Sonneneinstrahlung beeinflusste Klimadynamik von Eiszeiten
Stalagmiten liefern Informationen zu Übergängen von Warm-Kalt-Zyklen in der vorletzten Eiszeit.
Die Stärke der Sonneneinstrahlung im Sommer beeinflusste in vergangenen Eiszeiten das Auftreten von Warm- und Kaltperioden und spielte eine wichtige Rolle beim Auslösen abrupter Klimaänderungen. Darauf deutet eine Studie von Klimaforschern, Geowissenschaftlern und Umweltphysikern hin. Anhand von Stalagmiten in den europäischen Alpen konnten sie aufzeigen, dass Warmphasen vor allem dann auftraten, wenn die sommerliche Sonneneinstrahlung auf der nördlichen Hemisphäre Maxima erreichte.
Vergangene Eiszeiten auf der Nordhemisphäre waren von plötzlichen Übergängen zwischen kalten und warmen Phasen geprägt, die jeweils mehrere tausend Jahre andauerten. Der Grund für diese Schwankungen ist nicht abschließend geklärt, wird in der Wissenschaft jedoch auf Effekte zurückgeführt, die mit der Größe der kontinentalen Eisschilde zusammenhängen. In grönländischem Eis sind 25 solcher Warm-Kalt-Zyklen zwischen 115.400 und 14.700 Jahren vor heutiger Zeit dokumentiert. Anhand von Stalagmiten aus dem Melchsee-Frutt-Höhlensystem in den Schweizer Alpen konnten die Forscher erstmals 16 solcher Schwankungen für die Zeit der vorletzten Eiszeit vor 185.000 bis 130.000 Jahren mit hoher Präzision untersuchen.
Tropfsteine in Höhlen gehören zu den wesentlichen Archiven der Klimaforschung, geben sie doch Hinweise auf Veränderungen der Temperatur, auf Niederschläge oder die Vegetationsbedeckung. „Wir können ihr Alter präzise bestimmen und somit die zeitliche Abfolge von abrupten Klimaschwankungen innerhalb der Eiszeiten analysieren, die wir an der Sauerstoff-Isotopenzusammensetzung der Tropfsteine erkennen“, erklärt Norbert Frank vom Institut für Umweltphysik der Uni Heidelberg. „Mit unseren Untersuchungen sind wir der Frage nachgegangen, ob neben dem Eisvolumen auf der Nordhemisphäre auch orbital angetriebene Änderungen in der globalen Verteilung der Sonneneinstrahlung Einfluss auf die abrupten Klimaschwankungen gehabt haben könnten“, ergänzt der Leiter der Studie, Jens Fohlmeister vom Deutschen Geoforschungszentrum Potsdam.
Die Übergänge von Warm-Kalt-Zyklen in der vorletzten Eiszeit haben die Wissenschaftler untersucht, indem sie das Alter und die Sauerstoffisotopenzusammensetzung von Stalagmiten aus dem Melchsee-Frutt-Höhlensystem analysierten. „Anhand der neu gewonnenen Forschungsdaten können wir zeigen, dass Warmphasen vor allem während der Hochphase der sommerlichen Sonneneinstrahlung auf der nördlichen Hemisphäre auftraten, selbst wenn der Meeresspiegel – in Abhängigkeit vom Volumen der kontinentalen Eisschilde – während der Hauptglazialzeiten nahe seinem Minimum blieb“, erläutert Fohlmeister. Modellsimulationen bestätigen diese Beobachtungen. Sie prognostizieren in Übereinstimmung mit den Forschungsdaten aus dem Höhlensystem sowohl die Häufigkeit als auch die Dauer von Warmphasen bei entsprechendem Meeresspiegel und gegebener Sonneneinstrahlung.
U. Heidelberg / RK
Weitere Infos
- Originalveröffentlichung
J. Fohlmeister et al.: The role of Northern Hemisphere summer insolation for millennial-scale climate variability during the penultimate glacial, Commun. Earth & Environ. 4, 245 (2023); DOI: 10.1038/s43247-023-00908-0 - Institut für Umweltphysik, Universität Heidelberg
- Deutsches Geoforschungszentrum Potsdam