07.11.2016

Stromsparende Datenbrille

Teilerneuerung des Video­bilds redu­ziert Energie­ver­brauch auf ein Hundert­stel.

Trotz vielfältiger Vorteile haben Datenbrillen den Durch­bruch bis­lang nicht ge­schafft. Das Problem: Die Dis­plays ver­brauchen viel Strom, weil für das Video­bild viele Daten verar­beitet werden müssen. Meist ist nach einer Stunde Schluss. Zudem laufen die Mikro­pro­zes­soren schnell heiß. Das Brillen­ge­stell erwärmt sich, was gerade an der empfind­lichen Schläfe unan­ge­nehm ist. Wissen­schaftler und Inge­nieure des Fraun­hofer-Instituts für orga­nische Elek­tronik, Elek­tronen­strahl- und Plasma­technik haben jetzt ein beson­ders energie­spa­rendes und zu­gleich sehr helles Display ent­wickelt. Die Forscher haben lang­jährige Erfah­rung in der Ent­wick­lung und Her­stel­lung von Displays mit orga­nischen Leucht­dioden. Diese OLEDs basieren auf elek­trisch leit­fähigen orga­nischen Halb­leitern, die unter Spannung sehr helles Licht ab­geben. OLEDs werden auf einen Sili­zium-Halb­leiter aufge­tragen, der die einzel­nen Pixel an­steuert. Das Fraun­hofer-FEP hat eine Kamera­funk­tion in den Chip inte­griert. So können die OLED-Mikro­displays nicht nur Licht ab­geben, sondern auch die Umge­bung wahr­nehmen. Dazu sitzt in jedem Pixel eine kleine licht­empfind­liche Photo­diode. Die Kamera­funktion ist zum Beispiel wichtig, um fest­zu­stellen, in welche Rich­tung der Brillen­träger gerade blickt. Diese Displays haben jedoch das­selbe Problem wie alle anderen Displays für Daten­brillen auch – den hohen Strom­ver­brauch.

Abb.: Fraunhofer-Forscher haben ein Energie­spar­display ent­wickelt, das den Strom­ver­brauch auf einen Bruch­teil redu­ziert. (Bild: A. Schroll, Fh.-FEP)

Damit ein bewegtes Videobild nicht flackert, müssen in einer Sekunde viele Bilder abge­spielt werden – im Falle des Video­displays sind es sechzig Bilder. Die Steuer­elek­tronik und der Chip müssen also große Daten­mengen in Sekunden­bruch­teilen verar­beiten. Das frisst Strom. Zudem heizen sich der Chip und die Steuer­elek­tronik auf. Projekt­leiter Philipp Warten­berg und seine Kollegen haben einen Weg ge­funden, den großen Daten­strom zu ver­kleinern. „Wir steuern den Chip jetzt so, dass nicht ständig das gesamte Video­bild erneu­ert wird, sondern nur jener Teil auf dem Display, in dem sich etwas ver­ändert.“ Bei Anwendungen wie beispiels­weise einem Navi­gations­system für Rad­fahrer, bei dem nur Pfeile oder Meter­angaben einge­blendet werden, sei es ohne­hin un­nötig, ständig das ganze Bild zu er­neu­ern, sagt Warten­berg.  

Inzwischen existiert ein Prototyp, dessen Energie­erspar­nis beacht­lich ist: Während eine gewöhn­liche Daten­brille eine Leistung von zwei­hundert Milli­watt benö­tigt, kommt das FEP-Display mit zwei bis drei Milli­watt aus. Trotz­dem leuchtet es dank der OLED-Techno­logie hell. Um den Video-Daten­strom zu redu­zieren, mussten Warten­berg und seine Kollegen das Design des Chips und die Steue­rungs­elek­tronik zu­nächst in großen Teilen neu ent­werfen. Die Pixel heutiger Displays, die auf eine schnelle, wieder­holte Bild­dar­stel­lung ausge­legt sind, hören normaler­weise nach kurzer Zeit auf zu leuchten. Bei einem Modell, das nicht ständig den gesamten Bild­schirm aktu­ali­siert, darf das nicht sein, weil die stillen Bereiche des Displays sonst schnell schwarz er­schei­nen. Die Entwick­lung des Fraun­hofer-FEP steuert die Pixel so an, dass sie weiter­leuchten.

Wartenberg kann sich vorstellen, dass das Display künftig nicht nur für die Industrie, sondern vor allem auch für Privat­kunden und Sportler inte­res­sant sein könnte. Jogger könnten damit perma­nent ihren Puls kontrol­lieren und müssten im Lauf nicht mehr auf das wackelnde Smart­phone-Display schauen. Die Wissen­schaftler stehen für Projekte bereit, um das Display in verschie­denste Anwen­dungen zu bringen und als kunden­spezi­fisches Produkt weiter zu ent­wickeln.

Fh.-FEP / RK

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