22.06.2018

Sensoren aus dem Drucker

Per Tintenstrahl aufgedruckte Mikroelektroden-Arrays haften auf Gelatine.

Mit Mikro­elektroden können elektrische Signale direkt am Gehirn oder Herz gemessen werden. Für solche Anwen­dungen werden jedoch weiche Materialien benötigt, auf denen die Elektroden bislang nur mit großem Aufwand angebracht werden konnten. Einem Team der Tech­nischen Univer­sität München TUM und des Forschungs­zentrums Jülich ist es jetzt gelungen, sie direkt auf verschiedene weiche Ober­flächen zu drucken.

Abb.: Mikroelektroden-Arrays wurden auf verschiedene weiche Oberflächen wie auch auf Gelatine in Form von Gummibärchen gedruckt. (Bild: N. Adly, TUM)

Mit vereinten Kräften ist es einem Team gelungen, ein Gummi­bärchen zu bedrucken. Was zunächst bestenfalls nach einer Spielerei klingt, könnte die medi­zinische Diagnostik verändern. Zum einen haben die Wissen­schaftler um Bernhard Wolfrum kein Bild oder einen Schriftzug gedruckt, sondern ein Mikro­elektroden-Array. Diese Bauteile bestehen aus einer großen Zahl an Elektroden und können Verän­derungen der elek­trischen Spannung in Zellen messen. Diese treten beispiels­weise bei der Aktivität von Nerven- oder Muskel­zellen auf. Zum anderen haben Gummi­bärchen eine Eigenschaft, die für den Einsatz von Mikro­elektroden-Arrays an lebenden Zellen besonders wichtig sind: Sie sind weich.

Mikro­elektroden-Arrays gibt es schon lange. In ihrer ursprüng­lichen Form bestehen sie aus harten Materialien wie Silizium. Im Kontakt mit lebenden Zellen ergeben sich daraus verschiedene Nachteile. Im Labor verändern sich deshalb Form und Zusammen­schluss der Zellen. Im Körper können sie Entzündungen auslösen und die Funktions­weise von Organen beein­trächtigen. Mit Elektroden-Arrays auf weichen Materialien lassen sich diese Probleme vermeiden. Bislang wird dabei meist auf tradi­tionelle Methoden gesetzt, die relativ langwierig sind und auf kost­spielige Spezial­labore angewiesen sind. „Druckt man die Elektroden statt­dessen, kann man vergleichs­weise schnell und günstig einen Prototyp herstellen und ihn ebenso problemlos überarbeiten“, sagt Bernhard Wolfrum, Professor für Neuro­elektronik an der TUM. „Solch ein „Rapid Proto­typing“ erlaubt ganz neue Arbeits­weisen."

Wolfrum und sein Team nutzen eine Hightech-Variante des Tintenstrahl­druckers. Die Elektroden selbst werden mit kohlenstoff­haltiger Flüssigkeit gedruckt. Damit die Sensoren keine unge­wollten Signale aufzeichnen, wird über die Kohlenstoff­bahnen eine neutrale Schutz­schicht aufgetragen. Das Verfahren erprobten die Forscher an verschiedenen Materialien, darunter das weiche Silikon PDMS (Polydimethyl­siloxan), die häufig in bio­logischen Experi­menten verwendete Substanz Agar und schließlich Gelatine, unter anderem in Form eines geschmolzenen und wieder erstarrten Gummi­bärchens. Jeder dieser Stoffe hat Eigen­schaften, die sich für bestimmte Anwendungen besonders eignen. Beispiels­weise können mit Gelatine beschichtete Implantate, uner­wünschte Reaktionen im Gewebe verringern.

Dass die Sensoren zuver­lässige Werte liefern, konnte das Team durch Experi­mente mit Zell­kulturen nachweisen. Mit einer durch­schnittlichen Breite von dreißig Mikro­metern ermög­lichen sie darüber hinaus Messungen an einzelnen oder wenigen Zellen, was mit etablierten Druck­methoden schwierig zu erreichen ist. „Die Schwierig­keit besteht im Feintuning aller Kompo­nenten – sowohl der technischen Ein­stellungen des Druckers als auch der Zusammen­setzung der Tinte“, sagt Nouran Adly. „Im Fall von PDMS mussten wir beispiels­weise auf einer von uns entwickelte Vorbe­handlung zurück­greifen, damit die Tinte überhaupt auf der Oberfläche hält.“

Gedruckte weiche Mikro­elektroden-Arrays könnten in ver­schiedenen Bereichen zum Einsatz kommen. Sie eignen sich nicht nur für einen Rapid-Proto­typing-Ansatz in der Forschung, sondern könnten auch die Behandlung von Patienten verändern. „In Zukunft könnten ähnliche weiche Strukturen beispiels­weise Nerven- oder Herz­funktion im Körper über­wachen oder sogar als Schritt­macher dienen“, sagt Wolfrum. Derzeit arbeitet er mit seinem Team zum einen daran, auch komplexere, drei­dimensionale Mikro­elektroden-Arrays zu drucken. Zum anderen erforschen sie druckbare Sensoren, die nicht auf Spannungs­schwankungen, sondern selektiv auf chemische Substanzen reagieren.

FZJ / JOL

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