26.04.2016

Schnappschüsse ultraschneller Autoionisation

Zeit-, energie- und winkelaufgelöste Photo­elek­tronen­spektro­skopie zeigt ener­getisch über­lappende Zu­stände.

Elektronische Autoionisation ist ein Prozess, bei dem die Bewe­gung von meh­reren ange­regten Elek­tronen in einem Atom oder Molekül mit Verzö­gerung zur Emission eines einzelnen Elek­trons führt. Trotz einer langen Forschungs­historie birgt die theore­tische Beschreibung dieses Prozesses auch heute noch Schwierig­keiten. Das trifft insbe­sondere auf den Fall von ener­getisch über­lappenden auto­ioni­sie­renden Reso­nanzen zu. Die Schwierig­keiten sind funda­mentaler Natur, denn ihr Ursprung liegt in den funda­mentalen Problemen der Beschreibung eines dyna­mischen Prozesses im Energie­raum. Forschern vom Max-Born-Institut in Berlin gelang es nun, durch neue tech­nische Ent­wicklung im Bereich von ultra­kurzen XUV-Pulsen erst­mals diesen ultra­schnellen dyna­mischen Prozess direkt im Zeit­raum nach­zu­weisen.

Abb.: Winkelverteilung von Photo­elek­tronen generiert durch die Ioni­sa­tion einer auto­ioni­sie­renden Reso­nanz in mole­ku­larem Stick­stoff durch einen schwachen IR-Puls. (Bild: MBI)

Das Team nutzt einen neu konstruierten zeit­ver­zögerungskompen­sierenden Mono­chromator, der es ermög­licht, eine einzelne auto­ioni­sierende Resonanz in Stick­stoff­molekülen selektiv durch einen XUV-Puls anzu­regen. Die Dynamik wird darauf­hin durch Ioni­sation des Moleküls mit einem zweiten IR-Puls inner­halb eines Pump-Probe-Experiments abge­bildet. Das geschieht auf einer Zeit­skala unter­halb von 15 Femto­sekunden. Die gene­rierten Photo­elek­tronen werden mit einem „Velocity Map Imaging“-Spektrometer abge­bildet, das neben der kine­tischen Energie auch die Winkel­ver­teilung der Elek­tronen misst. Das Experiment zeigt, dass die Winkel­ver­teilung der Photo­elek­tronen sich während der Auto­ioni­sation ändert. Direkt nach der Anregung der Resonanz ist die Winkel­ver­teilung relativ isotrop. Mit größerer Pump-Probe-Verzögerung kann dann beob­achtet werden, dass die Elek­tronen haupt­sächlich in Richtung der Laser­polari­sation emittiert werden. Diese Beob­achtung kann nur zustande kommen, wenn zwei elek­tro­nische Zustände ange­regt werden. Eine mögliche Existenz von solchen ener­getisch über­lappenden Zuständen in Stick­stoff wurde bereits vor über dreißig Jahren theo­retisch voraus­gesagt und nun zum ersten Mal auch experi­mentell beob­achtet. Im Experiment werden ver­schiedene Zerfalls­zeiten für die ener­getisch über­lappenden ange­regten Zustände beob­achtet.

Zwei überlappende elektronische Zustände, die jeweils eine kurze und längere Lebens­zeit haben, können theo­retisch durch Inter­ferenz­stabi­li­sation erklärt werden. Das ist ein Phänomen, das eben­falls bei Atomen auf­tritt, die sich inner­halb eines elek­trischen Stark­felds befinden. Inter­ferenz­stabi­li­sation tritt auf, wenn eine quanten­mecha­nische Inter­ferenz zwischen verschiedenen Auto­ioni­sa­tions­zuständen zur Veränderung der Dauer der einzelnen Ioni­sations­kanälen führt. Dabei wird die Dauer des einen Kanals verkürzt, während sich die andere ver­längert. Weiter­gehende Experi­mente und ver­besserte theo­retische Beschreibung sollen ergründen, inwie­weit die im Experiment beob­achten Phänomene von genereller Natur sind und damit von hoher Bedeutung für das all­gemeine Verständnis von Auto­ionisation in Molekülen wären.

FVB / RK

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