21.08.2009

Solarturmkraftwerk Jülich am Start

Die Forschungsanlage ist offiziell an den Betreiber übergeben.


Die Forschungsanlage ist offiziell an den Betreiber übergeben.

In Jülich bei Aachen ist am Donnerstag ein bisher einmaliges Sonnenkraftwerk eröffnet worden. Das Besondere daran ist, dass viele hundert Spiegel auf dem Boden so ausgerichtet werden, dass das Sonnenlicht auf die Spitze eines Solarturms reflektiert wird. Durch diese Lichtkonzentration wird ein höherer Wirkungsgrad bei der Stromerzeugung erzielt. Das Kraftwerk könnte nach Angaben der Stadtwerke Jülich 350 Haushalte mit Strom versorgen. Es hat 22 Millionen Euro gekostet.


 

Abb.: Solarturmkraftwerk Jülich: viele hundert Spiegel sind auf dem Boden so ausgerichtet werden, dass das Sonnenlicht auf die Spitze eines Solarturms reflektiert wird. (Bild: DLR)

«Der Jülicher Solarturm ist ein Meilenstein auf dem Weg zur weltweiten Markteinführung der hier betriebenen Technologie«, sagte Bundesumweltminister Sigmar Gabriel. Er gab den Startschuss für die neue Anlage mit einer Leistung von 1,5 Megawatt, die er als «Tor zur Zukunft der regenerativen Energien» bezeichnete.

Auf einer Fläche von knapp elf Fußballfeldern (acht Hektar) sind 2153 bewegliche Spiegel aufgestellt, die dem Lauf der Sonne folgen. Das Licht von diesen zusammen fast 18 000 Quadratmetern Spiegelfläche wird auf einen rund 22 Quadratmeter großen Empfänger konzentriert, der an der Spitze eines 60 Meter hohen Turms sitzt. Der vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt entwickelte Receiver besteht aus porösen keramischen Elementen, die von angesaugter Umgebungsluft durchströmt werden. Die Luft heizt sich dabei auf etwa 700 Grad Celsius auf und gibt die Wärme anschließend in einem Abhitzekessel an den Wasser-Dampfkreislauf ab. Der dort erzeugte Dampf treibt eine Turbine an, die über einen Generator Strom produziert.

Abb.: Heliostatenfeld: Über 2000 bewegliche Spiegel (Bild: DLR)

In die Anlage integriert ist ein Wärmespeicher, der sich über zwei Stockwerke des Turmes ausdehnt. In diesem Wärmespeicher befinden sich keramische Füllkörper, die von Heißluft durchströmt und dadurch erhitzt werden können. Beim Entladen verläuft der Prozess umgekehrt, der Wärmespeicher gibt seine Energie wieder ab, so dass auch während Wolkendurchzügen Strom produziert werden kann.

Im Turm des Solarkraftwerkes wird das DLR mit seinen Partnern in einem Stockwerk auf etwa halber Turmhöhe eine Forschungsplattform einrichten. Hinter einer drei mal sieben Meter großen Öffnung, auf die sich die Heliostate des Kraftwerks ausrichten lassen, können die Forscher Experimente aufbauen. Geplant sind hier unter anderem Tests für neue Receiver und Experimente zur thermochemischen Herstellung von Wasserstoff durch Sonnenenergie.

Abb.: Turm des solarthermischen Kraftwerks in Jülich (Bild: DLR)

Das Kraftwerk dient als Referenz für zukünftige kommerzielle Kraftwerke in Südeuropa und Nordafrika, die auch beim Wüstenstromprojekt Desertec eine tragende Rolle spielen. Die hier betriebene solarthermische Stromerzeugung leiste einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz, betonte Ulf Kamburg, Geschäftsführer der Stadtwerke Jülich, Betreiber des neuen 23 Millionen Euro teuren Kraftwerks. Das innovative Kraftwerkskonzept ist vor allem für den Einsatz in Wüstengebieten geeignet. Passend hierzu unterzeichnete ein Vertreter des algerischen Forschungsministeriums den Auftrag für eine Machbarkeitsstudie zur Errichtung eines Kraftwerks im nordafrikanischen Land nach Jülicher Vorbild, die mehr als doppelt so groß sein soll.

Mit dem Solarkraftwerk in Jülich sei erstmals die in Deutschland entwickelte Technik des Solarturmkraftwerks als Komplettsystem aufgebaut worden, betonte das DLR. «Die neue Anlage eröffnet die einmalige Chance, durch Erfahrungen in der Praxis die Technologie zur endgültigen Marktreife weiterzuentwickeln», sagte der Leiter des DLR- Instituts für Technische Thermodynamik, Hans Müller-Steinhagen. «Natürlich scheint in Jülich die Sonne nicht so oft wie in Nordafrika, aber bei einem Versuchskraftwerk, in dem die Technologie weiterentwickelt werden soll, ist die gute Anbindung an die Forschungsinstitute wichtiger als der Dauerbetrieb.»

dpa/DLR/KP


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