01.03.2017

Sparsame Ionendüse

Triboelektrischer Nanogenerator ermöglicht hoch­genaue Massen­spektro­metrie.

Aus vielen Bereichen sind Massenspektrometer nicht mehr wegzu­denken. Dank ihrer extrem hohen Empfind­lich­keit und ihrer Fähig­keit, Sub­stanzen genau zu identi­fi­zieren, spielen sie in so unter­schied­lichen Diszi­plinen wie Bio­logie, Chemie, Phar­mazie, Material­wissen­schaften und Sicher­heits­an­wen­dungen eine ent­schei­dende Rolle. Dabei wird das zu unter­suchende Material ioni­siert, in einem Hoch­vakuum durch ein elek­trisches Feld beschleu­nigt, durch ein Magnet­feld geschickt und schließ­lich nach seinem Ver­hält­nis von Masse zu Ladung analy­siert. So reichen sehr geringe Mengen einer Sub­stanz bereits aus, um sie ein­deutig zu be­stimmen. Ein Manko beim ge­samten Prozess ist jedoch, dass sich die Menge an analy­siertem Material nicht exakt ein­stellen lässt. So en­tstehen üblicher­weise Ionen­ströme von einigen Nano- bis Milli­ampere, von denen jedoch nur etliche Pico­ampere den Detek­tor er­reichen.

Abb.: Dunkelfeldaufnahme des emit­tier­ten Nano­elek­tro­sprays. (Bild: A. Li et al. / NPG)

Eine Forschergruppe um Zhong Lin Wang vom Georgia Institute of Techno­logy in den USA hat nun einen neu­artigen Nano­gene­rator ent­wickelt, der genau dieses Problem behebt und damit für eine noch höhere Nach­weis­empfind­lich­keit, bessere Effi­zienz und schnel­lere Unter­suchungen sorgen könnte. Da gängige Massen­spektro­meter hohe Span­nungen und eine ent­spre­chend auf­wändige Elek­tro­technik ein­setzen, um ioni­sierte elek­trische Sprays zu er­zeugen, er­hoffen sich die Forscher von ihren Nano­genera­toren zudem auch eine weitere Minia­turi­sierung und Verein­fachung bei höherer Bedie­nungs­sicher­heit. Dabei konnten die Forscher eine Empfind­lich­keit im Bereich von Zepto-Mol – 10-21 Mol – er­reichen, also in der Größen­ord­nung von nur noch hundert Mole­külen. „Unsere Methode geht sehr spar­sam mit dem Material um, denn bei her­kömm­lichen Ver­fahren gehen 99 Prozent des zu unter­suchen­den Materials ver­loren”, sagt Wang.

Die Nanogeneratoren bestehen aus zwei Elektroden und mindes­tens einem Paar tribo­elek­trischer Schichten, die die Forscher aus dünnen Kupfer­folien auf einem Kunst­stoff­substrat fertigten. Durch mecha­nische Ver­schiebung dieser Schichten relativ zuein­ander ent­steht eine Spannung an den Elek­troden, die wiederum mit einer Nano­spray-Düse ge­koppelt sind. In einen Schalt­kreis über­setzt, könnte man dies wie einen Konden­sator be­trach­ten, der einen Leck­strom durch Luft besitzt – nur dass die Ionen hier exakt kon­trol­liert fließen sollen. Der gemes­sene Ionen­fluss ließ sich in einem ent­spre­chenden Auf­bau dann auch mit einem Piko­ampere­meter messen.

Dank der hohen Spannung von triboelektrischen Nano­genera­toren von fünf bis neun Kilo­volt konnten die Forscher sowohl Elektro­spray-Ioni­sierung als auch Plasma-Ent­ladungs­ioni­sierung reali­sieren. Dabei setzte die Elektro­spray-Ioni­sierung bei rund einem Kilo­volt ein. Je nach­dem, welche Wider­stände die Wissen­schaftler ein­setzten, konnten sie so Elektro­spray-Pulse mit Ladungen zwischen einem und 5,5 Nano­coulomb er­zielen.

Die Forscher entwickelten zwei unterschiedliche Typen von Nano­genera­toren. Der erste Typ arbeitet mit Ladungs­trennung – ähn­lich wie ein Platten­konden­sator aus drei Scheiben, bei dem man eine der äußeren Scheiben senk­recht zu den anderen weg­zieht. Der zweite Typ arbeitet mit paral­leler Ver­schie­bung. Dieser zweite Typ ermög­licht einer­seits längere Pulse, wenn man die Platten lang­sam ver­schiebt, oder hoch­fre­quente Pulse durch eine schnelle Hin-und-Her-Bewe­gung der Platten. Auf diese Weise konnten die Wissen­schaftler die Länge der Ionen­pulse zwischen sechzig Milli­sekunden und über fünf Sekunden pro Puls vari­ieren. Dabei erzeugt die schnelle Hin-und-Her-Bewe­gung Ionen­pulse unter­schied­licher Pola­rität, was für hoch­empfind­liche Analyse­methoden wie Flüssig­chromato­graphie-Massen­spektro­metrie wünschens­wert sein kann. Man kann dies mit einer ein­fachen Dioden-Schaltung aber auch unter­drücken und erhält dann Ionen­pulse mit nur einer Pola­rität.

Ein Molekül, das nicht zuletzt aufgrund von Sicherheits­anwen­dungen zum Test in nied­rigen Konzen­tra­tionen dient, ist Kokain. Mittels moderner Massen­spektro­metrie können Forscher etwa anhand der Konzen­tra­tion von Kokain oder ver­wandter Abbau­stoffe in Flüssen den realen Konsum dieser Droge in großen Regionen ab­schätzen. Die Forscher um Wang unter­suchten nun eine Probe mit einer sehr niedrig dosier­ten Kokain­konzen­tra­tion von nur zehn Piko­gramm pro Milli­liter. Mit her­kömm­lichen Elek­tro­spray-Methoden konnten sie hier­bei keine Kokain-Moleküle nach­weisen. Die Nano­genera­toren mit Parallel-Ver­schie­bung lieferten aber ein Signal.

Die Wissenschaftler wollen ihre Prototypen-Nanogenerator nun so weiter­ent­wickeln, dass er sich für komplexe Auf­gaben in der analy­tischen und Bio­chemie ein­setzen lässt. Auf­grund seiner geringen Dimen­sionen eignet er sich auch für mobile Geräte. „Die tribo­elek­trischen Nano­genera­toren er­öffnen neue Mög­lich­keiten, um auch trag­bare Massen­spektro­meter mit hoher Leistung aus­zu­statten”, so Wang.

Dirk Eidemüller

RK

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