09.02.2007

Supernovae als kosmische Leuchttürme

Aus der Helligkeit einer Supernova können Astrophysiker künftig präziser bestimmen, wie weit von der Erde entfernt dieser kosmische Leuchtturm strahlt.



Aus der Helligkeit einer Supernova können Astrophysiker künftig präziser bestimmen, wie weit von der Erde entfernt dieser kosmische Leuchtturm strahlt.

Wie kosmische Leuchtfeuer stehen Supernovae am Himmel. Wissenschaftler vom Max-Planck-Institut für Astrophysik und dem Nationalen Astronomischen Institut Italiens haben nun einen Weg gefunden, um Entfernungen im All mit den kosmischen Leuchtfeuern künftig genauer zu messen. Die Forscher konnten zeigen, dass alle Supernovae eines bestimmten Typs mit der gleichen Masse und der gleichen Energie explodieren – die Leuchtstärke hängt nur davon ab, wie viel Nickel die Supernova enthält. Mit diesem Wissen können die Forscher die Helligkeit der Supernovae jetzt genauer eichen. Daher können sie aus der Helligkeit einer Supernova, die sie mit ihren Teleskopen beobachten, künftig präziser bestimmen, wie weit von der Erde entfernt der kosmische Leuchtturm strahlt.


Am Ende eines Sternenlebens, wenn der Stern schwer genug geworden ist, steht eine gewaltige Explosion – die Supernova. Für einige Wochen erscheint eine Supernova fast so hell wie eine ganze Galaxie mit Milliarden von Sternen. Die hellsten dieser Supernovae bezeichnen Astrophysiker als Typ Ia. Ihre gemessene scheinbare Helligkeit auf der Erde ist ein Maß für ihren Abstand zu uns - doch dabei gibt es mehrere Unsicherheitsfaktoren. „Die Frage ist immer noch: Wie gut sind Supernovae eigentlich als Entfernungsmaß geeignet, da zum Beispiel die Erkenntnis, dass das Universum beschleunigt expandiert, zu einem großen Teil auf Beobachtungen von Supernovae beruht“, erklärt Wolfgang Hillebrandt. Denn die Supernovae vom Typ Ia sind in ihrer Leuchtkraft untereinander sehr ähnlich, aber doch nicht gleich.

Abb.: Der Pfeil zeigt auf die Supernova 2002bo, die Explosion eines weißen Zwergsterns in der Galaxie NGC 3190 im Sternbild Löwe – 60 Millionen Lichtjahre von der Erde entfernt. (Bild: Benetti et al., MNRAS 384, 261-278 (2004))

Den Wissenschaftlern vom Max-Planck-Institut für Astrophysik und dem Nationalen Astronomischen Institut Italiens ist nun ein Durchbruch gelungen. Sie kamen zu dem Schluss, dass die Explosionsenergie der Typ-Ia-Supernovae nahezu gleich ist – sie entspricht der Fusionsenergie, die ein weißer Zwergstern von etwa dem anderthalbfachen der Masse der Sonne erbrüten kann. Die Mengen an radioaktivem Nickel und mittelschweren chemischen Elementen wie Silizium schwanken dagegen von Supernova zu Supernova und erklären ihre Helligkeitsunterschiede. Eine Supernova leuchtet nämlich umso heller, je mehr Nickel sie enthält.

Bei der Explosion entstehen durch nukleare Fusion von Kohlenstoff und Sauerstoff große Mengen radioaktiver Atomkerne, bei einigen Supernovae vor allem das radioaktive Isotop 56 des Elements Nickel. Die Energie aus seinem radioaktiven Zerfall wird in der Supernova in Licht verwandelt. Die Fusion liefert also sowohl die Energie für die Explosion als auch für das Licht. Die Kernfusion kann allerdings auch bereits bei leichteren Atomkernen wie etwa Silizium enden. Dabei entsteht zwar die gleiche Menge Energie, die Supernova leuchtet aber nicht so hell. Diesen Fall erkennen die Forscher, wenn sie im Lichtspektrum der Supernovae auch das Silizium sehen.

In ihrer Studie hatten die Wissenschaftler im Rahmen einer europäischen Kooperation unter Führung des Max-Planck-Instituts für Astrophysik in den letzten vier Jahren 20 Ia-Supernova-Explosionen jeweils über mehrere Wochen untersucht. Anhand spektroskopischer und photometrischer Daten sowie aufwändiger numerischer Simulationen kamen sie zu den Ergebnissen, die es nun ermöglichen die bisherigen Eichmethoden zu verfeinern. Astronomen kalibrieren Helligkeitsunterschiede bei den Supernovae nämlich mit Hilfe ihrer Lichtkurven, also dem zeitlichen Verlauf, den die Helligkeit bei neu entdeckten Supernovae nimmt. Die Lichtkurven der helleren Supernovae fallen langsamer ab als die der lichtschwächeren. Das schwächste Glied in dieser Eichmethode waren bisher aber die beschränkten Kenntnisse über die Supernovaexplosionen selbst: Woher kommen die Unterschiede in ihrer Helligkeit, und sind die gemachten Korrekturen gerechtfertigt? Die Supernovae, die zur Entfernungsmessung in der Kosmologie ein Rolle spielen, explodierten, als unser Sonnensystem gerade entstand oder noch früher. Es gibt deshalb keine Garantie, dass es die gleichen Explosionen sind wie die, für die die Lichtkurven geeicht wurden.

Um mögliche systematische Unterschiede ausschließen zu können, müssen Wissenschaftler deshalb die Explosionen sehr gut verstehen - dazu haben die Wissenschaftler vom Max-Planck-Institut für Astrophysik und dem Nationalen Astronomischen Institut Italiens jetzt einen großen Beitrag geliefert. „Unsere überraschenden Ergebnisse liefern nun erstmals eine solide Grundlage dafür, dass wir Supernovae als kosmische Entfernungsmesser nutzen können“, sagt Wolfgang Hillebrandt. „Wir verstehen jetzt die Unterschiede in der Helligkeit von Supernovae besser und können deshalb in Zukunft dieses kosmische Metermaß genau eichen.“ Davon profitieren auch Kosmologen, die aus der Helligkeit der Supernovae auf dunkle Energie schließen können, die für die beschleunigte Expansion des Universums verantwortlich ist, wie die Wissenschaftler glauben.

Quelle: MPG/[CR / PH]

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