Sterne können am Ende ihrer Entwicklung als Supernova explodieren. Dabei entsteht ein Supernova-Überrest, eine Wolke aus Wasserstoff, Helium und schweren Elementen, die aus dem explodierten Himmelskörper stammen. Von dem Stern selbst bleibt meist nur ein kleiner, extrem kompakter Rest zurück, ein Neutronenstern. Viele Sterne sind allerdings keine Einzelobjekte sondern Doppelsterne. Wenn in einem solchen Doppelstern ein Partner explodiert, kann das Paar fortbestehen. Es entsteht ein Doppelstern, dessen eine Komponente ein Neutronenstern ist. „Genau ein solches Gebilde haben wir jetzt unter die Lupe genommen“, erklärt Norbert Langer von der Uni Bonn.
Abb.: Das internationale Astronomen-Team entdeckte in dem Supernova-Überrest RCW 86 erstmals ein Doppelstern-System aus einem Neutronenstern und einem sonnenähnlichen Stern. (Bild: NASA / UCLA)
Das internationale Team unter Leitung von Vasilii Gvaramadze von der Lomonossow-Universität Moskau untersuchte einen auffällig geformten Supernova-Überrest, in dem die Forscher einen solchen Doppelstern vermuteten. Neutronensterne verraten sich dadurch, dass sie Röntgenstrahlung emittieren. Die Forscher fahndeten daher mit den Röntgen-Detektoren des Chandra-Satelliten nach entsprechenden Emissionen. Mit Erfolg: Sie konnten im Südwestbereich des Nebels einen Neutronenstern identifizieren.
Auf Aufnahmen des Very Large Telescope der Europäischen Südsternwarte zeigte sich an der gleichen Stelle zudem ein sehr schwach leuchtender Stern. Nach weiteren Untersuchungen – unter anderem mit dem Parkes-Radioteleskop in Australien – stand fest, dass es sich tatsächlich um ein Doppelsternsystem handelt. „Einer der Partner, der Neutronenstern, strahlt dabei nur im Röntgenbereich, während der andere, ein sonnenähnlicher Stern, bei Wellenlängen zu sehen ist, die unser Auge wahrnehmen kann“, erklärt Langer.
Es ist das erste Mal, dass ein solcher sonnenähnlicher Begleitstern in einem Supernova-Überrest gefunden wurde. Die Wissenschaftler haben sein Strahlungsspektrum genau analysiert. Dadurch erhielten sie einen Einblick in den Zustand und die Entwicklung des Doppelsterns. So ergab die Untersuchung, dass der Begleitstern große Mengen Kalzium enthält – weit mehr als etwa unsere Sonne. Diese Anreicherung lässt sich mit den gängigen Theorien der Supernova-Entstehung nicht erklären. Sie deuten stattdessen auf ein besonderes Szenario hin, bei dem mehr Kalzium erzeugt wird.
Dieses Szenario wiederum hätte weit reichende Konsequenzen. So haucht nicht jeder Stern sein Leben in einer Supernova-Explosion aus. Nur besonders massereiche Exemplare verabschieden sich mit einem solch spektakulären Abgang. Die neuen Beobachtungen korrigieren dieses Bild: „Möglicherweise können doch auch masseärmere Sterne als bisher angenommen eine Supernova-Explosion erzeugen“, erklärt Langer. „Der Begleitstern liefert uns wichtige Daten, mit denen wir unsere Theorien zu Supernova-Explosionen neu bewerten können.“
RFWU / RK