27.08.2024

Schärfster Blick von der Erde ins All

Event Horizon Telescope erreicht eine neue Rekordauflösung.

Die Event Horizon Telescope (EHT) Collaboration hat Test­beobachtungen mit dem Atacama Large Milli­meter/submilli­meter Array (ALMA) und anderen Teleskopen durchgeführt, die die höchste Auflösung erreichten, die jemals von der Erdober­fläche aus erzielt wurde. Sie schafften dieses Meister­stück, indem sie Licht von entfernten Galaxien bei einer Frequenz von etwa 345 GigaHertz, was einer Wellen­länge von 0,87 Millimetern entspricht, detektierten. Die Forschungsgruppe schätzt, dass sie in Zukunft Bilder von schwarzen Löchern erstellen können, die fünfzig Prozent detaillierter sind als bisher. Dadurch wird die Region unmittelbar außerhalb der Grenze zu nahe gelegenen supermasse­reichen schwarzen Löchern schärfer dargestellt. Außerdem können sie mehr schwarze Löcher abbilden als bisher.

Abb.: Auch das ALMA-Teleskop steuert Daten zum Event Horizon Telescope bei.
Abb.: Auch das ALMA-Teleskop steuert Daten zum Event Horizon Telescope bei.
Quelle: B. Tafreshi, ESO

Die EHT-Kollaboration veröffentlichte 2019 Bilder von M87*, dem supermassereichen schwarzen Loch im Zentrum der Galaxie M87, und 2022 Bilder von Sgr A*, dem schwarzen Loch im Herzen unserer Milchstraßengalaxie. Diese Bilder wurden durch die Verknüpfung mehrerer Radioobservatorien auf der ganzen Welt mithilfe einer Technik erstellt, die als Very Long Baseline Interferometry (VLBI) bezeichnet wird, um ein einziges, erdgroßes virtuelles Teleskop zu bilden.

Um Bilder mit höherer Auflösung zu erhalten, verlassen sich Astronomen in der Regel auf größere Teleskope – oder auf einen größeren Abstand zwischen den Observatorien, die als Teil eines Interferometers arbeiten. Da das EHT jedoch bereits die Größe der Erde hatte, erforderte ein höheres Auflösungsvermögen bei den bodengestützten Beobachtungen einen anderen Ansatz. Eine weitere Möglichkeit, die Auflösung eines Teleskops zu erhöhen, besteht darin, Licht mit einer kürzeren Wellenlänge zu beobachten – und genau das hat die EHT-Kollaboration nun getan.

„Mit dem EHT haben wir die ersten Aufnahmen von schwarzen Löchern mit einer Wellenlänge von 1,3 Millimetern gemacht. Der helle Ring, der durch die Lichtbeugung in der Schwerkraft des schwarzen Lochs entstand, sah jedoch immer noch verschwommen aus. Wir stießen an die absoluten Grenzen der Schärfe, mit der wir die Bilder aufnehmen konnten“, so Alexander Raymond vom Jet Propulsion Laboratory, einer der beiden Leiter der Studie. „Bei 0,87 Millimetern werden unsere Bilder schärfer und detaillierter sein. Dadurch werden wir wahrscheinlich neue Eigenschaften entdecken, sowohl solche, die bereits vorhergesagt wurden, als auch einige überraschende.“

Abb.: Prinzip der Testbeobachtungen des Event Horizon Telescope.
Abb.: Prinzip der Testbeobachtungen des Event Horizon Telescope.
Quelle: EHT / ESO

Um zu zeigen, dass Messungen bei 0,87 Millimetern möglich sind, unternahm die Kollaboration Test­beobachtungen entfernter, heller Galaxien bei dieser Wellen­länge. Anstatt das gesamte Netzwerk des EHT zu verwenden, nutzten sie zwei kleinere Teilsysteme, die sowohl ALMA als auch das Atacama Pathfinder EXperiment (APEX) in der Atacama-Wüste in Chile beinhalteten. Zu den weiteren genutzten Stützpunkten gehören das 30-Meter-Teleskop IRAM in Spanien und das NOrthern Extended Millimeter Array (NOEMA) in Frankreich sowie das Grönland-Teleskop und das Submilli­meter Array in Hawaiʻi.

