Schimmernder Halo
Farben ungeordneter Nanostrukturen locken Insekten.
Ganz ohne chemische Pigmente können periodisch aufgebaute Nanostrukturen schillernde Farbeffekte erzeugen. Diese Strukturfarben finden sich etwa bei Schmetterlingen oder Pfauenfedern. Doch auch Blüten beherrschen das farbenfrohe Wechselspiel aus gestreuten, gebeugten und interferierenden Lichtwellen. Eine interdisziplinäre Forschergruppe an der University of Cambridge in Großbritannien analysierte dieses Kunststück der Natur jetzt detaillierter und entdeckte einen bisher unbekannten Halo-
Abb.: Eine Hummel wird von einer künstlichen, nanostrukturierten Blüte angelockt, die blaues und ultraviolettes Licht in einem Halo streut. (Bild: E. Moyroud, U. Cambridge)
An streng periodischen Strukturen mit Dimensionen unterhalb eines Mikrometers bricht und interferiert Sonnenlicht. Schillernde, irisierende Farben – bevorzugt im blauen und ultravioletten Spektralbereich – sind die Folge. Doch auch wenn die Nanostrukturen einen gewissen Grad an Unordnung – variable Abstände und Ausdehnungen – aufweisen, ist ein verblüffender optischer Effekt erkennbar: Blaues und violettes Licht werden in Form eines Halo reflektiert, der unter einem engen Winkelbereich sichtbar wird. „In der Natur sind solche Strukturen nicht perfekt periodisch, sondern leicht ungeordnet“, sagt Tobias Wenzel von der University of Cambridge. „Wir zeigen erstmals, dass diese Unordnung kein Nachteil sein muss, sondern bisher unbekannte, optische Funktionalitäten hervorbringen kann.“
Gemeinsam mit seinen Kollegen analysierte Wenzel zuerst die Oberflächen eines guten Dutzends verschiedener Blüten mit einem Elektronenmikroskop. Bei fast allen Blüten entdeckten sie filigrane Rillenstrukturen mit Dimensionen von einigen hundert Nanometern. Obwohl diese Strukturen selten eine strenge Periodizität aufweisen und in Breite und Abstand variieren, können sie einfallendes Sonnenlicht auf verblüffende Weise reflektieren. So werden bevorzugt blaue und ultraviolette Lichtwellen gebrochen und gestreut, wobei Streulicht in Form eines Halos emittiert wird. Der Halo ist meist nur unter einem Blickwinkel von bis zu 25 Grad sichtbar.
Abb.: Viele Blüten reflektieren über teils ungeordnete Nanostrukturen blaues und ultraviolettes Licht, um damit Bienen und Hummeln anzulocken. (Bild: E. Moyroud, U. Cambridge)
Dieses Streulicht könnte für das Anlocken von bestäubenden Bienen oder Hummeln von großer Bedeutung sein. Denn die Insekten sind dazu fähig, mit ihren Sehzellen blaues und ultraviolettes Licht zu erkennen. Jedoch bilden Blütenpflanzen selbst nur sehr selten blaue Farbpigmente. Um dennoch dieses zum Anlocken von Insekten wichtige Licht aussenden zu können, nutzen die Pflanzen den photonischen Effekt der Nanostrukturen. Um die Funktion des Effekts zu belegen, fertigten Wenzel und Kollegen mit der Elektronenstrahllithographie Muster für künstliche Blüten aus einem dünnen Kunststofffilm aus Polymethylmethacrylat nach dem Vorbild einer Hibiscusblüte. Diese Strukturen übertrugen sie danach auf auf Schichten aus Epoxidharz. Bewusst erzeugten sie dabei eine ebenfalls mehr oder weniger geordnete Rillenstruktur an der Oberfläche.
In weiteren systematischen Verhaltensexperimenten beobachteten die Forscher, wie Hummeln auf diese künstlichen Blüten reagierten. Die Blüten färbten sie zum einen in verschiedenen Farben ein – gelb, schwarz, blau –, ließen einige Oberflächen eben und prägten in andere Kunstblüten eine etwas ungeordnete Nanostruktur. Nach einigen vergleichenden Versuchen bestätigte sich, dass die Hummeln von Blüten mit einem Halo-
Insgesamt führte dieser bionische Ansatz zur Entdeckung eines neuen Farbgebungs-
Jan Oliver Löfken
Weitere Infos
Weitere Beiträge
RK