Schalten mit ferroelektrischen Domänenwänden
Gleichrichtende Eigenschaften von Grenzflächenkontakten in einem ferroelektrischen Halbleiter nachgewiesen.
Seit etwa zehn Jahren wird es als Herausforderung gesehen, mit ferroelektrischen Domänenwänden elektronische Schaltungen zu verwirklichen, weil diese einen wesentlichen Beitrag zur Entwicklung leistungsfähigerer Speichertechnologien leisten könnten. Dem Augsburger Physiker Stephan Krohns und seinen Kooperationspartnern an der Norwegian University of Science and Technology in Trondheim sowie an der ETH Zürich gelang nun der experimentelle Nachweis einer einfachen Diodenschaltung mit gleichrichtenden Eigenschaften an ferroelektrischen Domänenwänden.
Abb.: Spannungs- und frequenzabhängig bilden sich im Halbleiter polare Domänen mit unterschiedlichen Polarisationsrichtung aus, deren Wände einfache Diodeneigenschaften auf atomarer Skala aufweisen. (Bild: Brosseit, Meier, Krohns)
Der Nachweis wurde durch die Kombination von makroskopischen und mikroskopischen Untersuchungen am Halbleiter ErMnO3 möglich. Mit dielektrischer Spektroskopie konnte die Frequenzabhängigkeit von Schottky-Dioden an der Probenoberfläche nachgewiesen und analysiert werden. Die aus diesen Untersuchungen zur Frequenzabhängigkeit der Grenzflächenkontakte einhergehende Einsicht, dass sich die elektrischen Eigenschaften einer Domänenwand in ferroelektrischen Halbleitern deutlich von den umgebenden Domänen unterscheiden und dementsprechend als Schalter fungieren könnten, wurde an der ETH Zürich von Dennis Meier und Jakob Schaab mit einem Rasterkraftmikroskop in Nanometerauflösung bestätigt.
Darauf basierend konnte das kooperierende Theorie-Team in Trondheim schließlich dichtefunktionaltheoretisch ein neues Modell für den elektronischen Transport in und an Domänenwänden berechnen. „Bisher ging man davon aus, dass diese Domänenwände keine besonderen elektronischen Eigenschaften aufweisen würden und dass elementare elektronische Schaltungen an solchen Grenzflächen dementsprechend nicht auf atomarer Skala realisierbar wären. Diese Annahme“, so Krohns, „konnten wir jetzt widerlegen. Sie resultierte daraus, dass die von uns durch Kombination von makroskopischer dielektrischer Spektroskopie einerseits und rasterkraftmikroskopischen Untersuchungen andererseits erstmalig ermittelten frequenzabhängigen elektrischen Eigenschaften bislang außen vor geblieben waren.“
Krohns sieht in den neuen Einsichten einen wichtigen Schritt im Bemühen, elementare elektronische Schaltungen auf atomarer Skala an Domänenwänden zu verwirklichen. Und die Realisierung solcher Schaltungen mit ferroelektrischen Halbleitern könnte nicht zuletzt der Entwicklung effizienterer Speichertechnologien eine neue Richtung geben, nachdem jetzt nachgewiesen ist, dass der ferroelektrische Halbleiter an sich als Substrat und auch für die Verwirklichung von logischen Schaltungen an seinen Domänenwänden geeignet ist.
U. Augsburg / JOL