13.03.2018

Spukhafte Spektroskopie

„Ghost spectroscopy“ funktioniert auch mit klassisch korrelierten Photonen.

Ghost imaging (GI), d.h. Photonen-Korrelations­abbildungs­verfahren, ist eines der jüngsten Gebiete der Quanten­optik. GI klingt „geisterhaft“ und geht in der Tat auf verschränkte Photonen und damit die große Vielfalt der Phänomene „spukhafter Fernwirkung“ zurück. GI ist ein Quanten­abbildungs­verfahren, das Photonen­korrelationen zur Bildgebung ausnutzt, wobei nur ein Photon eines (verschränkten) Paares mit dem abzubildenden Objekt wechselwirkt und die experimentell oder numerisch bestimmte Korrelation mit dem zweiten Photon in einem Bild resultiert, daher der Begriff korrelierte Zwei-Photonen­abbildung. Die Intensitäts­auto­korrelation oder Korrelation zweiter Ordnung wird so in ein räumliches Abbild, ein „ghost image“ des Objekts übertragen. Das Bild wird „ghost image“ genannt, da faszinierender Weise die räumliche Information von dem Licht stammt, das nicht mit dem Objekt wechselwirkte. GI wurde erstmals 1995 mit durch spontaneous parametric down conversion (SPDC) erzeugten verschränkten Photonen­paaren, also Zwillings­photonen im quanten­mechanischen Sinne, und 2004 mit klassischem Licht einer pseudo-thermischen Lichtquelle demonstriert.

Abb: Experimenteller Aufbau für „ghost spectroscopy“ mittels einer Superlumineszenzdiode (SLD) und seine Anwendung auf eine reale Absorptionspektroskopie an einer Chloroform-Probe. (Bild: P. Janassek et al., TU Darmstadt)

Nun gelang es der Gruppe Halbleiteroptik der TU Darmstadt, das Konzept der klassischen räumlichen Korrelationen des GI in die spektrale Wellenlängen­domäne zu übertragen und so erstmals ein „ghost spectroscopy“ (GS) Experiment mit klassischen thermischen Photonen durchzuführen. Patrick Janassek nutzte dabei im Rahmen seiner Master­arbeit in Zusammen­arbeit mit Sébastien Blumenstein spektrale Wellenlängen-Wellenlängen-Korrelationen von breit­bandigem, auf verstärkter spontaner Emission basierendem Licht aus, wie es von ultrakompakten, miniaturisierten, optoelektronischen halbleiter­basierten Quanten­punkt-Superlumineszenz­dioden (SLD) emittiert wird. Im Geiste des berühmten Hanbury-Brown-Twiss-Experiments weist dieses Licht einen spektralen Korrelations­koeffizienten zweiter Ordnung von zwei auf, und damit spektrales „photon bunching“, eine der Grund­voraussetzungen für „ghost spectroscopy“.

Das von der Superlumineszenzdiode emittierte Licht wird in einen Objekt- und einen Referenz­strahl aufgeteilt. Ersterer läuft durch die mit flüssigem Chloroform gefüllte Mess­zelle und wechselwirkt spektral absorptiv mit dem Chloroform (CHCl3). Allerdings wird seine trans­mittierte Intensität integral, d.h. nicht spektral aufgelöst gemessen, wohingegen der Referenz­strahl, welcher aber die Probe überhaupt nicht „gesehen” hatte, mittels einer Kombination von spektral abstimmbaren Interferenz­filtern spektral aufgelöst detektiert wurde. Damit enthält keiner der beiden detektierten Strahlen alleine eine spektrale Information über die Probe. Werden nun allerdings die Intensitäten von Referenz- und Objekt­strahl mithilfe eines Two-Photon-Absorption-Photo­multipliers (TPA-PMT) miteinander korreliert, so weist der Korrelations­koeffizient zweiter Ordnung – und damit das „ghost spectrum“ – klar die charakteristischen Absorptions-Finger­abdrücke von Chloroform bei 1214 Nanometer auf. Das so erhaltene „ghost spectrum“ ist damit das Analogon zum „ghost image“, dort aber in der räumlichen Domäne.

Diese erstmalige Demonstration von Ghost-Spektroskopie mit klassischem thermischen Licht in Analogie zum GI schließt eine Lücke in den experimentellen Photon­korrelations-Mess­techniken („ghost modalities“). Bis jetzt war kein Experiment zu Ghost-Spektroskopie mit klassischem Licht unter Ausnutzung von thermischen Quellen realisiert worden. Einer der Gründe hierfür sind die Heraus­forderungen an eine extrem hohe Zeit­auflösung im Zehn-Femto­sekunden-Bereich. Eine zweite Heraus­forderung lag in der Schwierigkeit, eine praktikable Licht­quelle zu finden, die ein breit­bandiges Spektrum emittiert, welches die geforderten Wellenlängen­korrelationen aufweist, um Ghost-Spektroskopie zu ermöglichen.

Wolfgang Elsäßer, Leiter der Arbeitsgruppe Halbleiter­optik, erwartet, dass der erzielte Durch­bruch hinsichtlich „ghost spectroscopy“ mit thermischem klassischen Licht zusammen mit den hierbei eingesetzten Quellen- und Detektions­konzepten neue Anwendungen von Ghost-Messtechniken stimulieren wird.

TU Darmstadt / DE

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