Schnurloses Laden effizienter dank PT-Symmetrie
Induktive Stromübertragung wird mit einem geschickten Aufbau unabhängig von der Entfernung.
Elektrische Zahnbürsten und Smartphones können bereits schnurlos über induktive Kopplung aufgeladen werden. Auch für Elektroautos sind erste stationäre Ladetechniken ohne Stromkabel in der Entwicklung. Das Aufladen funktioniert allerdings nur gut bei einem statischen, konstanten Abstand zwischen den Induktionsspulen. Diese Einschränkung konnte nun ein Physikerteam an der kalifornischen Stanford University beseitigen. Auf der Basis der Spiegelung- und Zeitumkehrsymmetrie, kurz PT-Symmetrie, entwickelten sie ein schnurloses Ladesystem, das bei Änderung des Spulenabstands keine Effizienzeinbußen zeigte. Dieser Ansatz bietet ein großes Potenzial für das schnurlose Aufladen von Smartphones ohne statisches Lademodul oder von Elektroautos während der Fahrt.
Abb.: Schnurloses Aufladen: Shanhui Fan (l.) und Sid Assawaworrarit vor ihren Induktionsspulen, mit denen sie trotz variierender Abstände Strom mit konstanter Effizienz übertragen konnten. (Bild:M. Shwartz, Stanford U.)
Die konventionelle schnurlose Ladetechnik nutzt die induktive Kopplung zwischen zwei Induktionsspulen. Mit Radiowellen einer festen Frequenz lässt sich elektromagnetische Energie auf die Senderspule übertragen und nach der magnetischen Induktion von der Empfängerspule über einen Gleichrichter wieder abgreifen. Wird der Abstand zwischen den beiden Spulen jedoch variiert, ändern sich die Resonanzbedingungen und die Übertragungseffizienz verringert sich deutlich. Optimal konfiguriert konnte mit Spulendurchmessern von 25 Zentimetern eine elektrische Leistung von 60 Watt bereits über zwei Meter Entfernung mit etwa 40 Prozent Wirkungsgrad übertragen werden.
Shanhui Fan und seine Kollegen vom Ginzton Laboratory in Stanford verzichteten nun auf die Anregung der Senderspule mit einem Oszillator. Stattdessen schlossen sie die Senderspule an einen Spannungsverstärker an, der eine Selbstregelung der Stromübertragung erlaubte. Induktiv gekoppelt mit der Empfängerspule zeigte das gesamte System eine PT-Symmetrie. Wurde nun der Abstand der gut einen halben Meter durchmessenden Kupferdraht-Spulen zwischen 20 und 70 Zentimeter variiert, änderten sich die Resonanzbedingungen. Selbstständig regelte der Spannungsverstärker nach, so dass die Übertragungsfrequenz nicht konstant bei 2,5 Megahertz verharrte, sondern sich innerhalb von einigen Dutzend Millisekunden im Bereich zwischen 2,2 und 2,8 MHz veränderte. Dabei blieb die Effizienz der Stromübertragung konstant bei seinem Maximalwert.
Eindrucksvoll demonstrierten die Forscher die Selbstregelung mit einer an die Empfängerspule angeschlossenen Leuchtdiode. Bei einer konventionellen Stromübertragung nahm die Leuchtintensität mit zunehmenden Abstand rapide ab. Mit dem neuen System jedoch strahlte die LED bis zu einem Spulenabstand von knapp einem Meter mit konstanter Helligkeit. Allerdings rangierte die so übertragende Leistung nur bei etwa einem Milliwatt. Den Wirkungsgrad des Gesamtsystems bezifferten die Forscher auf etwa zehn Prozent.
„Diese Ergebnisse sind aus mehreren Gründen beeindruckend“, beurteilt Geoffroy Lerosey vom Langevin Institut in Paris die Stanforder Versuche. So demonstriere diese Stromübertragung die Gültigkeit der PT-Symmetrie in einem makroskopischen Modell. Zudem vereinfachten Fan und Kollegen den Aufbau von schnurlosen Ladegeräten, indem sie eine sonst fein zu justierende Radiowellenquelle gegen einen Spannungsverstärker austauschten. Besonders für das Aufladen elektronischer, medizinischer Implantate oder für Elektroautos sieht Lerosey ein großes Anwendungspotenzial.
Bis diese bereits zum Patent angemeldete Technologie das schnurlose Aufladen revolutionieren könnte, müssen aber noch einige Hürden überwunden werden. So wurde der Abstand der Spulen bisher nur entlang einer festen Achse verändert und die konstante Übertragungseffizienz müsste noch bei veränderten Winkeln zwischen den Spulen gezeigt werden. Ob die Selbstregelung von Spannungsverstärkern auch bei sich sehr schnell ändernden Abständen funktioniert – essentiell für das Aufladen fahrender Elektroautos –, ist bisher noch nicht absehbar. Und schließlich gilt es, die Übertragungsleistung noch um mehrere Größenordnungen bis in den Kilowattbereich zu steigern.
Jan Oliver Löfken
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