13.05.2015

Stranguliert statt ausgeblasen

Spektren von 26.000 Galaxien zeigen, wie die Sternentstehung in ihnen endet.

Galaxien in unserer lokalen kosmischen Umgebung lassen sich grob in zwei Klassen einteilen: aktive Systeme reich an frischen Gas, in dem Sterne entstehen, und passive, gasarme Systeme ohne signifikante Sternentstehung. Bislang wissen die Astronomen jedoch nicht, welcher Mechanismus für die Abschaltung der Sternentstehung sorgt. Vor allem zwei Szenarien stehen dabei zur Debatte: Zum einen könnte das für die Entstehung neuer Sterne notwendige Gas aus den Galaxien herausgeblasen oder herausgerissen werden. Zum anderen könnte der Nachschub an frischem, kühlem Gas von außen versiegen und die Galaxie so quasi stranguliert werden.

Abb.: Szenarien für das Ende der Sternentstehung. Oben: Das für die Produktion neuer Sterne nötige Gas wird aus der Galaxie heraus geblasen oder gerissen. Unten: Der Zustrom an frischem Gas von außen versiegt, die Galaxie wird stranguliert. Die beiden Szenarien dauern unterschiedlich lange und führen zu unterschiedlichen Anteilen an schweren Elementen in den Galaxien. (Bild: Y. Peng & R. Maiolino, Univ. Cambridge)

Ein starkes Indiz für das Strangulations-Szenario legen nun Yingjie Peng, Roberto Maiolino und Rachel Cochrane von der University of Cambridge in Großbritannien vor. Dazu hat das Team die Spektren von 26.000 Galaxien mit Rotverschiebungen bis zu 0,1 und mit stellaren Massen bis zu 1011 Sonnenmassen aus dem Sloan Digital Sky Survey inspiziert. Die Idee der Forscher: Der Verlauf der Sternentstehung in einer Galaxie sollte seine Spur in der Häufigkeit schwerer Elemente hinterlassen. Denn Elemente schwerer als Helium – von den Astronomen etwas irreführend unter der Bezeichnung „Metalle“ subsumiert – entstehen nur durch Kernfusion in Sternen. Je mehr Sterne in einer Galaxie entstanden sind, desto mehr „Metalle“ sollte ihr Spektrum also zeigen.

Wird nun die Sternentstehung in einer Galaxie ausgeblasen, so sollte ihr Gehalt an schweren Elementen im Moment dieses relativ abrupten Vorgangs eingefroren werden. Anders ist es, wenn die Sternentstehung durch Strangulation endet: Dann steigt der Anteil an schweren Elementen im Verlauf dieses langsamen Vorgangs weiter an. Die Analyse der drei Forscher zeigt einen signifikant höheren Anteil an schweren Elementen in den passiven Galaxien als in den aktiv Sterne produzierenden Systemen – und ist damit in Einklang mit dem Strangulations-Szenario.

Die Forscher untermauern ihr Ergebnis durch einen weiteren Befund: Die Sterne in den passiven Galaxien sind im Durchschnitt vier Milliarden Jahre älter als in den aktiven Galaxien – in guter Übereinstimmung mit der aus Modellrechnungen erwarteten Zeitdauer der Strangulation. Damit liege, so Peng, Maiolino und Cochrane, der erste klare Beweis dafür vor, dass Galaxien zu Tode stranguliert werden. Nun müsse die Ursache für diesen Vorgang gefunden werden. Mögliche Erklärungen wären beispielsweise eine Aufheizung des zirkumgalaktischen Gases durch die Strahlung der jungen Sterne. Diesem Vorgang könne man durch die Untersuchung der chemischen Zusammensetzung der Satellitensysteme von großen Galaxien auf die Spur kommen, so das Team.

Rainer Kayser

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