Rotorblätter mit Biege-Torsionskopplung
Feldmesskampagne für SmartBlades2 an Windkraftanlage in Colorado.
Drei innovative, zwanzig Meter lange Rotorblätter des SmartBlades2-Projekts werden in den kommenden vier Monaten im US-Bundesstaat Colorado bei Wind und Wetter untersucht. Dafür wurden die vom Fraunhofer-Institut für Windenergiesysteme entworfenen und vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt gebauten Rotorblätter erfolgreich an einer Testanlage des National Renewable Energy Laboratory des amerikanischen Energieministeriums installiert. Die Messkampagne soll unter anderem klären, wie gut die mit einer Biege-Torsionskopplung konstruierten Rotorblätter in der Lage sind, Spitzenlasten bei stark wechselhafter Windstärke effektiv zu reduzieren. Die Messergebnisse dienen als Grundlage für die Weiterentwicklung von intelligenten Rotorblättern.
Mit einer Biege-Torsionskopplung ausgestattete Rotorblätter können sich selbstständig an die Windverhältnisse anpassen: Bei höheren Windgeschwindigkeiten verwindet sich das Rotorblatt und bietet dem Wind somit weniger Angriffsfläche. Dadurch werden die Belastungen auf die Anlage reduziert und die Lebensdauer der Rotorblätter erhöht. Um das aeroelastische Verhalten der neu entwickelten Blätter in der Messkampagne vollständig zu erfassen, wurde bereits bei der Fertigung im DLR-Zentrum für Leichtbauproduktionstechnologie in Stade von den Partnern speziell entwickelte Messtechnik in die Blätter integriert.
„Diese Messkampagne ist die erste Bewährungsprobe für unsere Entwicklungen. Wir sind sehr gespannt, wie sich unsere Rotorblätter in diesem Freifeldtest verhalten werden“, sagt SmartBlades2-Projektmanagerin Zhuzhell Montano Rejas vom DLR-Institut für Faserverbundleichtbau und Adaptronik. Die dabei gewonnenen Erkenntnisse sollen in die Verbesserung von Simulationsmodellen für Windenergieanlagen der nächsten Generation eingehen. Die Federführung der Messkampagne liegt beim Fraunhofer-IWES. „Um die Verformungen, Beschleunigungen und Beanspruchungen der Blätter zu erfassen, setzen wir mehrere Messsysteme ein, welche Messungen über die gesamte Blattlänge erlauben. Die Umströmung der Rotorblätter an der Oberfläche wird mit einem aerodynamischen Messsystem erfasst“, sagt der Leiter der Messkampagne, Christian Kress vom IWES. Im Inneren der Rotorblätter messen unterschiedliche Systeme, wie stark sich die Blätter bei Windlast verbiegen und verwinden. Auch die Testturbine ist mit umfangreicher Messtechnik ausgestattet.
Die Messergebnisse werden mit Daten zu den Windverhältnissen korreliert. Dazu erfassen Messsysteme Windgeschwindigkeiten, Windrichtungen, vertikale Windscherungen und lokale Turbulenzen mit hoher räumlicher Auflösung. Der Abgleich des von den Sensoren gemessenen Strukturverhaltens mit den Winddaten wird zeigen, ob die entwickelten Rotorblätter das gewünschte Verhalten aufweisen. Zu Anfang der Messkampagne wird das einströmende Windfeld gemessen, am Ende die Nachlaufströmung hinter der Windenergieanlage, um den Einfluss der Anlage auf die Strömung besser verstehen zu können. Die Windbedingungen am Standort am Rande der Rocky Mountains reichen im Winter von sehr niedrigen bis zu sehr hohen und böigen Windgeschwindigkeiten. So können die Forscher die SmartBlades2-Rotorblätter unter vielfältigen Umgebungsbedingungen erproben. Durch die Messkampagne erwarten die Partner des Projekts SmartBlades2 aussagekräftige Ergebnisse zum Verhalten der neuen Rotorblätter. Die Validierungsaufgaben beginnen mit der Datenauswertung bereits während der Messungen und werden bis zum Projektende im Herbst 2019 fortgeführt. Das Projekt unterstützt die Industrie bei der Weiterentwicklung von Rotorblättern mit Biege-Torsionskopplung und soll den Weg für die Einführung dieser Technologie ebnen.
DLR / RK