Schwingungen im Nanokristall sichtbar gemacht
Oberflächenmoden mit atomarer Genauigkeit vermessen.
Forscher aus den USA und aus Österreich haben erstmals mechanische Schwingungsmoden von nanometergroßen Kristallen mit atomarer Auflösung untersucht und dabei einige Besonderheiten beobachtet. Nanokristalle unterscheiden sich in ihren physikalischen Eigenschaften bisweilen deutlich von makroskopischen Festkörpern, die aus demselben Material bestehen. Diese Unterschiede kann man zum Beispiel in der Nanooptik oder bei der Kontrolle von Wärmeströmungen in Nanostrukturen nutzen.
Abb.: Mit der orts- und energieauflösenden Elektronenstreuung (STEM EELS) wurden oberflächennahe Schwingungszustände eines 100 Nanometer großen Kristallwürfels sichtbar gemacht. Die gestrichelte Linie kennzeichnet jeweils den Rand des Kristalls. (Bild: M. J. Lagos et al.)
In metallischen Nanostrukturen können die Plasmaschwingungen der oberflächennahen Leitungselektronen mit den Lichtquanten, die sich parallel zur Metalloberfläche bewegen. Dabei entstehen Oberflächen-
Oberflächennahe Ladungsschwingungen, die an elektromagnetische Wellen koppeln, gibt es auch in Ionenkristallen. Ihre Quanten, die Phononen, schließen sich mit den Photonen zu Oberflächen-
Doch eine elektronenmikroskopische Untersuchungsmethode, die Maureen Lagos von der Rutgers University und ihre Kollegen weiterentwickelt haben, könnte das ändern. Man bezeichnet sie als STEM EELS (Scanning Transmission Electron Microscope Electron Energy Loss Spectroscopy). Die Forscher haben dazu einzelne kristalline Würfel aus Magnesiumoxid, die eine Kantenlänge von 30 bis 500 Nanometern hatten, mit einem extrem scharf gebündelten monoenergetischen Elektronenstrahl abgerastert, wobei sie eine Ortsauflösung von 0,2 Nanometern erreichten.
Die Elektronen, die durch den Nanokristall flogen oder ihn in geringem Abstand passierten, wechselwirkten mit den Gitterschwingungen im Kristallinnern bzw. in der Kristalloberfläche. Dabei wurden sie inelastisch gestreut und verloren so viel Energie, wie zur Anregung eines entsprechenden Phonons nötig war. Aus der Analyse der Energieverteilung der gestreuten Elektronen ließ sich entnehmen, wie stark Phononen einer bestimmten Energie angeregt worden waren. Die dabei erreichte Energieauflösung betrug 10 meV.
Auf diese Weise ergab sich ortsaufgelöst für das Kristallinnere bzw. für die Kristalloberfläche das Spektrum der Gitterschwingungen. Es zeigte sich, dass im Innern des Nanokristalls verschiedene Phononen mit Energien von 40 meV bis 88 meV angeregt wurden, und zwar unabhängig davon, wo die Elektronen den Kristall durchquert hatten.
Sobald sich der Elektronenstrahl jedoch dem Rand des Kristalls näherte, änderte sich das Bild. Jetzt wurden kaum noch Phononen im Kristallinnern angeregt. Stattdessen kamen nun solche Phononen zum Zuge, die in der Kristalloberfläche lokalisiert waren. Diese Oberflächenphononen wurden gezielt angeregt, wenn der Elektronenstrahl am Kristall in einem geringen Abstand von fünf Nanometern parallel zur Kristalloberfläche vorbei lief.
Bei einer Energie von 69 meV wurden solche Phononen angeregt, deren Schwingungsmoden nahe der Kristallecken lokalisiert waren, während bei 77 meV Phononen auftraten, deren Moden jeweils im Zentrum einer Kristallfläche saßen (s. Abb.). Diese Moden drangen nur etwa 15 Nanometer tief in den Kristall ein. Dank der hohen Ortsauflösung des Verfahrend ließ sich das deutlich erkennen. Computersimulationen bestätigten diese Ergebnisse.
Die streifend am Kristall vorbeifliegenden Elektronen regten zudem Oberflächen-
Indem die Forscher mehrere Nanokristalle unterschiedlicher Größe mit ihrem Verfahren untersuchten, konnten sie zeigen, dass bei kleineren Würfeln mit weniger als 50 Nanometer Kantenlänge deutlich weniger Oberflächenmoden angeregt wurden. Zudem war die räumliche Intensitätsverteilung der Oberflächen- und der Eckenmoden viel gleichförmiger als bei den größeren Nanokristallen.
Mit ihrem Verfahren können die Forscher detailliert untersuchen, wie Phononen mit anderen Phononen, mit Plasmonen oder mit Photonen sowohl innerhalb als auch außerhalb einer Nanostruktur wechselwirken. Dadurch könnte man zum Beispiel den Energietransport auf der Nanometerskala untersuchen und vielleicht auch steuern. Außerdem eröffnen sich neue Möglichkeiten für die Photonik.
Rainer Scharf
Weitere Infos
Weitere Beiträge
DE