In diesem Pilotversuch gelang es den Forschern, Beobachtungen mit einer Detailgenauigkeit von 19 Mikrobogen­sekunden durchzuführen, was bedeutet, dass sie mit der bisher höchsten Auflösung von der Erdober­fläche aus beobachteten. Allerdings konnten sie noch keine Bilder produzieren: Zwar wiesen sie das Licht mehrerer entfernter Galaxien zuverlässig nach. Die Anzahl der verwendeten Empfänger reichte jedoch nicht aus, um aus den Daten ein genaues Bild rekonstruieren zu können. 

Dieser Technologietest hat ein neues Fenster zur Erforschung von schwarzen Löchern geöffnet. Mit dem vollständigen Array könnte das EHT Details von nur dreizehn Mikrobogen­sekunden Größe nachweisen, so als würde man von der Erde aus eine Münze auf dem Mond erkennen. Bei einer Wellen­länge von 0,87 Millimetern sollten also Bilder zu erzielen sein, deren Auflösung etwa fünfzig Prozent besser ist als die der zuvor veröffent­lichten Bilder von M87* und SgrA* bei 1,3 Millimetern. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, weiter entfernte, kleinere und schwächere schwarze Löcher zu beobachten als die beiden, die die Kollaboration bisher abgebildet hat. EHT-Gründungs­direktor Sheperd „Shep“ Doeleman sagt: „Indem wir Veränderungen im umgebenden Gas bei verschiedenen Wellen­längen untersuchen, können wir das Rätsel lösen, wie schwarze Löcher Materie anziehen und aufnehmen und wie sie leistungsstarke Jets erzeugen können, die über galaktische Entfernungen hinausreichen.“

Zum ersten Mal wurde die VLBI-Technik erfolgreich bei einer Wellenlänge von 0,87 Millimetern eingesetzt. Zwar war es bereits vor den neuen Messungen möglich, den Nachthimmel bei 0,87 Millimetern zu beobachten, doch war die Anwendung der VLBI-Technik bei dieser Wellenlänge immer mit Heraus­forderungen verbunden, deren Bewältigung Zeit und techno­logische Fortschritte erforderte. So absorbiert Wasserdampf in der Atmo­sphäre Strahlung bei 0,87 Millimetern viel stärker als bei 1,3 Millimetern, was es für Radioteleskope schwieriger macht, Signale von schwarzen Löchern bei der kürzeren Wellenlänge zu empfangen. Die Entwicklung von VLBI hin zu kürzeren Wellenlängen, insbesondere in den Submillimeterbereich, verlief nur langsam. Das lag an den zunehmend stärkeren atmosphärischen Turbulenzen und der vermehrten Rauschbildung bei diesen Wellenlängen. Hinzu kam die Schwierigkeit, die globalen Wetter­verhältnisse bei empfindlichen Beobachtungen zu kontrollieren. Doch mit diesen neuen Beobachtungen hat sich das nun geändert.

„Diese Signal­messungen mit dem VLBI bei 0,87 Millimetern sind bahnbrechend, da sie ein neues Beobachtungs­fenster für die Untersuchung supermasse­reicher Schwarzer Löcher öffnen“, erklärt Thomas Krichbaum vom Max-Planck-Institut für Radioastronomie in Bonn. Diese Forschungs­einrichtung betreibt zusammen mit der ESO das APEX-Teleskop. Er fügt hinzu: „In Zukunft wird die Kombination der IRAM-Teleskope in Spanien (IRAM-30m) und Frankreich (NOEMA) mit ALMA und APEX die gleich­zeitige Abbildung von noch kleineren und schwächeren Emissionen als bisher bei zwei Wellenlängen, 1,3 und 0,87 Millimetern, ermöglichen.“

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