15.06.2017

Schnurloses Laden effizienter dank PT-Symmetrie

Induktive Stromübertragung wird mit einem geschickten Aufbau unabhängig von der Entfernung.

Elektrische Zahn­bürsten und Smartphones können bereits schnurlos über induktive Kopplung aufgeladen werden. Auch für Elektro­autos sind erste stationäre Lade­techniken ohne Stromkabel in der Entwicklung. Das Aufladen funk­tioniert allerdings nur gut bei einem statischen, konstanten Abstand zwischen den Induktions­spulen. Diese Einschränkung konnte nun ein Physiker­team an der kali­fornischen Stanford Uni­versity beseitigen. Auf der Basis der Spiegelung- und Zeitumkehr­symmetrie, kurz PT-Symmetrie, entwickelten sie ein schnur­loses Ladesystem, das bei Änderung des Spulen­abstands keine Effizienz­einbußen zeigte. Dieser Ansatz bietet ein großes Potenzial für das schnur­lose Aufladen von Smart­phones ohne statisches Lademodul oder von Elektro­autos während der Fahrt.

Abb.: Schnurloses Aufladen: Shanhui Fan (l.) und Sid Assawaworrarit vor ihren Induktionsspulen, mit denen sie trotz variierender Abstände Strom mit konstanter Effizienz übertragen konnten. (Bild:M. Shwartz, Stanford U.)

Die konven­tionelle schnurlose Lade­technik nutzt die induktive Kopplung zwischen zwei Induktions­spulen. Mit Radiowellen einer festen Frequenz lässt sich elektro­magnetische Energie auf die Sender­spule übertragen und nach der magne­tischen Induktion von der Empfänger­spule über einen Gleich­richter wieder abgreifen. Wird der Abstand zwischen den beiden Spulen jedoch variiert, ändern sich die Resonanz­bedingungen und die Übertragungs­effizienz ver­ringert sich deutlich. Optimal konfi­guriert konnte mit Spulen­durchmessern von 25 Zenti­metern eine elek­trische Leistung von 60 Watt bereits über zwei Meter Entfernung mit etwa 40 Prozent Wirkungs­grad über­tragen werden.

Shanhui Fan und seine Kollegen vom Ginzton Labo­ratory in Stanford ver­zich­teten nun auf die Anregung der Sender­spule mit einem Oszil­lator. Statt­dessen schlossen sie die Senderspule an einen Spannungs­verstärker an, der eine Selbst­regelung der Strom­übertragung erlaubte. Induktiv gekoppelt mit der Empfänger­spule zeigte das gesamte System eine PT-Symmetrie. Wurde nun der Abstand der gut einen halben Meter durch­messenden Kupfer­draht-Spulen zwischen 20 und 70 Zenti­meter variiert, änderten sich die Resonanz­bedingungen. Selbst­ständig regelte der Spannungs­verstärker nach, so dass die Übertragungs­frequenz nicht konstant bei 2,5 Megahertz verharrte, sondern sich innerhalb von einigen Dutzend Milli­sekunden im Bereich zwischen 2,2 und 2,8 MHz ver­änderte. Dabei blieb die Effizienz der Strom­übertragung konstant bei seinem Maximal­wert.

Eindrucks­voll de­monstrier­ten die Forscher die Selbst­regelung mit einer an die Empfänger­spule ange­schlossenen Leucht­diode. Bei einer konven­tionellen Stromüber­tragung nahm die Leucht­intensität mit zunehmenden Abstand rapide ab. Mit dem neuen System jedoch strahlte die LED bis zu einem Spulen­abstand von knapp einem Meter mit konstanter Helligkeit. Aller­dings rangierte die so über­tragende Leistung nur bei etwa einem Milliwatt. Den Wirkungs­grad des Gesamt­systems bezif­ferten die Forscher auf etwa zehn Prozent.

„Diese Ergeb­nisse sind aus mehreren Gründen beein­druckend“, beurteilt Geoffroy Lerosey vom Langevin Institut in Paris die Stan­forder Versuche. So demonstriere diese Strom­übertragung die Gültig­keit der PT-Symmetrie in einem makro­skopischen Modell. Zudem verein­fachten Fan und Kollegen den Aufbau von schnur­losen Lade­geräten, indem sie eine sonst fein zu justierende Radiowellen­quelle gegen einen Spannungs­verstärker austauschten. Besonders für das Aufladen elek­tronischer, medi­zinischer Implantate oder für Elektro­autos sieht Lerosey ein großes Anwendungs­potenzial.

Bis diese bereits zum Patent ange­meldete Techno­logie das schnurlose Aufladen revolu­tionieren könnte, müssen aber noch einige Hürden über­wunden werden. So wurde der Abstand der Spulen bisher nur entlang einer festen Achse verändert und die konstante Übertragungs­effizienz müsste noch bei ver­änderten Winkeln zwischen den Spulen gezeigt werden. Ob die Selbst­regelung von Spannungs­verstärkern auch bei sich sehr schnell ändernden Abständen funk­tioniert – essentiell für das Aufladen fahrender Elektro­autos –, ist bisher noch nicht absehbar. Und schließ­lich gilt es, die Übertragungs­leistung noch um mehrere Größen­ordnungen bis in den Kilowatt­bereich zu steigern.

Jan Oliver Löfken

JOL

Sonderhefte

Physics' Best und Best of
Sonderausgaben

Physics' Best und Best of

Die Sonder­ausgaben präsentieren kompakt und übersichtlich neue Produkt­informationen und ihre Anwendungen und bieten für Nutzer wie Unternehmen ein zusätzliches Forum.

Veranstaltung

Spektral vernetzt zur Quantum Photonics in Erfurt

Spektral vernetzt zur Quantum Photonics in Erfurt

Die neue Kongressmesse für Quanten- und Photonik-Technologien bringt vom 13. bis 14. Mai 2025 internationale Spitzenforschung, Industrieakteure und Entscheidungsträger in der Messe Erfurt zusammen

Meist gelesen

Themen