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Perfektes Quantenbit bringt Forscher dem Quantencomputer einen kleinen Schritt näher.
Auch wenn heutige Computer scheinbar jede Information in kürzester Zeit liefern, stoßen sie doch bei extrem komplexen Vorgängen an ihre Grenzen. Die Suche nach neuen Primzahlen ist ein solcher Fall. Wenn man die größte bisher bekannte Primzahl betrachtet, die erst in diesem Jahr entdeckte 257885161-1, eine Zahl mit 17,4 Millionen Stellen, dann verdeutlicht dies die Leistung, die dahintersteckt. Was beim ersten Lesen nach einer Spielerei für Mathematiker klingt, ist in Wirklichkeit hochkomplexer Bestandteil heutiger Verschlüsselungssysteme. Ein Quantencomputer könnte solche Berechnungen problemlos und schnell durchführen – zumindest in der Theorie, denn vom ersten Prototypen trennen die Wissenschaftler noch Jahrzehnte.
Abb.: Wie hier angedeutet, lassen sich einzelne Quantenbits (helle Punkte) über Photonen miteinander verbinden. Deren verschiedene Farben resultieren von der Anpassung ihrer Frequenz an die Anforderungen des Netzes. (Bild: U. Cambridge)
Quantencomputer dagegen könnten in ihren Informationseinheiten auch sämtliche Informationen zwischen den Zuständen „an“ und „aus“ behalten und daher viel mehr Information auf kleinstem Raum speichern und verarbeiten als binäre Rechner. Die Informationseinheiten werden in Quantenpunkten gespeichert, wenige Nanometer großen Strukturen aus Halbleitermaterial. Damit eine Information hier erhalten und übertragen werden kann, ist es essenziell, zwei Eigenschaften der Qubits unverändert zu lassen: Amplitude und Phase. Wie eine Welle im Meer, die so lange gleich bleibt, bis sie an einem Felsen bricht oder eine Windböe sie beschleunigt, sind Quantenbits extrem anfällig für Störungen von außen, daher ist es eine große Herausforderung, sie fehlerfrei zu erzeugen und weiterzugeben.
Martin Geller vom Center for Nanointegration der Universität Duisburg-Essen hat als Gastwissenschaftler ein Jahr in Cambridge, Großbritannien, verbracht und zusammen mit den dortigen Forschern unter der Leitung von Mete Atatüre die bisher mit Abstand besten optischen Quantenbits erzeugt: Das Team hat einen in einen Feststoff eingebetteten Quantenpunkt mit einem sehr schwachen Laser angeregt, sodass er Photonen freisetzte. Diese waren untereinander zu über 96 Prozent identisch und besaßen zudem die Phase der Photonen aus dem Laser. Das bedeutet: Die Information, die der Laser dem Quantenpunkt übermittelt hat, hat dieser beinahe eins zu eins wieder abgegeben. So haben die Forscher fast fehlerfrei optische Quantenbits erzeugt, die in Zukunft als Bausteine für ein Quanteninternet oder entsprechende Computer dienen können.
„Vor rund hundert Jahren hat es angefangen, dass Physiker die Welt mithilfe der Quantenphysik begreifen konnten“, sagt Geller. „Heute sind wir so weit, dass wir in diese Dimension eingreifen und sie gestalten können. Das hätten sich damalige Forscher nie träumen lassen“, so Geller weiter. Auch diese neue Errungenschaft ist nur ein weiteres, doch ein extrem wichtiges Puzzleteil auf dem Weg zum Quantencomputer.
CENIDE / OD