24.01.2017

Strom aus Polaronen

Neuartige Perowskit-Solarzelle beruht auf kombi­nierten Anre­gungen von Elek­tronen und Gitter­schwin­gungen.

Ein interdisziplinäres Forscherteam hat die Grundlagen für einen völlig neuen Typus von Solar­zellen entwickelt. Die neue Methode wandelt jenseits der herkömm­lichen Wirk­mecha­nismen Infra­rot­licht in elek­trische Energie um. Der Wirk­mecha­nismus der Fest­körper-Solar­zelle besteht aus dem Mineral Perowskit und beruht auf Polaron-Anregungen. Das sind kombi­nierte Anre­gungen von Elek­tronen und Gitter­schwin­gungen des Fest­körpers.

Abb.: Polaron-Solarzelle bei Laboruntersuchungen. Schwarz ist der Manganat-Absorber-Film mit heißen Polaron-Anre­gungen. (Bild: U. Göttingen / MPIbpC / DESY)

„Während in konventionellen Solarzellen die Wechselwirkung von Elek­tronen mit Gitter­schwin­gungen zu uner­wünschten Verlusten führt und daher ein wesent­liches Problem darstellt, können Polaron-Anre­gungen in der Perowskit-Solar­zelle bei bestimmten Betriebs­tempe­ra­turen fraktal gebildet und lang­lebig genug werden, damit ein ausge­prägter photo­volta­ischer Effekt auf­tritt“, erläutert Dirk Raiser vom MPI für bio­physi­ka­lische Chemie und vom DESY. „Das erfordert jedoch einen geord­neten Grund­zu­stand der Ladungen, der einer Art Kristal­li­sation der Ladungen ent­spricht und so starke koope­ra­tive Wechsel­wirkungen der Polaronen ermög­licht.“

Die untersuchten Perowskit-Solarzellen mussten im Labor auf etwa -35 Grad Celsius gekühlt werden, damit der Effekt ein­setzte. Voraus­setzung für eine prak­tische Anwen­dung ist die Reali­sation geord­neter Polaronen­zustände bei höheren Tempe­ra­turen. „Die vor­liegen­den Messungen wurden an einem gut charak­teri­sierten Referenz­material durch­ge­führt, um das Prinzip des Effektes zu ver­deut­lichen. Dafür wurde die tiefe Über­gangs­tempe­ratur in Kauf genommen“, erläutert Simone Techert von der Uni Göttingen, dem MPI für bio­physi­kalische Chemie und vom DESY.

Die Materialphysiker des Teams arbeiten an einer Modifi­zierung und Opti­mierung des Materials, um eine höhere Betriebs­tempe­ratur zu erreichen. „Der koope­rative Zustand könnte sich unter Umständen auch durch geschickte Anregung mit weiterem Licht vorüber­gehend ein­stellen lassen“, sagt Techert. Sofern eine dieser Stra­te­gien erfolg­reich ist, könnten zukünftig Solar­zellen oder photo­chemische Energie­träger mittels reich­lich vorhan­dener Perowskit-Oxid­verbin­dungen erzeugt werden.

„Die Entwicklung hocheffizienter und einfach gebauter Fest­körper-Solar­zellen ist immer noch eine wissen­schaft­liche Heraus­forderung, der sich viele Arbeits­gruppen auf der Welt stellen, um die künftige Energie­ver­sorgung zu gewähr­leisten“, betont Christian Jooß von der Uni Göttingen. „Neben der Material- oder Bau­opti­mierung schon etab­lierter Solar­zellen bein­haltet dies auch die Erfor­schung neuer grund­legender Mecha­nismen des licht­indu­zierten Ladungs­trans­ports und der Umwand­lung in elek­trische Energie. Auf diese Weise sollte es möglich sein, Solar­zellen basierend auf neuen Wirk­prin­zipien zu entwickeln.“

GAU / RK

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