Selbstabbildung eines Moleküls durch seine eigenen Elektronen
Vermessung der Atombewegungen während einer molekularen Vibration gelungen.
Eines der langfristigen Ziele der Forschung zu lichtinduzierter Dynamik von Molekülen ist die direkte und eindeutige Beobachtung von zeitabhängigen Änderungen der molekularen Struktur, die aus der Absorption von Licht resultiert. Zu diesem Zweck haben Forscher eine Vielfalt von Methoden entwickelt. Eine sehr vielversprechende Methode ist die Nutzung von Beugungserscheinungen von Photonen oder Elektronen zur Kodierung der Abstände zwischen den individuellen Atomen, die zusammen ein Molekül formen.
Einem Team unter der Leitung von Arnaud Rouzée vom Max-Born-Institut für nichtlineare Optik und Kurzzeitspektroskopie in Berlin ist es jetzt gelungen, hochauflösende Filme von molekularer Dynamik aufzunehmen, indem die Forscher Elektronen aus den abzubildenden Molekülen durch Starkfeldionisation benutzt haben. Nach der Starkfeldionisation werden die freien Elektronen durch das Laserfeld vom Molekül wegbeschleunigt. Da das Laserfeld oszilliert, wird das Elektron im folgenden Halbzyklus des Feldes zum ursprünglichen Molekül zurückbeschleunigt. Dieser Vorgang ermöglicht den Rekollisionsprozess. Hier kann das zurückkehrende Elektron entweder mit dem Ursprungsmolekül rekombinieren und ein hochenergetisches Photon erzeugen oder das Elektron streut am Ursprungsmolekül.
Für bestimmte Energiebereiche kann das Elektron auch transient in einer Zentrifugalpotenzialbarriere eingefangen werden. Dieser Prozess ist schon bekannt aus der Elektronenstreuung und aus Photoionisationsexperimenten und als „Shape-Resonanz“ bezeichnet. Ein deutliches Zeichen für eine solche Shape-Resonanz ist eine starke Erhöhung des Streuquerschnitts. Wie die Bezeichnung „Shape-Resonanz“ impliziert, hängt die Elektronenenergie, bei der eine solche Resonanz erfolgt, sehr empfindlich von der Form des molekularen Potenzials und somit auch von der Form des Moleküls ab. Daher können Shape-Resonanzen dazu benutzt werden, Moleküle bei ultraschnellen Strukturänderungen zu filmen.
Um diesen Effekt zu testen, hat das Team einen Film der molekularen Vibrationsdynamik von lichtangeregten Iod-Molekülen aufgenommen. Ein erster Laserpuls mit einer Wellenlänge im sichtbaren Spektralbereich wurde benutzt, um ein Vibrationswellenpaket im elektronischen B-Zustand des I2-Moleküls zu erzeugen. Auf diesen Anregungs-Laserpuls folgte in wohldefiniertem Zeitabstand ein sehr intensiver zweiter Abfrage-Laserpuls, dessen Wellenlänge im infraroten Spektralbereich liegt. Die durch diesen starken zweiten Laserpuls erzeugten Elektronenimpulsverteilungen wurden bei verschiedenen Zeitabständen zum ersten Laserpuls gemessen.
Die verschiedenen Zeitabstände entsprechen hier verschiedenen Bindungsabständen der beiden Iod-Atome. Es wurde eine starke Variation der laserinduzierten Streuquerschnitte in Abhängigkeit des Zeitabstandes der beiden Laserpulse gemessen. Diese Variation konnte eindeutig auf eine Änderung der energetischen Lage der Shape-Resonanz, die durch die Bewegung des Vibrationswellenpakets verursacht wird, zurückgeführt werden. Durch diese Arbeiten wurde der Grundstein zur weiteren Untersuchung von lichtinduzierter Molekulardynamik mit gleichzeitiger hoher zeitlicher und räumlicher Auflösung gelegt.
FV Berlin / RK