Ghost imaging (GI), d.h. Photonen-Korrelationsabbildungsverfahren, ist eines der jüngsten Gebiete der Quantenoptik. GI klingt „geisterhaft“ und geht in der Tat auf verschränkte Photonen und damit die große Vielfalt der Phänomene „spukhafter Fernwirkung“ zurück. GI ist ein Quantenabbildungsverfahren, das Photonenkorrelationen zur Bildgebung ausnutzt, wobei nur ein Photon eines (verschränkten) Paares mit dem abzubildenden Objekt wechselwirkt und die experimentell oder numerisch bestimmte Korrelation mit dem zweiten Photon in einem Bild resultiert, daher der Begriff korrelierte Zwei-Photonenabbildung. Die Intensitätsautokorrelation oder Korrelation zweiter Ordnung wird so in ein räumliches Abbild, ein „ghost image“ des Objekts übertragen. Das Bild wird „ghost image“ genannt, da faszinierender Weise die räumliche Information von dem Licht stammt, das nicht mit dem Objekt wechselwirkte. GI wurde erstmals 1995 mit durch spontaneous parametric down conversion (SPDC) erzeugten verschränkten Photonenpaaren, also Zwillingsphotonen im quantenmechanischen Sinne, und 2004 mit klassischem Licht einer pseudo-thermischen Lichtquelle demonstriert.
Abb: Experimenteller Aufbau für „ghost spectroscopy“ mittels einer Superlumineszenzdiode (SLD) und seine Anwendung auf eine reale Absorptionspektroskopie an einer Chloroform-Probe. (Bild: P. Janassek et al., TU Darmstadt)
Nun gelang es der Gruppe Halbleiteroptik der TU Darmstadt, das Konzept der klassischen räumlichen Korrelationen des GI in die spektrale Wellenlängendomäne zu übertragen und so erstmals ein „ghost spectroscopy“ (GS) Experiment mit klassischen thermischen Photonen durchzuführen. Patrick Janassek nutzte dabei im Rahmen seiner Masterarbeit in Zusammenarbeit mit Sébastien Blumenstein spektrale Wellenlängen-Wellenlängen-Korrelationen von breitbandigem, auf verstärkter spontaner Emission basierendem Licht aus, wie es von ultrakompakten, miniaturisierten, optoelektronischen halbleiterbasierten Quantenpunkt-Superlumineszenzdioden (SLD) emittiert wird. Im Geiste des berühmten Hanbury-Brown-Twiss-Experiments weist dieses Licht einen spektralen Korrelationskoeffizienten zweiter Ordnung von zwei auf, und damit spektrales „photon bunching“, eine der Grundvoraussetzungen für „ghost spectroscopy“.
Das von der Superlumineszenzdiode emittierte Licht wird in einen Objekt- und einen Referenzstrahl aufgeteilt. Ersterer läuft durch die mit flüssigem Chloroform gefüllte Messzelle und wechselwirkt spektral absorptiv mit dem Chloroform (CHCl3). Allerdings wird seine transmittierte Intensität integral, d.h. nicht spektral aufgelöst gemessen, wohingegen der Referenzstrahl, welcher aber die Probe überhaupt nicht „gesehen” hatte, mittels einer Kombination von spektral abstimmbaren Interferenzfiltern spektral aufgelöst detektiert wurde. Damit enthält keiner der beiden detektierten Strahlen alleine eine spektrale Information über die Probe. Werden nun allerdings die Intensitäten von Referenz- und Objektstrahl mithilfe eines Two-Photon-Absorption-Photomultipliers (TPA-PMT) miteinander korreliert, so weist der Korrelationskoeffizient zweiter Ordnung – und damit das „ghost spectrum“ – klar die charakteristischen Absorptions-Fingerabdrücke von Chloroform bei 1214 Nanometer auf. Das so erhaltene „ghost spectrum“ ist damit das Analogon zum „ghost image“, dort aber in der räumlichen Domäne.
Diese erstmalige Demonstration von Ghost-Spektroskopie mit klassischem thermischen Licht in Analogie zum GI schließt eine Lücke in den experimentellen Photonkorrelations-Messtechniken („ghost modalities“). Bis jetzt war kein Experiment zu Ghost-Spektroskopie mit klassischem Licht unter Ausnutzung von thermischen Quellen realisiert worden. Einer der Gründe hierfür sind die Herausforderungen an eine extrem hohe Zeitauflösung im Zehn-Femtosekunden-Bereich. Eine zweite Herausforderung lag in der Schwierigkeit, eine praktikable Lichtquelle zu finden, die ein breitbandiges Spektrum emittiert, welches die geforderten Wellenlängenkorrelationen aufweist, um Ghost-Spektroskopie zu ermöglichen.
Wolfgang Elsäßer, Leiter der Arbeitsgruppe Halbleiteroptik, erwartet, dass der erzielte Durchbruch hinsichtlich „ghost spectroscopy“ mit thermischem klassischen Licht zusammen mit den hierbei eingesetzten Quellen- und Detektionskonzepten neue Anwendungen von Ghost-Messtechniken stimulieren wird.
TU Darmstadt / DE