Rollendes Nanorad
Forscher aus Berlin und Toulouse haben erstmals gezeigt, wie sich ein einzelnes molekulares Rad auf einer Kupferoberfläche rollen lässt.
Forscher aus Berlin und Toulouse haben erstmals gezeigt, wie sich ein einzelnes molekulares Rad auf einer Kupferoberfläche rollen lässt.
In den letzten Jahren konnte gezeigt werden, wie sich durch Manipulation mit einem Rastertunnelmikroskop einzelne Atome und Moleküle auf der Oberfläche bewegen lassen und sich dabei in Sprüngen („hopping“) fortbewegen. Es konnte bisher jedoch kein „Rollen“ eines molekularen Rades beobachtet werden, obwohl dies eine fundamentale Bewegungsart in der makroskopischen Welt darstellt. Eine Forschergruppe an der Freien Universität Berlin um den österreichischen Experimentalphysiker Leonhard Grill hat nun in Zusammenarbeit mit Wissenschaftern am CNRS (Centre national de la recherche scientifique) in Toulouse/ Frankreich erstmals gezeigt, wie sich ein einzelnes molekulares Rad auf einer Kupferoberfläche rollen lässt. Die Wissenschaftler haben ihre Forschungsergebnisse im international renommierten Fachmagazin „Nature Nanotechnology“ veröffentlicht.
Bei der Entdeckung handelt es sich um das wahrscheinlich kleinstmögliche Nanorad mit einem Durchmesser von nur 0,8 Nanometer - also in der Größenordnung von atomaren Abständen in Kristallen. Zum Vergleich: Der Durchmesser des Nanorads ist etwa 100.000 Mal kleiner als der Durchmesser eines menschlichen Haares.
Genau zu wissen, wie sich eine molekulare Nanomaschine bewegt, ist notwendig, um ihr Design und ihre Funktionsweise weiterentwickeln zu können. Durch die neuesten Erkenntnisse ist es möglich, die molekularen Bewegungen präzise zu kontrollieren und neuartige komplexe Nanomaschinen zu entwerfen.
Um die Rollbewegung zu induzieren, wird von den Forschern die dünne Spitze eines Rastertunnelmikroskops, deren äußerstes Ende im Idealfall von einem einzigen Atom gebildet wird, in einem Abstand von wenigen Atomdurchmessern über ein einzelnes Molekül bewegt. Die Temperatur beträgt nur ungefähr 25 Kelvin, um die thermische Bewegung der Moleküle zu verhindern. Eine elektrische Spannung zwischen der Spitze und der Probe bewirkt einen quantenmechanischen Tunnelstrom, der den Wissenschaftern das direkte Auslesen der molekularen Bewegung (in Echtzeit) ermöglicht. Das Stromsignal zeigt dabei für die durchgeführten Experimente einen typischen „Fingerabdruck“ der Rollbewegung.
Neben dem Rollen konnte auch das Springen des Moleküls von einem Adsorptionsplatz zum nächsten auf kontrollierte Weise herbeigeführt und mit Hilfe des Stromsignals eindeutig charakterisiert werden. Durch einen Vergleich der Manipulation auf verschiedenen Oberflächen und in unterschiedlichen Richtungen konnten die Forscher nachweisen, dass die Fortbewegungsart des Nanorades von der Oberflächenstruktur abhängt: Für eine Rollbewegung ist demnach eine leicht gewellte („korrugierte“) Oberfläche notwendig, während vollkommen flach angeordnete Oberflächenatome kein Rollen des Nanorades ermöglichen.
Ein Vergleich der auf der Oberfläche zurückgelegten Wege der Moleküle beim Rollen oder Springen zeigt einen fundamentalen Unterschied: Während die Moleküle beim Rollen mit Hilfe der Spitze in ihrer Wegstrecke stark eingeschränkt sind, ist dies beim Springen nicht der Fall. Diese Beobachtung entspricht der Art der Fortbewegung: Da beim Rollen die Spitze des Mikroskops über das Molekül hinweg bewegt wird und sich nach einer einzigen Drehung des Rades bereits hinter dem Molekül befindet, ist dies beim Springen bzw. „Schieben“ mit der Spitze nicht der Fall.
Quelle: FU Berlin
Weitere Infos:
- Originalveröffentlichung:
Leonhard Grill et al., Rolling a single molecular wheel at the atomic scale, , Nature Nanotechnology, Online Veröffentlichung am 21.1.2007.
http://dx.doi.org/10.1038/nnano.2006.210 - Institut für Experimentalphysik der Freien Universität Berlin:
http://www.physik.fu-berlin.de - Homepage von Leonhard Grill - Nanoscience with Functionalized Molecules:
http://www.physik.fu-berlin.de/~grill/