29.09.2020 • Atome und Moleküle

Selbstabbildung eines Moleküls durch seine eigenen Elektronen

Vermessung der Atombewegungen während einer molekularen Vibration gelungen.

Eines der lang­fristigen Ziele der Forschung zu licht­indu­zierter Dynamik von Mole­külen ist die direkte und ein­deutige Beob­achtung von zeit­ab­hängigen Änderungen der moleku­laren Struktur, die aus der Absorption von Licht resultiert. Zu diesem Zweck haben Forscher eine Vielfalt von Methoden entwickelt. Eine sehr viel­ver­sprechende Methode ist die Nutzung von Beugungs­erscheinungen von Photonen oder Elektronen zur Kodierung der Abstände zwischen den indivi­du­ellen Atomen, die zusammen ein Molekül formen.

Abb.: Unter­schied zwischen dem Elek­tronen­streu­quer­schnitt, gemessen...
Abb.: Unter­schied zwischen dem Elek­tronen­streu­quer­schnitt, gemessen (a), und berechnet (b). Die tran­sienten Ände­rungen in den Atom­ab­ständen inner­halb des Mole­küls werden durch die ge­mes­senen Elek­tronen­streu­quer­schnitte ab­ge­bildet. (Bild: MBI)

Einem Team unter der Leitung von Arnaud Rouzée vom Max-Born-Institut für nicht­lineare Optik und Kurz­zeit­spektro­skopie in Berlin ist es jetzt gelungen, hoch­auf­lösende Filme von molekularer Dynamik aufzu­nehmen, indem die Forscher Elektronen aus den abzu­bildenden Molekülen durch Stark­feld­ioni­sation benutzt haben. Nach der Stark­feld­ioni­sation werden die freien Elektronen durch das Laser­feld vom Molekül weg­beschleunigt. Da das Laser­feld oszilliert, wird das Elektron im folgenden Halb­zyklus des Feldes zum ursprüng­lichen Molekül zurück­beschleunigt. Dieser Vorgang ermöglicht den Rekolli­sions­prozess. Hier kann das zurück­kehrende Elektron entweder mit dem Ursprungs­molekül rekombi­nieren und ein hoch­energe­tisches Photon erzeugen oder das Elektron streut am Ursprungs­molekül.

Für bestimmte Energie­bereiche kann das Elektron auch transient in einer Zentrifugal­potenzial­barriere einge­fangen werden. Dieser Prozess ist schon bekannt aus der Elektronen­streuung und aus Photo­ioni­sa­tions­experi­menten und als „Shape-Resonanz“ bezeichnet. Ein deut­liches Zeichen für eine solche Shape-Resonanz ist eine starke Erhöhung des Streu­quer­schnitts. Wie die Bezeichnung „Shape-Resonanz“ impliziert, hängt die Elektron­enenergie, bei der eine solche Resonanz erfolgt, sehr empfind­lich von der Form des molekularen Potenzials und somit auch von der Form des Moleküls ab. Daher können Shape-Resonanzen dazu benutzt werden, Moleküle bei ultra­schnellen Struktur­änderungen zu filmen.

Um diesen Effekt zu testen, hat das Team einen Film der mole­kularen Vibrations­dynamik von licht­ange­regten Iod-Molekülen aufge­nommen. Ein erster Laserpuls mit einer Wellen­länge im sicht­baren Spektral­bereich wurde benutzt, um ein Vibrations­wellen­paket im elektro­nischen B-Zustand des I2-Moleküls zu erzeugen. Auf diesen Anregungs-Laserpuls folgte in wohl­defi­niertem Zeit­abstand ein sehr intensiver zweiter Abfrage-Laserpuls, dessen Wellen­länge im infra­roten Spektral­bereich liegt. Die durch diesen starken zweiten Laser­puls erzeugten Elektronen­impuls­ver­teilungen wurden bei verschiedenen Zeit­abständen zum ersten Laser­puls gemessen.

Die verschiedenen Zeit­ab­stände entsprechen hier verschiedenen Bindungs­abständen der beiden Iod-Atome. Es wurde eine starke Variation der laser­induz­ierten Streu­quer­schnitte in Abhängig­keit des Zeitabstandes der beiden Laserpulse gemessen. Diese Variation konnte eindeutig auf eine Änderung der energe­tischen Lage der Shape-Resonanz, die durch die Bewegung des Vibra­tions­wellen­pakets verursacht wird, zurück­geführt werden. Durch diese Arbeiten wurde der Grund­stein zur weiteren Unter­suchung von licht­indu­zierter Molekular­dynamik mit gleich­zeitiger hoher zeit­licher und räum­licher Auflösung gelegt.

FV Berlin / RK

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