15.02.2008

Strontium tickt genauer

Im Wettlauf um die genaueste Atomuhr für den Praxiseinsatz setzen sich amerikanische Physiker mit einer Strontium-Uhr an die Spitze.



Im Wettlauf um die genaueste Atomuhr für den Praxiseinsatz setzen sich amerikanische Physiker mit einer Strontium-Uhr an die Spitze.

Boulder (USA) – Im Wettlauf um die genaueste Atomuhr für den Praxiseinsatz setzen sich amerikanische Physiker an die Spitze. Am National Institute of Standards and Technology (NIST) in Boulder erreichten sie mit Strontium-Atomen einen neuen Rekordwert für Atomuhren mit neutralen Teilchen. Wie die Forscher in einer Vorabveröffentlichung der Zeitschrift „Science“ berichten, geht ihre Strontium-Uhr in 200 Millionen Jahren gerade mal eine Sekunde falsch. Moderne Atomuhren mit Cäsium-Atomen erreichen diese Abweichung „schon“ in 80 Millionen Jahren.

Die Arbeitsgruppe um Jun Ye fing dazu etwa 4000 Strontium-Atome in einem optischen Gitter ein. Dieses realisierten sie mit Infrarot-Lasern, die mit stehenden Lichtwellen eine Kolonne aus etwa 100 Atomfallen in der Form von winzigen Pfannkuchen bildeten. Mit diesem künstlichen Lichtkristall reduzierten sie effektiv die Bewegung der Strontium-Atome, die sonst die Genauigkeit der Atomuhr verringern würden. Ebenfalls mit Lasern kühlten die Forscher die Atomwolken auf 2,5 Mikrokelvin ab.

Strontium-Uhren können genauer laufen als Cäsium-Uhren, da sie die höhere Frequenz eines schnellen Elektronenübergangs zwischen dem Grundzustand 1S 0 und dem angeregten Zustand 3P 0 nutzen. Rund 430 Billionen Mal pro Sekunde springen die Elektronen zwischen diesen beiden Energieniveaus hin und her. Mit der Hilfe eines optischen Frequenzkamms können diese hohen Frequenzen exakt bestimmt werden.

„Zum ersten Mal konnten wir die Strontium-Uhr mit anderen optischen Atomuhren vergleichen“, sagt Jun Ye, der die Entwicklung am NIST und an der University of Colorado leitet. Neben dem Bau der eigentlichen Uhr ist dies ein wichtiger, zentraler Schritt für den Einsatz einer neuen Atomuhr. Das Zeitsignal der Strontium-Uhr verglichen die Forscher über ein knapp vier Kilometer langes Glasfaserkabel mit dem Signal der Cäsium-Uhr NIST-F1.

Noch genauer ticken heute Uhren mit Quecksilber-Ionen mit einer Abweichung um eine Sekunde in etwa 400 Millionen Jahren. Doch laufen sie nicht so zuverlässig wie Systeme, die auf Elektronenübergänge in neutralen Atomen aufbauen. Die NIST-Forscher planen nun, ihre empfindliche Strontium-Uhr an weitere Einrichtungen zu schicken, um ihre Ganggenauigkeit zu überprüfen.

Die Suche nach immer genaueren Uhren ist nicht nur ein akademischer Wettlauf zwischen Physikern. Denn viele Bereiche – von der Positionsbestimmung mit Satelliten über die Synchronisation von Datennetzwerken bis zu Experimenten von Quantenphysikern – profitieren von einer immer exakteren Zeitmessung.

Jan Oliver Löfken

Weitere Infos:

Weitere Literatur:

  • L. Hollberg et al., J. Phys. B 38, S469 (2005).
  • M. Boyd et al., Science 314, 1430 (2006).
  • W. H. Oskay et al., Phys. Rev. Lett. 97, 020801 (2006).
  • S. M. Foreman et al., Phys. Rev. Lett. 99, 153601 (2007).

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