08.03.2019

Spiegel aus einem Molekül

Organische Moleküle taugen als photonische Bauelemente.

Fluoreszierende organische Moleküle finden in der Fluoreszenzmikroskopie in vielen Bereichen der Biologie Anwendung. Meist werden organische Moleküle nicht mit Quantentechnologien in Verbindung gebracht. Der Grund hierfür ist, dass Moleküle aufgrund von internen Freiheitsgraden wie Rotationen oder Vibrationen anfällig für Störungen aus ihrer Umgebung sind. Dies kompromittiert die kohärente Entwicklung eines quantenmechanischen Systems. Physikern des Max-Planck-Instituts für die Physik des Lichts MPL in Erlangen ist es nun gelungen, ein organisches Molekül in ein fast perfektes Quantensystem mit nur zwei wohldefinierten Energieniveaus zu verwandeln. Die Experimente sind ein wichtiger Schritt, da sie einige Grundbausteine für Quantennetzwerke aus organischen Materialien demonstrieren.

Abb.: Kohärente Wechselwirkung von Licht mit einem einzelnen, organischen...
Abb.: Kohärente Wechselwirkung von Licht mit einem einzelnen, organischen Molekül. (Bild: D. Rattenbacher, MPL)

Wissenschaftler in der Gruppe von Vahid Sandoghdar haben die kohärente Wechselwirkung von Licht mit einem einzelnen, organischen Molekül aus der Gruppe der polycyclischen aromatischen Kohlenw­asserstoffe um einen Faktor vierzig erhöht, indem sie das Molekül in einen mikroskopischen optischen Resonator platzierten. Der Effekt dieser nur etwa zwei Wellenlängen großen, optischen Struktur ist so dramatisch, dass die Forscher eine ganze Reihe von faszinierenden Effekten beobachten konnten: Ein Photon wird beispiels­weise mit einer Effizienz von 99 Prozent reflektiert, so als ob das winzige Molekül ein Spiegel sei. Außerdem zeigte das Team, dass ein einzelnes Molekül die Phase eines Laserstrahls um fast siebzig Grad verschieben kann.

Ein weiteres Resultat ist, dass man Zugang zu starken Nichtlinearitäten im Einzel­photonenbereich bekommt. In diesem Regime ist die Antwort des Moleküls nicht mehr proportional zur Leistung des eingestrahlten, optischen Feldes, sie ändert sich je nachdem wie viele Photonen zu einem gegebenen Zeitpunkt auf das System treffen. Als Konsequenz verändert das Molekül die statistische Verteilung der Photonen in einem Laserstrahl. 

Die experimentelle Umsetzung dieser Messungen verlangt neueste Methoden der Nano­fabrikation, um die hochqualitativen gekrümmten Mikrospiegel herstellen zu können. Außerdem ist experi­mentelles Geschick gefragt, um Mikro­resonatoren mit einer nanoskopischen Menge eines organischen Kristalls zu präparieren. Auch die Durchführung des Experiments stellt eine große Herausforderung dar, weil dieses bei einer Temperatur von -270°C durchgeführt werden muss, um die Wechselwirkung des Moleküls mit thermischen Anregungen der Umgebung zu minimieren.

Trotz dieser niedrigen Temperaturen ist der optische Übergang des Moleküls nicht perfekt, der angeregte Zustand koppelt immer noch an eine Vielzahl von Übergängen. Hier kommt der Resonator ins Spiel. Das Photon zirkuliert mehrere tausend Mal zwischen den Spiegeln hin und her, so dass die Photon-Molekül-Kopplung 95 Prozent erreicht. Dem Team um Sandoghdar gelingen zudem Messungen mit echten einzelnen Photonen, die in einem anderen Labor von einem zweiten Molekül produziert werden und über eine optische Lichtleitfaser an das Molekül im Resonator gekoppelt werden. 

Während der vergangenen Jahrzehnte wurden verschiedene Materialplattformen, wie neutrale Atome und Ionen in der Gasphase oder Quantenpunkte und Farbzentren im Festkörper untersucht, um sie in der Quanten­informations­verarbeitung zu verwenden. Bis jetzt weisen jedoch alle Systeme Defizite auf. Atome und Ionen im Ultra­hochvakuum zeigen hervorragende spektrale Eigenschaften, es ist jedoch sehr schwierig, diese effizient an eine optische Mode zu koppeln und daraus größere Netzwerke zu bauen. Festkörperemitter können andererseits relativ einfach in photonische Strukturen integriert werden, ihre spektrale Qualität ist jedoch aufgrund der Kopplung an ihre Umgebung nur mäßig. Trotzdem kann man sicher sein, dass neuartige Geräte basierend auf quantenmechanischen Effekten bald fester Bestandteil unserer Gesellschaft sein werden.

Ein vielversprechender, aber auch komplexer Zweig dieser neuen Quanten­technologien beschäftigt sich mit der Informations­verarbeitung – mit tatsächlich abhör­sicherer Kommunikation oder radikal neuen Ansätzen zur Lösung rechnerisch schwieriger Probleme. Eine Strategie, die Quanten­ingenieure verfolgen, besteht darin, einzelne Quantenemitter, wie beispiels­weise einzelne Atome, mit einzelnen Photonen zu verbinden. Die Ergebnisse des Teams aus dem Max-Planck-Institut für die Physik des Lichts ebnen den Weg zu solchen Tech­nologien basierend auf organischen Molekülen – in Zukunft möglicherweise auf Plastik-Chips.

MPL / JOL

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