03.07.2014

Sternbabys den Puls gefühlt

Echografie enthüllt auch bei Vor­haupt­reihen­sternen Ent­wick­lungs­stadium und Alter.

Sterne entstehen durch den Kollaps von Molekülwolken geboren. In den frühen Phasen der Sternentwicklung ziehen sich die jungen Sterne zusammen und werden dabei immer kleiner, kompakter und heißer, bis es in ihrem Inneren heiß genug ist, dass das Wasserstoffbrennen im Kern gezündet werden kann. Das ist quasi das Ende der Kindheit und Jugend von Sternen. Wie kann man jedoch das genaue Alter und den Entwicklungszustand junger Sterne bestimmen? Wie eine internationale Forschergruppe mit Konstanze Zwintz, Rainer Kuschnig und Werner Weiss von der Universität Wien zeigen konnte, gibt es einen direkten Zusammenhang zwischen den beobachteten Schwingungen junger Sterne und ihrem Alter.

Animation: Entwicklungsweg eines jungen Vorhauptreihensterns in einem Ausschnitt des Hertzsprung-Russell-Diagramms von seiner Geburt (rechts unten) bis zum Beginn des Wasserstoffbrennens im Kern (links unten). Dabei kontrahiert, wird dabei kleiner und heißer bis die Temperatur im Kern heiß genug ist, um das Wasserstoffbrennen zu zünden. Währenddessen verändern sich auch die Pulsationseigenschaften in Abhängigkeit zu dem relativen Sternalter, d.h. die jüngsten und am wenigsten entwickelten Sterne schwingen langsamer als die am weitesten entwickeltsten und damit ältesten Vorhauptreihensterne. (Quelle: P. Degroote, KU Leuven / ESO)

Obwohl wir ein allgemeines Bild davon haben, wie Sterne entstehen und sich entwickeln, weist das Wissen über die frühe Sternentwicklung große Lücken auf. Zu den vielen ungelösten Fragen gehört unter anderem die Bestimmung ihres Alters und ihres relativen Entwicklungs­zustands. Junge Sterne mit Massen von etwa einer bis zu sechs Sonnenmassen haben ähnliche Eigenschaften in ihren Atmosphären wie ältere, weiter entwickelte Sterne, die schon im Kern Wasserstoff verbrennen. „Es ist daher nicht möglich, den Entwicklungs­zustand eines beliebigen Sterns ausschließlich aufgrund von Eigenschaften wie seiner effektiven Temperatur, Schwere­beschleunigung oder Leuchtkraft zu bestimmen“, so Zwintz. Der Hauptunterschied zwischen Sternen unter­schied­licher Entwicklungs­zustände ist ihr innerer Aufbau. Astero­seismologie ist die einzige Methode, die es erlaubt, das Innere pulsierender Sterne durch die Analyse ihrer Sternschwingungen zu untersuchen. Das funktioniert ähnlich wie auf der Erde, wo Forscher aufgrund des Studiums von Erdbeben wissen, wie das Innere unserer Erde aufgebaut ist.

Theoretiker zufolge lässt sich mithilfe der Asteroseismologie der Entwicklungszustand eines Sterns bestimmen. Es fehlten allerdings bisher entsprechende Beobachtungsdaten, um diese Hypothese zu überprüfen. Zwintz und ihr Team zeigen zum ersten Mal, dass die beobachteten Schwingungs­eigenschaften junger Sterne tatsächlich von ihrem jeweiligen Entwicklungs­zustand abhängen: Die am wenigsten entwickelten jungen Sterne schwingen am langsamsten, während die am weitest entwickelten – d.h. kurz vor dem Beginn des Wasserstoff­brennens im Kern – die kürzesten Perioden zeigen. „Das wird es erlauben, das Alter junger Sterne nur aus ihren gemessenen Schwingungs­eigenschaften abzuleiten, ohne Zuhilfenahme theoretischer Modelle“, freut sich die Astronomin: „Damit haben wir gezeigt, dass Astero­seismologie auch eine unschlagbare Methode ist, einige der offenen Fragen im Gebiet der frühen Stern­entwicklung zu beantworten“.

Sterne in allen Entwicklungs­stadien können viele verschiedene Arten von Schwingungen zeigen, die aufgrund unterschied­licher Mechanismen entstehen. Dass auch junge Sterne schwingen können, ist erst seit rund zwanzig Jahren bekannt. Die Daten zu der jetzt veröffentlichten Studie stammen zu einem Großteil von den beiden Satelliten MOST und Corot und einigen Observatorien auf der Erde. Der kanadische Mikro-Satellit MOST, Micro­variability and Oscillations of Stars, startete vor mehr als elf Jahren, ist nur so groß wie ein Koffer und hat über all die Jahre immer wieder junge Sterne vermessen. Am Dach des Instituts für Astrophysik der Universität Wien gibt es seit 2003 eine Boden­station, die täglich mit MOST kommuniziert, um seine neuen Daten auf die Erde zu senden.

Die Hauptaufgabe des im Dezember 2006 gestarteten europäischen Satelliten Corot war es, Planeten in anderen Sonnen­systemen zu entdecken und die Schwingungen älterer Sterne zu untersuchen. Corot hat im Juni 2013 seinen Dienst eingestellt. Der zweite Teil der Daten – hoch­aufgelöste Spektren der Sterne – wurde an Observatorien auf der Erde aufgenommen, unter anderem mit dem Very Large Telescope der Europäischen Südsternwarte ESO.

U. Wien / OD

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