28.09.2007

Spin-Polarisation mit Langzeitgedächtnis

Erstmals ist es gelungen, die Polarisation von Kernspins und daran gekoppelte Elektronenspins für einige zehn Minuten aufrecht zu erhalten.



Erstmals ist es gelungen, die Polarisation von Kernspins und daran gekoppelte Elektronenspins für einige zehn Minuten aufrecht zu erhalten.

Im weltweiten Rennen um Möglichkeiten zur Nutzung des Elektronenspins ist ein internationales Forscherteam unter Beteiligung von Andreas Wieck vom Lehrstuhl für Festkörperphysik an der Uni Bochum ganz vorne mit dabei: Den Forschern ist es gelungen, die Polarisation von Kernspins und daran gekoppelte Elektronenspins für einige zehn Minuten aufrecht zu erhalten – eine schier unendliche Zeit für computertypische Rechenschritte. Sie polarisierten dazu die Elektonenspins mittels Laserimpuls, woraufhin sich das entstehende einheitliche Magnetfeld der Elektronen auf die umgebenden Atomkerne übertrug. Diese funktionieren somit als Gedächtnis für die Spin-Polarisation, die die Elektronen allein üblicherweise blitzschnell wieder „vergessen“. Über ihre Ergebnisse berichten die Forscher im Wissenschaftsmagazin „Science“.

Normalerweise chaotisch
Neben der elektrischen Ladung bringen Elektronen praktisch quasi „umsonst“ eine weitere Eigenschaft mit: ihre Eigendrehung, Spin genannt. „Jedes Elektron hat jeweils sowohl Ladung als auch Spin“, erklärt Andreas Wieck, „im Vergleich dazu hat ein Eiskunstläufer beispielsweise Grazie und Drehung – Eigenschaften, die nicht unbedingt direkt zusammen hängen müssen.“ Der Spin erzeugt je ein kleines Magnetfeld. Dieses könnte man ebenso wie die elektrische Ladung für die Informationstechnologie nutzen, sofern man es schafft, die unter normalen Bedingungen chaotisch in alle Richtungen ausgerichteten Magnetfelder aller Elektronen eines Atoms gleich auszurichten und diesen Zustand lange genug aufrechtzuerhalten, dass informationstechnische Prozesse möglich werden. Noch wird der Spin von der Halbleiter-Elektronik überhaupt nicht genutzt.

Winzig kleine Magnetfelder
Das soll die neu zu entwickelnde „Spintronik“ ändern: durch die „Spin-Polarisation“. Im weltweiten Rennen der Forscher um möglichst anwendungsfreundliche Spintronik-Bauelemente ist die Ruhr-Universität Bochum ganz vorne mit dabei. Die Arbeitsgruppe von Andreas Wieck stellt seit Jahren die besten „Quantenpunkte“ her, in denen Spinphänomene besonders gut studiert und zur Anwendung gebracht werden können. „Diese Quantenpunkte haben etwa die Form eines „Hamburger-Oberteiles“, nur sind sie drei Millionen mal kleiner und es würden rund fünf Milliarden mal fünf Milliarden Quantenpunkte in eine echte Brötchenhälfte hineinpassen“, veranschaulicht Wieck die winzigen Dimensionen, in denen die Forscher experimentieren.

Atomkerne sind das Gedächtnis
Das für die Forscher Interessante an den Quantenpunkten ist, dass jeder mit genau einem Elektron besetzt werden kann. Dessen Spin wird in einer Kooperation mit Dortmunder Physikern um Manfred Bayer durch einen Laserpuls ausgerichtet und überträgt sich auf die umgebenden Atomkerne im Quantenpunkt. Diese Atomkerne sind dann „spin-polarisiert“ und halten ihre Polarisation – im Gegensatz zu den „vergesslicheren“ Elektronen – einige zehn Minuten. Das ist mehr als Zeit genug, um in aller Ruhe logische Operationen wie Rechenschritte oder sonstige, in Computern übliche Programme durchzuführen. Danach kann die Kernpolarisation durch einen zweiten Laserstrahl bequem wieder ausgelesen werden. Oder durch einen weiteren Puls überschrieben oder gelöscht, je nach Bedarf. „Ein wenig ähnelt dieses Verfahren der Kernspintomographie, bei der durch ein starkes Magnetfeld die Spins der Atomkerne in den Körperzellen gleich ausgerichtet werden, nur, dass hier nicht der menschliche Körper, sondern nanoskopische Quantenpunkte vermessen werden“, so Wieck. „Durch ihre große Anzahl und Packungsdichte bedeuten sie einen erheblichen Fortschritt für die Informationsverarbeitung.“

Quelle: Uni Bochum

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