Schwebender Staub
Geladene Mikropartikel entmischen sich in Schwerelosigkeit schon bei leichten Ladungsdifferenzen.
Mikropartikel in Plasmen entmischen sich bereits bei allerkleinsten Ladungsunterschieden. Das konnten Physiker der Ernst-
Abb.: Carsten Killer verfolgt die Entmischung der Mikropartikel am Bildschirm während einer Parabel und kontrolliert den Verlauf des Experiments. (Bild: T. Bockwoldt)
Aus der Alltagserfahrung wissen wir, dass sich Wasser und Öl nicht vermischen. In ähnlicher Weise tendieren Systeme aus zwei Sorten geladener Partikel dann zur Entmischung, wenn der Ladungsunterschied zwischen beiden Sorten eine bestimmte Größe überschreitet. Die Wissenschaftler wollten die Frage klären, wie solche Entmischungsvorgänge auf mikroskopischer Ebene ablaufen.
Carsten Killer, Michael Himpel und André Melzer aus dem Institut für Physik der Universität Greifswald haben zusammen mit Tim Bockwoldt, Stefan Schütt und Alexander Piel von der Universität Kiel Experimente auf Parabelflügen durchgeführt, bei denen „binäre“ Mischungen aus zwei unterschiedlich großen Partikelsorten untersucht werden. Während der Schwerelosigkeitsphase werden diese „Staubteilchen“ in eine Plasmaumgebung eingebracht, wo sie eine dichte Wolke bilden.
Im Plasma erhalten die beiden Partikelsorten entsprechend ihres Größenunterschieds eine leicht unterschiedliche elektrische Ladung. Bereits Ladungsdifferenzen von weniger als drei Prozent führten zu einer unerwarteten räumlichen Trennung der beiden Sorten innerhalb der Wolke – etwa wie bei Wasser und Öl. Das Besondere an diesem Experiment ist eine neuartige Methode, die es ermöglicht, den Entmischungsprozess auf der Ebene einzelner Partikel zu beobachten. Da die Mikropartikel mit herkömmlichen Messtechniken nicht zu unterscheiden sind, markierten die Forscher eine Sorte mit Fluoreszenzfarbstoffen, die sich unter Laserbeleuchtung von der unmarkierten Partikelsorte optisch abheben.
Während unter normalen Schwerkraftbedingungen eine Entmischung der zwei Staubsorten aufgrund der unterschiedlichen Gravitationskräfte zu erwarten ist, war die Beobachtung der Trennung unter Schwerelosigkeit überraschend, sagt Carsten Killer: „Wir haben herausgefunden, dass die durch das Plasma hervorgerufenen, elektrostatischen Kräfte für die Entmischung verantwortlich sind.“
Die Entmischung von geladenen Partikeln ist zum Beispiel bei der Herstellung von Metalllegierungen und auch in der Biologie (Mikrofluidik) relevant, wo mikroskopische Objekte wie Zellen oder Viren für diagnostische Zwecke ver- oder entmischt werden können. „Die hier untersuchten partikelhaltigen Plasmen bilden ein hervorragendes Modellsystem, um die Dynamik geladener Partikel auf mikroskopischer Ebene zu untersuchen. Das könnte industrielle und biotechnologische Prozesse zukünftig verbessern“, ordnet Tim Bockwoldt die Forschungsergebnisse ein.
U. Greifswald / DE