04.11.2003

Roter Mond über Europa

In der Nacht vom 8. auf den 9. November 2003 kann man über Europa eine totale Mondfinsternis beobachten.

Roter Mond über Europa

Hamburg (dpa) - Der Vollmond leuchtet an diesem Wochenende glutrot über Europa. Ursache ist eine totale Mondfinsternis: Der Erdtrabant wandert in der Nacht zum Sonntag durch den Schatten unseres Planeten - er steht von der Sonne aus gesehen genau hinter der Erde. Das rund dreieinhalbstündige Schauspiel ist bei klarem Himmel von ganz Europa aus zu verfolgen. Anders als der Name des Himmelsphänomens nahe legt, ist der Mond während einer solchen Finsternis meist nicht völlig unsichtbar. Er glimmt im Streulicht der Erdatmosphäre, die vor allem rotes Licht auf den Mond lenkt. Vom Mond aus gesehen erschiene die Erde während der Finsternis von einem feuerroten Rand umkränzt.

Der Mond steht hoch im Süden im Sternbild Widder, wenn er am Sonntag um 0.32 Uhr in den Kernschatten der Erde einzutauchen beginnt. Die vollständige Verfinsterung von 2.06 Uhr bis 2.31 Uhr ist dann relativ kurz. «Das liegt daran, dass er nicht zentral durch den Kernschatten läuft, sondern eher am Rand. Der Mond wird während der totalen Verfinsterung deshalb relativ hell aussehen», berichtet die Vereinigung der Sternenfreunde (VdS) aus Heppenheim. Um 4.05 Uhr ist das Schauspiel vorbei, wenn der Mond den Kernschatten der Erde wieder ganz verlassen hat. «Diese Finsternis können Sie besonders leicht beobachten, da sie hoch am Himmel in südlicher Richtung stattfindet und Sie am nächsten Morgen ausschlafen können», erläutert die VdS.

So entsteht eine Mondfinsternis. (Quelle: VdS)

Farbe und Helligkeit des verfinsterten Mondes hängen auch vom Staub- und Wolkenanteil der Erdatmosphäre ab. Je klarer die Atmosphäre, desto heller leuchtet der Mond. So wurde der Erdtrabant durch den Ausbruch des Pinatubo 1991 bei folgenden Finsternissen nahezu unsichtbar. Die nächste totale Mondfinsternis über Europa ist am 4. Mai 2004 zu sehen.

Mondfinsternisse sind Stoff für zahlreiche Legenden. Den «Blutmond» während der Finsternis erklärten etwa die Amazonas-Indianer mit einer Pfeilattacke eines jugendlichen Bogenschützen, die den Mond bluten lässt, bis ein Schamane den Pfeil herauszieht und die Wunde heilt. In anderen Kulturen sind es hingegen wilde Kreaturen, die den Erdbegleiter nachstellen. So fürchteten die Wikinger den mythischen Wolf Hati, der dem Mond am Himmel nachjagt und ihn gelegentlich fängt. Mit möglichst viel Lärm gelang es den Menschen jedoch glücklicherweise jedes Mal, Hati wieder in die Flucht zu schlagen.

Im alten China meinten die Menschen, bei einer Mondfinsternis versuche ein himmlischer Drache, den Mond zu verschlingen. Noch heute heißen die Schnittpunkte zwischen Erdbahnebene und Mondbahn daher Drachenpunkte, denn nur an diesen Punkten kann es zu einer Mondfinsternis kommen. Da die Mondbahn leicht gegen die Erdbahn geneigt ist, wandert unser Trabant bei seinem monatlichen Kurs um die Erde meist ober- oder unterhalb am Erdschatten vorbei. Nur wenn der Vollmond genau an einem der beiden Drachenpunkte steht, wird er vom Erdschatten getroffen. Mondfinsternisse kann es stets nur bei Vollmond geben, weil nur dann der Erdtrabant hinter der Erde steht, wohin der Schatten unseres Planeten fällt.

Die Vorausberechnung von Mondfinsternissen ist eine alte Kunst. So nutzte der Überlieferung nach auch Christoph Kolumbus das Wissen um eine bevorstehende Mondfinsternis, um sich auf Jamaika den Respekt der Einheimischen zu verschaffen, die ihm und seinen Seeleuten keine Nahrungsmittel mehr liefern wollten. Am Abend des 29. Februar 1504 berichtete er den Stammesoberhäuptern, die Götter seien mit dem Verhalten der Jamaikaner unzufrieden, was kurz darauf durch den sich langsam dunkelrot färbenden Mond belegt wurde. Kolumbus soll dann ein gutes Wort für die Jamaikaner bei den Göttern eingelegt haben, woraufhin der Mond wieder erstrahlte und die Lebensmittellieferungen wieder flossen.

Till Mundzeck, dpa

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