08.03.2007

Silizium aus Kieselalgen

Kristallines Silizium lässt sich bislang nur mit aufwändigen Verfahren bei hohen Temperaturen gewinnen. Wählt man jedoch statt  Quarzsand Kieselalgen als Ausgangsmaterial, geht es auch einfacher.



Kristallines Silizium lässt sich bislang nur mit aufwändigen Verfahren bei hohen Temperaturen gewinnen. Wählt man jedoch statt Quarzsand Kieselalgen als Ausgangsmaterial, geht es auch einfacher.

Atlanta (USA) - Silizium ist mit etwa 15 Prozent eines der häufigsten Elemente auf der Erde. Doch liegt es zumeist in gebundener Form als Siliziumoxid vor. Nur mit aufwändigen Verfahren bei Temperaturen über 2000 Grad Celsius kann die reine, kristalline Form für die Halbleiterindustrie aus Quarzmineralen gewonnen werden. Amerikanische Materialforscher fanden nun einen deutlich kühleren Weg, um aus Kieselalgen mit ihren Hüllen aus Siliziumoxid das begehrte Halbmetall bei nur 650 Grad Celsius zu gewinnen. Wie sie in der Zeitschrift „Nature“ berichten, konnten sie bei der Umwandlung auch die feinen Nanostrukturen der winzigen Organismen erhalten.

„Dieser Prozess ermöglicht die Synthese von mikroporösem, nanokristallinen Silizium mit vielfältigen dreidimensionalen Strukturen“, schreiben Zhihao Bao und seine Kollegen vom Georgia Institute of Technology in Atlanta. Dazu heizten sie die Kieselalgen der Art Aulacoseira für knapp drei Stunden auf etwa 650 Grad Celsius in einer Atmosphäre aus verdampftem Magnesium auf. Bei diesem Prozess reduzierten die Metalldämpfe das Siliziumoxid zu Silizium und Magnesiumoxid entstand. Nach dieser magnesiothermischen Reduktion konnten die Forscher mit Salzsäure das Magnesiumoxid herauslösen, sodass nur noch reines, kristallines Silizium übrig blieb.

Abb.: Diese elektronenmikroskopische Aufnahme, bei der die Sekundär-Elektronen detektiert wurden, zeigt die feine Struktur der Kieselalgenhülle. (Quelle: Zhihao Bao, Georgia Institute of Technology)

Bei diesem Prozess blieb die feine Struktur der Kieselalgenhüllen mit ihren nur wenige Nanometer kleinen Löchern vollständig erhalten (Abb.). In dieser porösen Form sind diese Siliziumstücke für die Chipindustrie nicht geeignet. Sie benötigt Wafer aus massivem Silizium. Zhihao Bao und Kollegen sehen aber gerade wegen dieses filigranen Aufbaus zahlreiche Anwendungen für ihre Halbleiterobjekte mit natürlichem Ursprung. In einem ersten Test bauten sie aus der so genannten umgewandelten Frustel, der Schale der Kieselalge, einen Gassensor für Stickstoffmonoxid auf. Wegen des porösen Aufbaus mit einer relativ großen Oberfläche konnte dieser ein einziges NO-Molekül auf eine Million Teilchen nachweisen (1 ppm).

Nanostrukturiertes Silizium hat im Unterschied zum Festkörper auch interessante photonische Eigenschaften. Nach einer partiellen Oxidation konnten die Forscher einige ihrer Silizium-Frusteln mit ultraviolettem Licht zur Photolumineszenz anregen. Diese Eigenschaft macht den Halbleiter für den Aufbau von nanostrukturierten, lichtaktiven Modulen für eine auf Photonen basierende Datenverarbeitung reizvoll. Bisher werden optisch aktive Siliziumstücke in einigen Laboren mit aufwändigen Nanoprozessen hergestellt. „In Kombination mit anderen Methoden der Selbstorganisation eröffnet dies den Weg zu einer Vielfalt von aufregenden, neuen Fabrikationswegen“, beurteilt David Norris von der University of Minnesota den neuen Prozess in einem begleitenden Kommentar.

Jan Oliver Löfken

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