Rührfisch im Aufschwung
Neues, vielseitig nutzbares Schwebeverfahren bei Magnetrührern entdeckt.
Die Idee des Schwebens, des sorglosen Gleitens über der Erdoberfläche, hat solche Technikneuerungen wie Magnetschwebebahn aber auch unzählige Science-Fiction Werke, wie Schwebebretter aus der „Zurück in die Zukunft“-Trilogie inspiriert. Die meisten praxisbezogenen Anwendungen erfordern jedoch entweder hochspezialisierte teure Geräte oder deutlich unter dem Gefrierpunkt liegende Temperaturen, was sie in unserem täglichen Leben nicht problemlos einsetzbar macht. Die jüngste Entdeckung der Forscher des Max-Planck-Instituts für Dynamik und Selbstorganisation MPIDS ist ein bahnbrechender Ansatz, der das Magnetschweben für ein breiteres Spektrum technischer Anwendungen zugänglich machen wird.
Abb.: Ein schwebender Magnetrührer in Rizinusöl (o.). Eine 3D-Spirale, die durch die Kombination von experimentellen Bildern des Rührers über einen Zeitraum von einer Sekunde beim Schweben entsteht (u.). Sie zeigt die Dynamik des Schwebeverhaltens, die sich aus niederfrequentem Drehen und hochfrequentem Schwingen zusammensetzt. (Bild: MPIDS)
Die neue Methode verwendet ein einfaches Werkzeug, das in den meisten Labors weltweit bereits vorhanden ist: Einen Magnetrührer. Seit seiner Erfindung im Jahre 1942 ist bekannt, dass der Rührstabmagnet, wenn er zu schnell angetrieben wird, unberechenbar wie eine Forelle im Bach auf dem Boden des Behälters springt, daher die Bezeichnung „Rührfisch“. Nun stellte die Wissenschaftler fest, dass der Magnet in einem Behälter, der mit Flüssigkeit mit einer Viskosität ähnlich wie Honig gefüllt ist, nicht mehr herumspringt, sondern in der Flüssigkeit aufsteigt und schwebt. „Wir sind beim Mischen hochviskoser Polymerlösungen auf dieses Phänomen gestoßen und waren fasziniert“, erinnert sich Kyle Baldwin. Er hat die Bewegung des schwebenden Rührfischchens in einer großen Experimentreihe sorgfältig analysiert und festgestellt, dass seine Bewegungen systematisch sind.
Der Rührstab wackelt hin und her, pumpt Flüssigkeit zur Seite und stabilisiert so seine Position. Interessanterweise wird die Flüssigkeit in die entgegengesetzte Richtung gepumpt, wenn die Viskosität reduziert wird, und der Fisch sinkt. „Unsere Entdeckung soll das Design von bidirektionalen Flüssigkeitspumpen motivieren, das Verständnis für effektive Schwimmtechniken verbessern und ein neues Schwebeverfahren für die containerlose Lagerung oder den reibungslosen Transport bieten“, erklärt Baldwin. Diese grundlegende Entdeckung könnte in der Robotik genutzt werden und neue Möglichkeiten in der Nanotechnologie und Medizin eröffnen, wie etwa die Bereitstellung leicht steuerbarer künstlicher Mikroschwimmer für eine bessere Diagnostik.
MPIDS / JOL