24.09.2012

Schwarzes Loch verrät seine Vorgeschichte

Verschmelzen zwei Schwarze Löcher zu einem, so geben die von ihm abgestrahlten Gravitationswellen Auskunft über seine beiden Vorgänger.

Kommt man einem Schwarzen Loch zu nahe, so gibt es kein Entrinnen mehr, nicht einmal für das Licht. Die von einem Schwarzen Loch abgegebenen Gravitationswellen ermöglichen dennoch einen Blick auf dieses „unsichtbare“ Objekt. Die Wellen verraten sogar etwas über seine Vorgeschichte, wie Forscher von der Cardiff University jetzt mit aufwendigen Computerberechnungen herausgefunden haben.

Abb.: Wenn zwei Schwarze Löcher verschmelzen, setzen sie eine enorme Energiemenge in Form von Gravitationswellen frei. (Bild: B. Brügmann, U. Jena)

Wenn ein Schwarzes Loch Materie verschluckt oder mit einem anderen Schwarzen Loch kollidiert, wird es zu Schwingungen angeregt, die allerdings schnell wieder abklingen. Dabei erreicht es schließlich einen Zustand, der durch seine Masse und seinen Drehimpuls eindeutig beschrieben wird. Bei diesem Abklingen werden Gravitationswellen abgestrahlt, die als Kräuselung des Raum-Zeit-Kontinuums mit Lichtgeschwindigkeit das Weite suchen.

Mit Gravitationswellenantennen wie Geo-600 oder dem geplanten Einstein Telescope hofft man, die von Schwarzen Löchern abgegebenen Wellen nachweisen und in ihre verschiedenen Schwingungsmoden zerlegen zu können. Exakte Berechnungen hatten gezeigt, dass die Abklingzeiten dieser Moden eindeutig durch die Masse und den Drehimpuls des Schwarzen Loches bestimmt sind. Informationen über seine Vorgeschichte lassen sich aus den Abklingzeiten nicht erhalten.

Verschmelzen zwei Schwarze Löcher zu einem, so sind dessen Schwingungen besonders heftig. Bangalore Sathyaprakash und seine Kollegen in Cardiff haben solche Kollisionen mit einem speziellen Computercluster simuliert und die entstehenden Gravitationswellen analysiert. Bei den Simulationen wählten sie verschiedene Verhältnisse für die Massen und für die Drehimpulse der beiden kollidierenden Objekte. Außerdem nahmen sie an, dass die Drehimpulse entweder konstant waren oder präzedieren konnten. Es wurden insgesamt 40 verschiedene Fälle untersucht.

Die Forscher stellten fest, dass die nach der Verschmelzung der beiden Schwarzen Löcher abgegebenen Gravitationswellen wertvolle Informationen über den Zustand dieser beiden Objekte vor ihrer Kollision enthielten. Aus den Größenverhältnissen, die die abklingenden Amplituden der Gravitationswellenmoden zeigten, ließen sich die Massen und die Drehimpulse der beiden Objekte ermitteln. Das bei der Kollision entstehende Schwarze Loch enthielt also Hinweise auf seine beiden Vorgänger. Wie sich dieses bemerkenswerte „Gedächtnis“ eines Schwarzen Loches physikalisch erklären lässt, ist noch unklar.

Gelingt es, mit einer Gravitationswellenantenne die vor und nach der Verschmelzung zweier Schwarzer Löcher abgestrahlten Wellen aufzufangen und zu analysieren, so könnte man Einsteins Gravitationstheorie einem strengen Test für starke Gravitationsfelder unterziehen. Wenn die beiden Schwarzen Löcher vor ihrer Kollision einander auf immer engeren Bahnen umkreisen, geben sie Gravitationswellen ab, aus denen man ebenfalls ihre Massen und ihre Drehimpulse ermitteln kann. Sie sollten natürlich mit den Massen und Drehimpulsen übereinstimmen, die sich aus dennach der Verschmelzung abgegebenen  Gravitationswellen ergeben.

Rainer Scharf

OD

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