17.04.2018

Schaltung für atomares Quantenbit

Schwaches Magnetfeld reicht zur Unterdrückung des Tunneleffekts bei einzelnen Eisenatomen.

Die zunehmende Miniaturisierung von elektronischen Schalt­kreisen und Speicher­medien schreitet immer weiter voran. Aber wie klein kann man ein Bit an Information eigentlich machen? Genügt ein einziges Atom, um eine Null und oder eine Eins zu schreiben und den jeweiligen Zustand einzu­frieren? Das magnetische Moment von einzelnen Atomen oder auch von kleinen Clustern erlaubt dies tatsächlich. Es wirkt wie ein winziger Stab­magnet, dem man nur zwei mögliche Orientierungen erlaubt: Entweder zeigt der magnetische Nord­pol nach oben oder nach unten. Zwischen beiden Zuständen liegt eine hohe Energie­barriere, die ein einfaches Umschalten verhindert und mitten­drin liegende Orientierungen verbietet.

Abb.: Das Quantentunneln der Magnetisierung erlaubt ein gezieltes Einfrieren oder Umklappen eines magnetischen Momentes, je nachdem entlang welcher Richtung ein externes Magnetfeld angelegt wird. (Bild: U. Augsburg / IfP / EKM)

Nun erlaubt die Quantenmechanik aber eine Abkürzung: Anstatt die Energie­barriere mühsam zu erklimmen, kann man sie einfach durch­tunneln. Dabei gilt es allerdings einiges zu beachten: So müssen die Energien der zwei Zustände, zwischen denen ein solcher Tunnel­prozess stattfindet, exakt gleich sein, also entartet. Mit einem von außen angelegten Magnet­feld kann diese aufgehoben werden, was zu einer Blockade des Tunnel­pfads führt. Die Orientierung des magnetischen Moments wird dabei eingefroren.

Dass dies schon mit sehr kleinen Magnetfeldern gelingen kann, zeigen Ergebnisse der Nachwuchs­gruppe um den Augs­burger Physiker Anton Jesche vom Lehrstuhl für Experimental­physik VI/EKM. Gemeinsam mit Kollegen der Universität Central Florida und des Ames National Laboratory haben die Forscher das Quanten­tunneln der Magnetisierung einzelner Eisen­atome untersucht, die in eine kristalline Matrix aus Lithium­nitrid eingebracht wurden.

Dass sich das Quanten­tunneln in Magnet­feldern schwächen lässt, ist schon länger bekannt und ist bereits intensiv an Molekular­magneten untersucht. Dabei musste jedoch ein sehr starkes Magnet­feld im Bereich von einem Tesla angelegt werden, um einen merklichen Effekt auf die Schalt­barkeit des magnetischen Bits zu haben. Dagegen reicht weniger als ein halbes Prozent dieses Wertes, um den Tunnel­effekt im neu entwickelten Eisen­system vollständig zu unter­drücken. „Schon mit einer einfachen Spule, die man um den kleinen Finger wickeln kann, lässt sich ein Feld dieser Größe erzeugen“, berichtet Jesche, „vor allem aber kann es nahezu instantan, also ohne die geringste zeitliche Verzögerung, an- oder aus­geschalten werden.“

Dieses außergewöhnliche Verhalten basiert zum einen auf der geringen Defekt­dichte der in Augsburg gezüchteten Kristalle. Zum anderen spielt die chemische Umgebung eine entscheidende Rolle: Die Eisen­atome werden von lediglich zwei nächsten Nachbarn an ihrem Platz gehalten. Hierdurch wird eine hohe Anisotropie, d. h. eine hohe Richtungs­abhängigkeit der Atom­eigenschaften erzeugt, die ein zufälliges Umklappen der magnetischen Momente verhindert.

Doch nicht nur das Unterdrücken des quanten­mechanischen Tunnel­effekts ist gelungen, auch das Gegen­teil hat sich möglich erwiesen: Legt man des externe Magnet­feld entlang bestimmter Richtungen an, nämlich senkrecht zur gedachten Linie zwischen Eisen und seinen zwei Nachbar­atomen, so kann die Tunnel­rate sogar signifikant erhöht werden. Man kann das magnetische Moment somit entweder einfrieren oder sein Umklappen gezielt befördern.

Mit einem Bit pro Atom scheint damit das ultimative Limit für einen nano­skaligen Daten­speicher erreicht. „Im Prinzip kann man mit diesen Zuständen auch mathematische Operationen durchführen“, so Jesche, „ wobei es zu einem möglichen Quanten­computer aber noch ein weiter Weg ist.“ Viel­versprechend seien aber jedenfalls schon einmal die relativ hohen Temperaturen, bei denen sich der Übergang vom klassischen zu quanten­mechanischen Verhalten ausbildet: Zehn Kelvin über dem absoluten Null­punkt lassen sich technisch recht leicht realisieren, sie liegen mehr als hundert­mal höher als in aktuellen Rechner­architekturen, die auf supra­leitenden Quanten­bits basieren.

U. Augsburg / DE

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