Scharfe Fluoreszenz, Zeptosekunden-Pulse und die kleinste Lichtfalle der Welt
Jahresrückblick Optik, Photonik, Laser 2016.
Viele Hürden überwanden Physiker im vergangenen Jahr, um ausgeklügelte Laser, schärfere Bilder und Fortschritte in der optischen Datenverarbeitung zu erzielen. Eines der verblüffendsten Ergebnisse präsentierte die Forschergruppe um Nobelpreisträger Stefan Hell vom Max-Planck-
Abb.: Mit MINFLUX lassen sich Bewegungen von fluoreszenzmarkierten Molekülen in einer lebenden Zelle zeitlich genauer verfolgen als mit der STED- oder PALM/STORM-Mikroskopie. (Bild: Y. Eilers / MPIPBC)
Eine möglichst hohe zeitliche Auflösung von Prozessen ist dagegen das Ziel der Kurzzeitspektroskopie. Die Photoionisation konnten Forscher vom Max-Planck-
Um mit kurzen Lichtpulsen magnetische Materialien und chirale Moleküle besser untersuchen zu können, konstruierten Physiker an der University of Colorado in Boulder einen Laser, der nicht nur linear polarisiertes, sondern auch zirkular polarisiertes Licht im EUV-Bereich erzeugte. Möglich wurde dies mit einem steuerbaren Zeitversatz zwischen zwei IR-Pulsen, wodurch sie in einem Wellenleiter Pulse zirkular polarisiertem Lichts bis zur 20. Harmonischen mit etwa 22 Elektronenvolt nachweisen konnten. Infrarotspektren von komplexen Molekülen mit hoher Auflösung zeichneten Forscher am JILA in Boulder mit einem neuen Verfahren auf. Dabei bestrahlten sie tiefgekühlte Moleküle in einem Hohlraumresonator mit einem Laserfrequenzkamm und konnten erstmals hochaufgelöste Absorptionslinienmuster von mehrfachen Schwingungen der Kohlenstoff-
Für extrem kurze Pulse bis in den Röntgenbereich können Physiker seit 2016 noch mehr Lichtquellen nutzen. Nach sechs Jahren Bauzeit wurde die 3,4 Kilometer lange unterirdische Anlage des Röntgenlasers European XFEL in Hamburg fertig gestellt. Ab Sommer 2017 sollen Wissenschaftler aus aller Welt zunächst zwei von sechs mittelfristig geplanten Experimentierstationen der Anlage nutzen können. Seine volle Leistungsfähigkeit soll der European XFEL 2018 erreichen. Wenige Wochen nach dem XFEL-
Abb.: Aufenthaltswahrscheinlichkeiten des verbleibenden Elektrons nach Photoemission eines Elektrons aus einem Heliumatom. (Bild: M. Ossiander, TU München / M. Schultze, MPQ)
Parallel erweiterten Physiker am SLAC National Accelerator Laboratory die Einsatzmöglichkeiten von Freie-
Für hohe Photonenenergien sind aber nicht immer kilometerlange FEL-Anlagen nötig. Am SLAC National Accelerator Laboratory nutzten Erik Hemsing und seine Kollegen starke elektromagnetische Felder, um ungerade Vielfache einer ursprünglichen Laserfrequenz zu erreichen. Über die Wechselwirkung von infraroten Lichtpulsen mit beschleunigten Elektronen wiesen sie intensive Lichtsignale bis zur 75. höheren Harmonischen nach. Ausgehend von infrarotem Laserlicht erhielten sie Laserpulse im Bereich des extrem Ultravioletten (EUV) mit 32 Nanometern Wellenlänge. Eine hohe Strahlleistung hatten dagegen Forscher der Friedrich-
Pulse ganz anderer Art emittieren dagegen Terahertz-
Bisher unerreicht scharfe Frequenzspektren realisierten Forscher an der Universität Colorado mit einem superradianten Laser auf der Basis von Strontiumatomen, die sie in ein eindimensionales optisches Gitter einsperrten. Elektronische Übergänge höherer Ordnung ermöglichten Zustände mit extrem hohen Lebensdauern und entsprechend scharfer Linienbreite des Laser. Diese Lichtquellen könnte man dank ihrer Trennschärfe für den Nachweis von Gravitationswellen oder für Atomuhren nutzen.
Abb.: Verstärkerstufe des Hochleistungslasers POLARIS (Bild: J.-P. Kaspers, FSU)
Mit exakt definierten und kontrollierbaren Infrarot-
Einen optischen Datenspeicher aus Perowskit – ein Material, das bisher für Solarzellen genutzt wird – konstruierten Physiker an der Universität Bayreuth. Über einen laserinduzierten Phasenübergang und einem Superlumineszenz-
Deutlich weniger Dynamik als in den Vorjahren herrschte auf dem Feld der Metamaterialien. Nach einem Hype um Tarnkappenmaterialien konzentrierten sich die Forscher 2016 mehr auf auf konkrete Anwendungen. An der Harvard University in Cambridge fertigten Physiker mehrere extrem flache Metalinsen aus Titandioxid-
Abb.: SEM-Aufnahme einer Metalinse aus einem Areal aus Titandioxid-Nanoflossen (Bild: F. Capasso, Harvard University)
Die Wechselwirkung von Licht mit Materie nutzten mehrere Forschergruppen für ausgeklügelte optomechanische Anwendungen. An der Universität Bielefeld hielten Robin Diekmann und Kollegen einzelne, lebende Zellen mit einem optischem Traktorstrahl fest. Diese optische Falle kombiniert mit hochauflösender Fluoreszenzmikroskopie ermöglicht eine dreidimensionale Rundumsicht, um etwa das Eindringen von Krankheitserregern in eine Zelle besser zu verstehen. Ein völlig neuartiges optomechanisches System, entwickelt an der Yale University, koppelte die mechanischen Schwingungen in suprafluidem Helium mit den elektromagnetischen Schwingungen eines Lasers. Das durch Glasfasern in einen Hohlraum geleitete Laserlicht übte durch Elektrostriktion mechanische Kräfte auf das Helium aus und erlaubte die Messung der Schwingungsquanten in der Supraflüssigkeit. Den Impuls von Photonen, den transversalen Lichtdruck, konnte ein Team an der University of Bristol genau bestimmen. Mit extrem sensiblen Nanohebeln konnten sie die wirkenden Kräfte bis auf wenige Femtonewton genau messen.
So ausgefeilte und exakte Messungen neue optische Techniken im vergangenen Jahr erlaubten, verblüffte ein Ergebnis des Wiener Instituts für Molekulare Pathologie. Mit einem Versuchsaufbau, der auf dem Prinzip der spontanen parametrischen Fluoreszenz basierte, ermittelten sie, dass sogar das menschliche Auge empfindlich genug ist, um ein einzelnes Photon wahrzunehmen. Nun wollen sie herausfinden, wieso biologische Systeme über eine derartig hohe Empfindichkeit verfügen. Einen weiteren Rekord stellten britische Forscher der University of Cambridge auf. Sie bauten mit Picokavitäten, die sich spontan auf einem deponierten Goldcluster ausbildeten, die kleinste Lichtfalle der Welt. Ihr Grundlagenexperiment ermöglichte erstmals einen detaillierten Blick auf die Wechselwirkung von Licht mit einzelnen Molekülen auf atomarer Ebene. Ersten praktischen Nutzen versprechen sich die Wissenschaftler von Detailanalysen photochemischer und photophysikalischer Prozesse, wie sie etwa bei der Photosynthese von Pflanzen oder in Solarzellen auftreten.
Jan Oliver Löfken
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