Röntgenlinsen aus Kunststoff
Physik Journal - Transparente Linsensysteme aus Kunststoff sollen die Leistungsfähigkeit von Röntgenteleskopen steigern.
Röntgenlinsen aus Kunststoff
Physik Journal - Transparente Linsensysteme aus Kunststoff sollen die Leistungsfähigkeit von Röntgenteleskopen steigern.
Nachdem Conrad Röntgen erfolglos versucht hatte, die nach ihm benannten Strahlen an Prismen aus verschiedenen Materialien zu brechen, war seine Meinung, dass man „mit Linsen die X-Strahlen nicht concentrieren kann“, jahrzehntelang in Lehrbüchern zu finden. Erst in den letzten Jahren ist es mithilfe von Zonenplatten oder Stapeln aus vielen Einzellinsen gelungen, Röntgenstrahlen zu fokussieren (vgl. Phys. Blätter, Januar 2001, S. 43). Nun haben Physiker am Forschungszentrum Karlsruhe transparente Linsensysteme für Röntgenstrahlung aus Kunststoff hergestellt, die die Leistungsfähigkeit von Röntgenteleskopen steigern oder eine feinere Auflösung bei der Untersuchung von biologischen Proben ermöglichen könnten.
Die zweifache Belichtung einer Kunststoffstruktur aus unterschiedlichen Winkeln ermöglicht Röntgenlinsen, die in zwei Richtungen fokussieren und die einfallende Strahlung in einen Brennpunkt bündeln. (Foto: FZK)
Die Forscher um Volker Saile nutzen für die Herstellung ihrer zumeist mikrostrukturierten Linsen aus SU-8, einem für Röntgenlicht durchsichtigen Epoxidharz, die Synchrotronstrahlungsquelle ANKA. Vergleichbar mit dem UV-Lithografieverfahren der Chiphersteller lenkten sie stark gebündeltes Synchrotronlicht (4 bis 40 keV, Fokusgröße 0,4×0,8 mm) durch eine fein strukturierte Goldmaske auf den Rohkunststoff. Bis in einen Millimeter Tiefe dringt dieses Licht durch die Maskenlöcher in den Kunststoff ein und härtet ihn an diesen Stellen aus. Diese Belichtung dauert rund eine Stunde. Das unbelichtete Epoxidharz wird darauf mit einem chemischen Lösungsmittel ausgewaschen. Generell lassen sich mit dieser so genannten Tiefenlithographie bis zu 200 Nanometer feine Strukturen aushärten.
Zwar ist die Linse aus SU-8, das im Wesentlichen aus Kohlenstoffketten besteht, weitestgehend durchsichtig für Röntgenstrahlung. Doch durch den komplexen, mikrostrukturierten Aufbau kann es die Richtung dieser Strahlung in Abhängigkeit von der Wellenlänge um kleine Winkel verändern. Durch die Kombination mehrerer solcher Röntgenlinsen sind Fokussiersysteme möglich, die in Transmission Röntgenstrahlen in Mikroskopen und Teleskopen bündeln können. Je nach Verlustrate für die Strahlungsintensität wäre auch ein Einsatz solcher Linsen in EUV-Anlagen (Extremes Ultraviolett) denkbar, mit denen Chiphersteller in wenigen Jahren Schaltkreisstrukturen unter 30 Nanometer in Silizium bannen wollen.
Jan Oliver Löfken
Quelle: Physik Journal, November 2004