06.01.2015

Supermikroskop ermöglicht Einblick in Energiehaushalt der Zelle

Technische Tricks erlauben Beobachtung von Details, die kleiner sind als die Wellenlänge des Lichts.

Objekte, die kleiner sind als die Wellenlänge des Lichts kann man mit Lichtmikroskopen nicht sehen – zumindest dachte man das lange. Mittlerweile haben Forscher aber Verfahren entwickelt, um diese Regel zu umgehen. An der TU Wien gelang es mit Hilfe eines Superauflösungs-Mikroskops, die Anordnung von Proteinen im Inneren von Zellen mit einer Genauigkeit im Bereich von etwa 30 Nanometern zu untersuchen. Damit konnten die Wissenschaftler wichtige Details über die Arbeitsweise von Mitochondrien entschlüsseln, die in unseren Zellen für die nötige Energie sorgen.

Abb.: Wenn viele einzelne Punkte gleichzeitig leuchten (oben) dann ist bloß eine diffuse Wolke zu erkennen (oben rechts). Blitzen die einzelnen Punkte aber nacheinander auf (unten), dann kann man jeweils den Mittelpunkt berechnen und alle Punkte sauber abbilden (unten rechts). (Bild: TU Wien)

„Proteine lassen sich mit fluoreszierenden Molekülen spezifisch markieren. Mit Hilfe von Laserlicht kann man sie dann zum Leuchten bringen“, erklärt Gerhard Schütz vom Institut für angewandte Physik der TU Wien. Wenn aber alle Proteine gleichzeitig fluoreszieren, überlagern sich die jeweiligen Flecken und ergeben ein verschwommenes, undeutliches Bild.

Der Trick besteht darin, dass die Farbstoffmoleküle zwischen zwei Zuständen hin und her wechseln: Meistens befinden sie sich im Dunkelzustand, doch manchmal wechseln sie ganz zufällig in einen aktiven Zustand und fluoreszieren. Nimmt man nun Bilder einer winzigen biologischen Struktur auf, so sieht man auf jedem Foto bloß einzelne helle Flecken – die meisten Moleküle senden gerade kein Licht aus. In einem Film hingegen sieht man die einzelnen Moleküle nacheinander aufleuchten und wieder verschwinden. Man kann also mit der Zeit alle markierten Proteine getrennt voneinander beobachten.

Jedes fluoreszierende Protein ist als heller Fleck sichtbar. Am Computer kann man das genaue Zentrum dieses Flecks ermitteln und daraus sehr exakt den Aufenthaltsort des jeweiligen Proteins bestimmen. Aus Tausenden von Bildern wird dann die Gesamtstruktur zusammengesetzt, und so entsteht ein Bild mit einer Auflösung von ungefähr 30 Nanometern – obwohl das verwendete Licht eine Wellenlänge von etwa 500 bis 700 Nanometern aufweist.

Mit diesem Trick untersuchte das Team von Schütz an der gemeinsam mit der Forschungsgruppe von Elena Pohl von der Veterinärmedizinischen Universität Wien die Proteinverteilung in Mitochondrien. Mitochondrien sind für jede Zelle lebenswichtig. Sie sorgen für die Herstellung von Adenosintriphosphat (ATP), dem universellen Energieträger in unseren Zellen.

Das Mitochondrium hat eine glatte Außenmembran, unter der sich eine schlingenartig aufgefächerte Innenmembran verbirgt. „An den Einstülpungen der verschlungenen Membran findet ein ganz wichtiger Prozess der zellulären Energiegewinnung statt, die Atmungskette“, erklärt Schütz. „Dabei transportieren mehrere Proteinkomplexe Protonen über die Innenmembran und bauen damit eine elektrische Spannung auf. Diese elektrische Spannung nutzen bestimmte Proteine, um ATP zu erzeugen.“. Allerdings haben die ATP-erzeugenden Proteine dabei einige Gegenspieler: Entkoppelnde Proteine können durch eine Art Kurzschluss die elektrischen Ladungsunterschiede ausgleichen.

Nach so einem Kurzschluss kann die Energie, die in der elektrischen Ladungsverteilung gespeichert war, nicht mehr zur Produktion von ATP verwendet werden. Stattdessen entsteht Wärme. Auch dieser Effekt hat eine wichtige biologische Funktion: Zum Beispiel bei Tieren, die Winterschlaf halten, kann dadurch die zelluläre Wärmeproduktion reguliert werden. „Wir haben uns die Frage gestellt, wie die Balance zwischen diesen beiden Effekten – der ATP-Produktion und der Wärmeerzeugung – überhaupt funktionieren kann“, sagt Schütz. „Über die Details dieser Abläufe wusste man bisher recht wenig.“

Die Supermikroskopie konnte nun Licht in diese Angelegenheit bringen: Die Forscher fanden heraus, dass sowohl die ATP-erzeugende Synthase als auch das Kurzschluss-verursachende UCP4 an unterschiedlichen Stellen im Mitochondrium aktiv sind. Im Inneren der Schlingen der Mitochondrien-Wand entsteht ATP, weiter außen ist UCP4 aktiv. So lässt sich nun verstehen, warum die Konkurrenz der beiden Effekte für unsere Zellen kein Problem ist. „Wir können allerdings noch nicht genau sagen, wozu das Mitochondrium UPC4 an der Membran benötigt“, sagt Schütz. „Eine mögliche Erklärung wäre, dass es Protonen davon abhält, aus dem Mitochondrium auszutreten und andere Teile der Zelle zu schädigen.“ Dieser Frage will das Forschungsteam mit Hilfe der Supermikroskopie weiter nachgehen.

TUW / RK

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