurden jetzt mit ultrakurzen Röntgenpulsen der Linac Coherent Light Source analysiert.

Dank der Hochenergiephysik könnte schon bald ein Wunschtraum der Molekularbiologen wahr werden: die atomgenaue Strukturbestimmung nichtkristallisierbarer Biomoleküle und Viren. Zwei Forschergruppen am SLAC Accelerator Laboratory in Stanford haben die harten Röntgenpulse der Linac Coherent Light Source (LCLS) auf Proteine und Viren losgelassen und dabei wertvolle Informationen gewonnen.

Harte Röntgenstrahlung mit Wellenlängen von weniger als 1 nm eignet sich hervorragend dazu, atomare Strukturen aufzulösen. Mit Röntgenstrahlen aus Synchrotronstrahlungsquellen hat man Halbleiter, keramische Werkstoffe, Polymere sowie Kristalle aus Biomolekülen untersucht. Doch diese Röntgenquellen sind nicht intensiv genug, um die atomare Struktur von Molekülen zu bestimmen, die nur nanometergroße Kristalle bilden oder gar nicht kristallisieren. Außerdem dauern ihre Röntgenpulse einige Pikosekunden und sind damit zu lang, um scharfe Bilder von sich bewegenden Molekülen aufzunehmen.

Abb.: Gute Übereinstimmung der molekularen Strukturen eines Proteins, die durch Beugung des Röntgenlaserstrahls an einem Nanokristall (oben) bzw. eines herkömmlichen Röntgenstrahls an einem Einkristall (unten) gewonnen wurden. (Bild: Henry N. Chapman et al., Nature)

Frei-Elektronen-Laser wie FLASH beim DESY und LCLS beim SLAC schaffen hier Abhilfe, da sie wesentlich intensivere und zugleich kürzere Röntgenpulse erzeugen können. Dazu beschleunigen sie Elektronen auf hohe Energien von mehr als 1 GeV und schicken sie durch einen magnetischen Undulator. Diese periodische Anordnung von Magneten lässt die Elektronen quer zur Strahlrichtung schwingen und gibt dem Strahl die Form einer periodischen Welle. Die dabei beschleunigten Elektronen geben elektromagnetische Wellen ab, die in Resonanz mit dem Undulator sind und deshalb eine bestimmte Wellenlänge haben.

Die Wellen sind aber zunächst noch inkohärent, da sie zufällige Phasen haben. Aufgrund der kollektiven Wechselwirkung der Elektronen mit der von ihnen abgegebenen Strahlung kann sich eine zufällig auftretende kohärente Schwankung des Strahlungsfeldes verstärken. Sie moduliert den Elektronenstrahl und zerlegt ihn in kleine Pakete. Das wirkt wiederum auf die Strahlung zurück. Schließlich ist die aus dem Undulator kommende Strahlung kohärent und gepulst.

Die LCLS nutzt einen 1 km langen Abschnitt des alten, 3 km langen Linearbeschleunigers am SLAC, um Elektronen auf bis zu 14 GeV zu beschleunigen. Daran schließt sich der 132 m lange Undulator an, der Röntgenstrahlung mit Wellenlänge von 0,15 nm bis 2 nm und Pulsdauern von 10 fs bis 500 fs erzeugt. Dabei enthält jeder Puls mehr als 1012 Photonen.

Beim ersten Experiment haben Henry Chapman und seine Kollegen ein bestimmtes Membranprotein untersucht, das sehr große Molekülkomplexe bildet und bei der Photosynthese eine Rolle spielt. Ein 4 µm feiner kontinuierlicher Wasserstrahl, in dem nanometergroße Kristalle des Proteins gelöst waren, wurde von den Röntgenlaserpulsen mit einer Wellenlänge von ca. 0,7 nm 30 Mal pro Sekunde getroffen. Die hohe Energiedichte der Pulse zerstörte die Proteinkristalle zwar umgehend, doch aufgrund der kurzen Pulsdauer von 10 fs bis 70 fs und der hohen Strahlintensität ließ sich vorher noch ein Röntgenbeugungsbild aufnehmen.

Die Forscher wiederholten diese Prozedur und nahmen mehr als drei Millionen Beugungsbilder auf, die sie automatisch auswerteten. Daraus rekonstruierten sie die Proteinstruktur und verglichen das Resultat mit der Struktur, die man durch Beugung eines Synchrotronröntgenstrahls an einem großen Einkristall des Proteins gewonnen hatte. Die Ergebnisse stimmten sehr gut überein. Mit dem LCLS-Röntgenstrahl könnte man nun also auch erstmals die Struktur solcher Proteine untersuchen, von denen man keine Einkristalle herstellen kann.

Im zweiten Experiment haben Marvin Seibert und seine Kollegen einzelne Viren, die wiederum in einem feinen Wasserstrahl gelöst waren, mit dem LCLS-Röntgenstrahl beschossen. Dabei handelte es sich um Mimiviren, die mit knapp 1 µm die Größe der kleinsten lebenden Zellen haben. Diese riesigen Viren sind zu groß, um ihre volle räumliche Struktur mit dem Elektronenmikroskop zu rekonstruieren. Da sie aber keine Kristalle bilden, war es bisher nicht möglich, ihre Struktur durch Röntgenbeugung zu bestimmen.

Zwar wurden auch die Viren durch den intensiven Röntgenstrahl der LCLS zerstört, doch die zuvor gewonnen Beugungsbilder ermöglichten es den Forschern, die unbeschädigte Struktur des Mimivirus mit einer Auflösung von zunächst 32 nm zu rekonstruieren. Sie sind zuversichtlich, dass sie mit kürzeren und intensiveren Röntgenstrahlen eine noch wesentlich höhere lokale Auflösung erreichen können. Alles spricht dafür, dass mit den Röntgenlasern ein neues Zeitalter für die Analyse molekularer Strukturen beginnt.

RAINER SCHARF


Weitere Infos

Weitere Literatur:

 AL

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