26.10.2018

Sonne brennt stabil seit 100.000 Jahren

Neutrino-Messungen durch Borexino weisen zugleich auf unerwartete hohe Metallizität hin.

Etwa 99 Prozent der Sonnenenergie entstammen dem Standard-Sonnen­modell zufolge einer Abfolge von Fusions­prozessen, bei der Wasser­stoff zu Helium wird. Sie startet mit der Verschmelzung zweier Protonen zu einem schweren Wasserstoffkern, daher auch pp-Kette genannt. Bei einigen dieser Prozesse werden auch Neutrinos charakter­istischer Energien freigesetzt, so dass sich der Verlauf der pp-Kette genau rekonstruieren lässt.

Abb.: Neutrinos geben Aufschluss über die inneren Vorgänge der Sonne. (Bild: NASA / SDO)

Das Experiment Borexino, tief unter den Bergen des italienischen Gran-Sasso-Massivs, ist seit 2007 in Betrieb und darauf spezialisiert, diese solaren Neutrinos zu detektieren. Nun legen die Wissen­schaftler erstmals eine Gesamt­untersuchung der Fusions­vorgänge der pp-Kette mittels Neutrinos vor. Sie bestimmten dabei die Wechsel­wirkungs­raten der einzelnen Prozesse mit bisher nicht erreichter Präzision. In Deutschland sind neben der TU München das Institut für Kernphysik des Forschungszentrums Jülich, das Institut für Experimentalphysik der Universität Hamburg, die RWTH Aachen, die Johannes-Gutenberg-Universität Mainz und die Physik-Fakultät der Technischen Universität Dresden beteiligt.

„Die Ergebnisse bestätigen insgesamt unsere theoretischen Vorstellungen von den Vor­gängen im Inneren der Sonne“, sagt Stefan Schönert, Professor für Astro­teilchen­physik und Co-Sprecher des Sonder­forschungs­bereichs 1258 an der TU München und Mitglied des neuen Origins-Clusters.

Das Borexino-Team berechnete auch die Energie­produktions­rate der Sonne und verglich diese mit der Abschätzung auf Basis ihrer elektro­magnetischen Strahlung. Beide Werte stimmen sehr gut überein. Dies zeigt, dass die Sonnen­tätig­keit seit mindestens hundert­tausend Jahren unverändert ist, denn das Sonnen­licht braucht etwa diese Zeit­spanne, um die Energie­produktions­zone im Sonnen­inneren zu verlassen, während Neutrinos bereits nach acht Minuten die Erde erreichen.

Die Borexino-Ergebnisse geben auch einen interessanten Hinweis auf ein bisher nicht gelöstes Sonnen­rätsel: Wie hoch ist Konzentration an Kernen schwerer als Wasser­stoff und Helium, also die Metallizität? Je höher, desto mehr Licht wird absorbiert. Das hat Einfluss auf Temperatur, Größe, Hellig­keit und Lebens­dauer der Sonne.

Die Sonne gilt bisher als ein Stern mit niedriger Metallizität. „Unsere Ergebnisse deuten nun auf ein Temperatur­profil hin, welches eher auf eine hohe Konzentration hinweist“, fasst Lothar Oberauer von der TU München, eines der Gründungs­mitglieder des Borexino-Experiments, die Ergebnisse zusammen.

TU München / DE

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