26.07.2007

Schalter für Qubits

Amerikanische Physiker entwickelten eine elegante Technik, um allein durch quantenphysikalische Symmetrie-Effekte miteinander verschränkte Atompaare herzustellen.

Quantencomputer:

Gaithersburg (USA) – Bevor in ferner Zukunft ein erster Quantencomputer komplexe Aufgaben in extrem kurzen Zeiten löst, muss eine geeignete Hardware geschaffen werden. Eingefangene und miteinander verschränkte Metallionen und Supraleiterstrukturen bildeten bereits die ersten Quantenbytes mit acht und mehr einzelnen Quantenbits, kurz Qubits. Doch auch neutrale Rubidiumatome sind für die grundlegenden Einheiten, die im Unterschied zu klassischen Bits gleichzeitig die Werte "0" und "1" einnehmen können, geeignet. Amerikanische Physiker entwickelten nun eine elegante Technik, um allein durch quantenphysikalische Symmetrie-Effekte miteinander verschränkte Atompaare herzustellen. Ihre Ergebnisse präsentieren sie in der Zeitschrift "Nature".

"Ultrakalte, in Licht eingefangene Atome bilden ein attraktives System für Quanteninformationsprozesse", schreiben Marco Anderlini und seine Kollegen vom National Institute of Standards and Technology (NIST) in Gaithersburg. Wie zuvor Wissenschaftler von der Universität Innsbruck zeigten, können bei Temperaturen nahe dem absoluten Nullpunkt einzelne, neutrale Rubidiumatome in einem Gitter aus gekreuzten Laserstrahlen voneinander isoliert werden. Wie die Eier in einem Karton besetzen die Atome die Potenzialmulden, die im Abstand von wenigen hundert Nanometern durch das Laserstrahlgitter erzeugt werden.



Abb.: Illustration der Atompaare in einem optischen Gitter - wie Eier in einem Karton. © Trey Porto/NIST

Konnten die Innsbrucker Forscher hiermit sowohl exotische Quantenzustände erzeugen als auch tiefere Erkenntnisse über Bose-Einstein-Kondensate aus Rubidiumatomen gewinnen, gingen die Kollegen vom NIST einen Schritt weiter. Mit zwei optischen Gittern schalteten sie kontrolliert die Spins der einzelnen Atome hin und her und realisierten ein quantenelektronischen Gatter (SWAP-Gate), mit dem sich einzelne Atomen zu quantenphysikalisch gekoppelten, also miteinander verschränkten Paaren zusammenführen ließen.

Anderlini und Kollegen begannen mit zwei parallel angeordneten "atomaren Eierkartons". Über Radiowellen manipulierten sie die Spins aller separierten Atome in beiden optischen Gittern. Wiesen die Atome des oberen Gitters den Spin "1" auf und im unteren Gitter den Spin "0", näherten sie mit einer geschickten Führung der Laserstrahlen beide Gitter so aneinander an bis sie sich überlappten. So fanden sich in einem einzigen, zusammengeführten Gitter je zwei Atome in einer einzigen Potenzialmulde.

Die Rubidiumatome haben als Bosonen eine symmetrische Wellenfunktion. Im Unterschied zu Fermionen nähern sie sich an und tauschen ihre Spin-Zustände gegenseitig aus. Da die zusammengeführten Atome jedoch unterschiedliche Spins aufweisen, kommt es bei den Atompaaren zu einer Oszillation zwischen den beiden möglichen Spin-Werten "0-1" und "1-0" mit einer Periode von 0,4 Mikrosekunden. Es handelt sich über eine Superposition der symmetrischen Quantenzustände. Genau diese Eigenschaft ist die Grundlage für die Verschränkung zweier Qubits.

"Mit Blick auf alle bisherigen Arbeiten auf dem Feld des Quantencomputings, erfahren wir vielleicht einen Paradigmenwechsel für die Kontrolle der Quantenbit-Wechselwirkung", urteilt Johannes Hecker Denschlag von der Universität Innsbruck in einem begleitenden Kommentar über dieses Ergebnis. Denn die Qubits werden hier erstmals nicht über extern ausgeübte Kräfte, sondern allein durch das Symmetrie-Verhalten der Rubidiumatome erzeugt.

Da mit dem verwendeten optischen Gitter zugleich bis zu 10.000 Rubidiumatome isoliert werden konnten, liegt hier ein großes Potenzial für die Erzeugung sehr vieler Qubits in einem System. Allerdings befanden sich hier alle Atome eines optischen Gitter im gleichen Spinzustand. Für eine Anwendung in einem Quantencomputer müsste idealerweise der Spin jedes einzelnen Atoms über Radiowellen separat kontrolliert, also geschrieben und ausgelesen werden können. Nun gilt es in Folgeexperimenten, diese große Hürde in Angriff zu nehmen.

Jan Oliver Löfken

Weitere Infos:

  • Controlled exchange interaction between pairs of neutral atoms in an optical lattice, Marco Anderlini et al., Nature, Vol. 448, S. 452
  • Kommentar: Powered by symmetry, Johannes Hecker Denschlag, Nature, Vol. 448, S. 422


Weiterführende Literatur:

  • Sebby-Strabley, J., Anderlini, M., Jessen, P. S. & Porto, J. V. Lattice of double wells for manipulating pairs of cold atoms. Phys. Rev. A. 73, 033605 (2006).
  • Duan, L. M., Demler, E. & Lukin, M. D. Controlling spin exchange interactions of ultracold atoms in optical lattices. Phys. Rev. Lett. 91, 090402 (2003).
  • Jaksch, D., Briegel, H. J., Cirac, J. I., Gardiner, C. W. & Zoller, P. Entanglement of atoms via cold controlled collisions. Phys. Rev. Lett. 82, 1975–1978 (1999).
  • K. Winkler et al., Repulsively bound atom pairs in an optical lattice, Nature 441, 853 (2006).

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