Spintronik: Röntgenmikroskopie an BESSY II kann Domänenwände unterscheiden
Wichtiger Schritt Richtung Anwendung ferrimagnetischer Legierungen für spintronische Bauelemente gelungen.
Magnetische Skyrmionen sind winzige Wirbel aus magnetischen Spin-Texturen. Im Prinzip könnten Materialien mit Skyrmionen als spintronische Bauelemente verwendet werden, zum Beispiel als sehr schnelle und energieeffiziente Datenspeicher. Doch im Moment ist es noch schwierig, Skyrmionen bei Raumtemperatur zu kontrollieren und zu manipulieren. Eine neue Studie an BESSY II analysiert die Bildung von Skyrmionen in einem besonders interessanten Material in Echtzeit und mit hoher räumlicher Auflösung. Es handelt sich um ferrimagnetische Dünnschichten aus Dysprosium und Kobalt. Die Ergebnisse zeigen, dass es möglich ist, den Skyrmionentyp klar zu bestimmen.
Isolierte magnetische Skyrmionen sind topologisch geschützte Spin-Texturen, die wegen ihrer möglichen Anwendungen in der Informationstechnologie gerade intensiv untersucht werden. Besonders interessant sind Skyrmionen, die in ferrimagnetischen Seltenerd-Übergangsmetall-Materialien auftreten. Sie weisen abstimmbare ferromagnetische Eigenschaften mit antiferromagnetisch gekoppelten Untergittern auf. Durch die Wahl der Elemente aus der Gruppe der Seltenen Erden und der Übergangsmetalle bieten sie eine Spielwiese für die Kontrolle der Magnetisierung und der senkrechten magnetischen Anisotropie, beides Schlüsselparameter für die Stabilisierung topologischer ferrimagnetischer Texturen.
Eine Klasse von ferrimagnetischen Legierungen besitzt eine stärkere senkrechte magnetische Anisotropie, dazu gehört auch eine Verbindung aus Dysprosium und Kobalt. Diese Materialien könnten Informationen deutlich stabiler abspeichern, allerdings sind ihre magnetischen Eigenschaften und Strukturen bisher kaum untersucht worden. Ein Team unter der Leitung von Florin Radu hat jetzt DyCo3-Proben mit röntgenmikroskopischen Methoden an BESSY II analysiert und die Spinstrukturen bestimmt.
Dazu nutzten die Forscher die Raster-Transmissions-Röntgenmikroskopie mit zirkular oder linear polarisiertem Röntgenlicht, um über röntgenmagnetische Effekte den Kontrast zwischen den Elementen zu steigern. „So konnten wir isolierte ferrimagnetische Skyrmionen in hoher Dichte direkt beobachten und ihren Domänenwandtyp genau bestimmen", berichtet Radu.
Die Ergebnisse zeigen, dass die ferrimagnetischen Skyrmionen vom Néel-Typ sind und sich deutlich von den anderen Domänenwänden, den Bloch-Wänden, unterscheiden lassen. Damit kann erstmals der Typ der Domänenwände durch Röntgenuntersuchungen zuverlässig bestimmt werden. Das ist ein wichtiger Schritt in Richtung der Anwendung dieser interessanten Materialklasse für echte spintronische Bauelemente.
Weitere Infos
- Originalveröffentlichung
C. Luo et al.: Direct observation of Néel-type skyrmions and domain walls in a ferrimagnetic thin film via scanning transmission X-ray microscopy, Commun. Phys. 6, 218 (2023); DOI: 10.1038/s42005-023-01341-7 - BESSY II, Helmholtz-Zentrum Berlin für Materialien und Energie GmbH
Weitere Beiträge
- D. Meier, Wände mit besonderer Funktion, Physik Journal, August/September 2017, S. 55 PDF
- P. Möhrke und M. Kläui, Strom aus wandernden Wänden, Physik Journal, April 2009, S. 20 PDF