„Stellage“ à trois
Simulationen zeigen: Kollabierende Gaswolken führen häufig zur Entstehung dreier Sonnen.
Viele Doppel- oder Dreier-Sternensysteme besitzen Radien, die deutlich größer sind als die Staub- und Gaswolken, aus denen Sonnen üblicherweise entstehen. Bereits unser nächster Nachbar am Sternenhimmel, Alpha Centauri, besitzt drei Sonnen, von denen zwei sich nahe umkreisen, während die dritte weit außen ihre Bahn zieht. Entspricht der Abstand der beiden inneren Sterne im Mittel lediglich dem 24-fachen Abstand Erde-Sonne (auch Astronomische Einheit genannt), so ist der äußere 15.000 Astronomische Einheiten entfernt.
Abb.: So könnte ein Sonnenaufgang mit drei Sternen in Künstleraugen aussehen. (Bild: NASA/JPL-Caltech)
Doch woher stammen solche außerordentlich weitläufige Sternensysteme? Möglicherweise liegt die Antwort in den zahlreichen Begegnungen zwischen Sonnen innerhalb eines Sternentstehungsgebiets. Hin und wieder können vorbeiziehende Sterne durch die gravitative Wechselwirkung einen der Partner eines Doppel- oder Dreiersystems herausreißen. Ebenso kann aber auch ein Stern in einem weit außen liegenden Orbit eingefangen werden.
Dass es auch anders geht, konnten nun zwei Astronomen anhand von Simulationen zeigen. Sie betrachteten die zeitliche Entwicklung von Dreier-Sternensystemen ab der Sternformation und für über 100 Millionen Jahre und bewerteten die entstehenden Bahnen entsprechend ihrer Stabilität. Insgesamt simulierten sie über 180.000 neu entstandene Dreiersysteme. Von diesen erreichten langfristig nur knapp acht Prozent stabile Umlaufbahnen. Der größte Teil zeigte instabile Verhaltensmuster. Die meisten dieser Systeme wiederum wurde innerhalb einiger Millionen Jahre völlig auseinandergerissen. Einige blieben jedoch auf zum Teil enorm großen Umlaufbahnen von zehntausenden Astronomischen Einheiten stabil.
Die Dynamik hin zu solch weiten Systemen ergibt sich aus dem chaotischen Wechselspiel dreier Körper. Zwei Sterne kommen sich dabei immer näher, während der dritte den Drehimpuls aufnimmt und weiter nach außen wandert. Dabei kommt sich das Zweierpaar mitunter so nahe, dass es aus der Entfernung wie eine einzelne Sonne erscheint. Viele Sterne am Himmel könnten also in Wahrheit unerkannte Doppelsternsysteme sein. Dies zu aufzuklären ist aber nur mit hochaufgelösten Aufnahmen möglich.
Die Forscher weisen darauf hin, dass einige der besonders engen Doppelsterne im Zentrum eines solchen Systems auch zu einem einzigen Stern verschmelzen können. Auf diese Weise würden echte Doppelsternsysteme mit weit entferntem Partner auch ohne äußeres Zutun entstehen.
Eine weitere wichtige Erkenntnis der Berechnungen liegt in der zeitlichen Analyse. Wenig stabile Systeme können leicht durch vorbeiziehende Sterne in den dicht gedrängten Sternentstehungsgebieten aus dem Takt gebracht und auseinander gerissen werden, bevor diese Gebiete sich nach einigen Millionen Jahren zunehmend auflösen. Wenn Dreiersysteme aber kompakt geboren werden, sind sie zunächst gegen solche Einflüsse besser geschützt. Da die Entwicklung hin zu weitläufigen Systemen aufgrund der enorm zunehmenden Umlaufzeiten etliche Jahrmillionen dauern kann, haben sich in der Zwischenzeit die Sternencluster merklich ausgedünnt. Künftige Messungen werden Aufschluss geben müssen, inwieweit diese Simulationen die reale hierarchische Sortierung von Mehrfach-Sternensystemen wiedergeben können.
Dirk Eidemüller
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PH