Stabile Verankerung von Metallatomen auf einem Isolator bei Zimmertemperatur
Moleküle der metallhaltigen Verbindung Molybdänacetat bilden geordnete Struktur auf dem Isolator Calcit.
Um künftig immer kleinere elektronische Speicher oder Sensoren herzustellen, ist es entscheidend, einzelne Metallatome auf einer isolierenden Schicht anordnen zu können. Wissenschaftler der Uni Bielefeld ist dies jetzt bei Zimmertemperatur gelungen: Moleküle der metallhaltigen Verbindung Molybdänacetat bilden auf dem Isolator Calcit eine geordnete Struktur, ohne an andere Positionen zu springen oder sich zu drehen.
„Bisher ist es schwierig, Metallatome auf einer Isolatoroberfläche anzuordnen. Auf einer Metalloberfläche ist das leichter, nützt aber für die Anwendung in elektronischen Bauteilen nicht so viel“, erläutert Team-Leiterin Angelika Kühnle von der Uni Bielefeld. „Wir haben eine Möglichkeit gefunden, wie Metallatome auf Isolatoren in einer gitterartigen Struktur angeordnet werden können.“
Die Schwierigkeit besteht darin, die Metallatome auch bei Zimmertemperatur stabil zu verankern – ohne dass sie sich untereinander anziehen, an andere Positionen springen oder sich drehen. Bisher konnten Wissenschaftler bei sehr tiefen Temperaturen schon kleine Moleküle auf Isolatoren anordnen, bei Zimmertemperatur waren diese jedoch zu beweglich. Größere Moleküle lösten das Problem der Beweglichkeit, bildeten aber schnell Cluster.
Kühnle und ihre Arbeitsgruppe verwendeten für ihre Forschung Molybdänacetat, eine Verbindung, die jeweils zwei Atome des Metalls Molybdän enthält. Dass diese Verbindung interessante strukturelle Eigenschaften auf einer Goldoberfläche zeigt, hatte zuvor bereits ein Forschungsteam der TU Kaiserslautern entdeckt. „Wird Molybdänacetat nun auf eine Calcit-Oberfläche aufgebracht, bilden die Moleküle eine geordnete Struktur. Damit sind auch die Molybdän-Atome angeordnet“, sagt Team-Mitglied Simon Aeschlimann. „Mit verschiedenen Experimenten und Simulationen konnten wir zeigen, dass die Molybdänacetat-Moleküle weder springen oder sich drehen noch Cluster bilden. Sie sind fest auf der Calcit-Oberfläche verankert.“
Ihre Experimente haben die Forscher mithilfe eines Rasterkraftmikroskops durchgeführt. So haben die Wissenschaftler zum Beispiel untersucht, wo sich die Molybdänacetat-Moleküle auf der Calcit-Oberfläche befinden und in welche Richtung sie sich ausrichten. Die geordnete Struktur entsteht, weil sich die Molybdänacetat-Moleküle passgenau zur Ladungsverteilung der Calcit-Oberfläche ausrichten. Calcit besteht aus Calcium- und Carbonat-Bausteinen, die eine regelmäßige Gitterstruktur bilden. „Jedes Molybdänacetat-Molekül passt nur an eine ganz bestimmte Stelle auf der Calcit-Oberfläche und wechselwirkt gleichzeitig nicht mit seinen benachbarten Molybdänacetat-Molekülen. Dadurch ist es fest verankert“, sagt Kühnle.
Kühnle interessiert sich vor allem für die Frage, wie sich molekulare Strukturen auf Oberflächen oder Grenzflächen bilden. Für elektronische Anwendungen sind die Ergebnisse aber auch relevant: Lassen sich nach dem gleichen Prinzip zum Beispiel magnetische Metalle anordnen, könnte das genutzt werden, um Datenspeicher im Nanometerbereich herzustellen. Weitere Anwendungsmöglichkeiten sehen die Forscher bei optischen und chemischen Sensoren.
U. Bielefeld / RK
Weitere Infos
- Originalveröffentlichung
S. Aeschlimann et al.: Creating an Array of Metal-Complexing Molecules on an Insulator Surface at Room Temperature, Nat. Comm. 11, 6424 (2020); DOI: 10.1038/s41467-020-20189-x - Physikalische Chemie I (A. Kühnle), Universität Bielefeld