11.06.2014

Schnitt durch ein Molekülorbital

Gleichzeitig Phase und die Aufenthaltswahrscheinlichkeit von Elektronen in einem Molekül experimentell bestimmt.

„Es ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu einem umfassenden Verständnis der natürlichen Prozesse in einer atomaren Größenordnung.“ Achim Schöll, Experimentalphysiker der Universität Würzburg, hat mit seiner Arbeitsgruppe und Forschern aus Jülich und Triest einen Weg entdeckt, wie sich die räumliche Verteilung von Elektronen in einem Molekül experimentell bestimmen lässt.

Abb.: Ein Bild, das einem Schnitt durch ein Molekülorbital im Realraum gleicht, wurde jetzt experimentell möglich gemacht. (Bild: A. Schöll, JMU)

In der quantenmechanischen Welt lassen sich Amplitude und Phase von Teilchen-Wellenfunktionen nur sehr schwer bestimmen: „Es gehört zur Natur des Messprozesses, dass in der Regel die Information über die Phase verloren geht“, sagt Schöll. Dies liegt daran, dass die meisten Experimenten Intensitäten messen, die dem Quadrat der Wellenfunktion und damit der Aufenthaltswahrscheinlichkeit entsprechen. Dadurch geht jedoch die Information über die Phase verloren.

Aus Sicht der Experimentalphysiker ist das unbefriedigend, schließlich ist die Phase bei so fundamentalen Prozessen wie der chemischen Bindung oder der Supraleitfähigkeit der entscheidende Wert. Nach einem Weg, diesen Wert im Experiment zu bestimmen, wird deshalb seit Jahren intensiv geforscht. Zwar gibt es bereits einige wenige Methoden, die es ermöglichen, die Phase zu bestimmen. „Mit diesen lässt sich allerdings nicht gleichzeitig die räumliche Verteilung der Elektronen ermitteln“, sagt Schöll. Dass es doch möglich ist, im Experiment zur gleichen Zeit die Phase und die Aufenthaltswahrscheinlichkeit zu bestimmen, haben Schöll und seine Mitarbeiter jetzt gezeigt. Sie erreichten dies mit Hilfe der winkelaufgelösten Photoelektronenspektroskopie und zirkular polarisiertem Licht.

Bei der Photoelektronspektroskopie lassen sich anhand der Austrittsrichtung und der kinetischen Energie der aus der Oberfläche gelösten Elektronen Rückschlüsse auf die chemische Zusammensetzung und die elektronische Beschaffenheit des Festkörpers ziehen. Je nach Art der Untersuchung können sie außerdem dem Lichtstrahl besondere Eigenschaften mit auf den Weg geben.

Je nachdem, ob wir unser Molekül mit rechts oder links zirkular polarisiertem Licht bestrahlen, treten unterschiedliche Intensitätsverteilungen auf. Die Differenz dieser beiden Intensitäten, der zirkulare Dichroismus, zeigt dann charakteristische Symmetrien, wenn wir die Einstrahlrichtung des Lichtes verändern. Daraus lässt sich die Phase der zugrunde liegenden Wellenfunktion ableiten. Zwar ergibt dieses Experiment die Phase ebenfalls nicht direkt. „Wir können aber die Symmetrie der Phase bestimmen und damit sagen, wo der Wert positiv und wo negativ ist“, erklärt Schöll.

Kombiniert mit den Messergebnissen der Aufenthaltswahrscheinlichkeit gewinnen die Physiker somit ein Bild, das einem Schnitt durch ein Molekülorbital im Realraum gleicht. Und wer das Molekülorbital kennt, kennt gleichzeitig auch die Eigenschaften des Moleküls.

JMU / CT

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