07.01.2015

Solarthermie 2.0: Gas statt Thermoöl für robustere Kraftwerke

Kohlendioxid als Wärmeträger könnte wartungsarmen Betrieb bei hohen Wirkungsgraden möglich machen.

Mit Wärmespeichern können solarthermische Kraftwerke rund um die Uhr elektrischen Strom liefern. Diesen Vorteil gegenüber der Photovoltaik nutzen zahlreiche Anlagen in Südspanien, Abu Dhabi oder den USA aus. Bislang heizt das konzentrierte Sonnenlicht spezielle Thermoöle auf, doch Wissenschaftler suchen nach Alternativen dazu. So könnte Gas als Trägermedium für die Sonnenwärme robustere und günstigere Solarthermie-Kraftwerke ermöglichen. Ob sich mit dieser Technologie auch wirtschaftliche Wirkungsgrade erzielen lassen, schätzten nun spanische Entwickler von der Universidad Politécnica de Madrid ab.

Abb: Gas oder Dampf statt Öl: Für die Entwicklung neuer Solarthermie-Kraftwerke suchen Wissenschaftler nach Alternativen zu Thermoölen als Wärmeträger. Mit dieser DUKE-Pilotanlage in Südspanien wird die solare Direktverdampfung getestet. (Bild: DLR)

Die Arbeitsgruppe um Javier Muñoz-Antón wählte für ihre theoretische Analyse Kohlendioxid als Wärmeträger wegen seiner kritischen Temperatur bei 31 Grad Celsius, die nahe bei der Umgebungstemperatur liegt. Dieses Gas ließe sich mit einer kleinen Solarturm-Anlage oder lichtbündelnden Fresnel-Linsen auf etwa 500 Grad Celsius aufheizen. Ohne Wärmetauscher könnte es direkt auf eine optimierte Turbine geleitet werden, mit der sich über einen Generator schließlich Strom erzeugen ließe.

Grundlage dieses Solarkraftwerks ist der Joule-Kreisprozess, der die Umwandlung von Wärme in Kraft über vier Prozess-Schritte ermöglicht: isentrope Kompression (konstante Entropie), isobare Wärmezufuhr (konstanter Druck), isentrope Expansion und isobare Wärmeableitung. Über zahlreiche Berechnungen fanden Muñoz-Antón und Kollegen einen viel versprechenden Arbeitsbereich für Kohlendioxid, mit dem sich – zumindest theoretisch – ein Wirkungsgrad von 33,3 Prozent erreichen ließe.

Eine große Herausforderung eines Solarthermie-Kraftwerks mit gasförmigem Wärmeträger ist ein hoher Massendurchsatz. Ist der Massenstrom zu gering, wird wegen der geringen Wärmekapazität von Kohlendioxid eine wirtschaftliche Stromerzeugung nicht möglich. Daher sollte im Gaskreislauf beim Übergang zur Turbine ein Druck von 100 Bar bei einer Temperatur von 500 Grad Celsius erreicht werden. Das Gas sollte darauf mit nur noch 50 Bar aus der Turbine ausströmen und am kältesten Punkt des Kreisprozesses 45 Grad Celsius nicht übersteigen. Der nun vorgeschlagene Joule-Kreisprozess läuft daher in der Nähe des kritischen Punkts von Kohlendioxid, ab dem nicht mehr zwischen den beiden Aggregatzuständen “flüssig“ und “gasförmig” unterschieden werden kann.

Für die Entwicklung einer optimierten Turbine erwarten die Forscher, auf die Erfahrungen der Luftfahrtindustrie zurückgreifen zu können. Denn Jet-Turbinen wandeln Wärme in Kraft ebenfalls über einen Joule-Kreisprozess um. Zudem wird Kohlendioxid bereits in kerntechnischen Anlagen als Kühlmedium eingesetzt, wodurch viel Know-how bei der technischen Umsetzung von entsprechenden Gas-Kreisläufen verfügbar ist. So halten es Muñoz-Antón und Kollegen für lohnenswert, Kohlendioxid als Wärmeträger weiter zu erforschen und möglichst in einer Pilotanlage zu testen. Bei vergleichbaren Wirkungsgraden erwarten sie, dass solche Kraftwerke weniger Wartungsaufwand erfordern und zudem deutlich schneller nach dem Sonnenaufgang Strom erzeugen als herkömmliche Solarthermie-Kraftwerke mit erhitztem Thermoöl, die etwa eine halbe Stunde Anlaufzeit benötigen.

„Der Vorteil des schnellen Anfahrens könnte am ehesten für kleinere Anlagen interessant werden“, sagt Klaus Hennecke vom Institut für Solarforschung der DLR. Mit diesen ließen sich störende Druckverluste oder mögliche Gaslecks wahrscheinlich leichter vermeiden. Selbst arbeitet das DLR jedoch nicht an Kohlendioxid als Wärmeträger. Doch Alternativen zum konventionellen Thermoöl haben auch Hennecke und Kollegen im Blick, um wirtschaftlichere Kraftwerke mit höheren Wirkungsgraden zu entwickeln.

Für höhere Wirkungsgrade mit Temperaturen ab etwa 500 Grad Celsius arbeiten die DLR-Wissenschaftler an flüssigen Salzen. Diese werden heute in solarthermischen Kraftwerken als Wärmespeicher für die dunklen Nachstunden verwendet. Doch können diese flüssigen Salze auch durch das gesamte System zirkulieren und als Wärmeträger die Energie des konzentrierten Sonnenlichts aufnehmen. Ein zusätzlicher Wärmetauscher zwischen Öl und Salz würde damit überflüssig werden. Dieser Ansatz könnte schon bald mit einem Projekt, dessen Bewilligung noch aussteht, weiter verfolgt werden.

Eine weitere Alternative bietet die solare Direktverdampfung, die das DLR mit dem Projekt DUKE verfolgt. Statt Thermoöl wird Wasser eingespeist. Mit Hilfe des konzentrierten Sonnenlichts entsteht ein überhitzter Dampf mit der gewünschten Temperatur. Im Vergleich zu den Thermoöl-Konzepten entfallen viele Rohrleitungen und Tanks, wodurch sich die Investitionskosten senken lassen. Gleichzeitig könnte die Effizienz des Solarfeldes noch einmal gesteigert werden. Welche Technologie in Zukunft neue Impulse für die Solarthermie liefern und sich durchsetzen wird, lässt sich heute noch nicht absehen.

Jan Oliver Löfken

RK

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